Cover des Buches Der Schatten (ISBN: 9783442757527)
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Rezension zu Der Schatten von Melanie Raabe

Psycho, meisterhaft erzählt

von Hennie vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Sie weiß wunderbar zu formulieren. Mich beeindruckte ihre bildhafte Sprache, die Suggestionen, Manipulationen noch intensiviert.

Rezension

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Hennievor 6 Jahren
„Der Schatten“ ist für mich nach „Die Wahrheit“ das zweite Buch von Melanie Raabe und ich schicke voraus, dass mich die Story wieder überzeugt hat. Es liegt Unheimliches, Gefährliches, Drohendes von Beginn an in den Zeilen.

Der Leser wird nach dem düsteren Prolog mit einer noch unheilschwangeren Situation konfrontiert. Die Protagonistin Norah Richter, Mitte Dreißig, verläßt Hals über Kopf ihre Heimatstadt Berlin, den Freund Alex und den Hund nach einer angeblichen Katastrophe. Ihre Gründe dafür konnte ich leider nicht nachvollziehen. Sie sind wahrscheinlich in ihrem Charakter zu suchen. Die Journalistin zieht nach Wien. Kaum dort angekommen, passieren merkwürdige Dinge. Schon nach der ersten Nacht in ihrer Wiener Wohnung begegnet sie im Treppenhaus einer jungen Frau, von der sie glaubt, sie sei ein Geist. Diese Ähnlichkeit mit ihrer verstorbenen, besten Freundin Valerie! Als nächstes hat sie in der Wiener Fußgängerzone ein beunruhigendes Erlebnis mit einer auffälligen Bettlerin, die ihr prophezeit:
„Am 11. Februar wirst du am Prater einen Mann namens Arthur Grimm töten. Aus freien Stücken. Und mit gutem Grund.“
Sie findet es im Moment nicht bedrohlich, aber nach und nach beschäftigt sie sich intensiver mit dieser Aussage und wird fündig. Wird sie wirklich zur Mörderin?

Über die gesamte Story fühlte ich wie die Hauptperson Norah. Ich empfand mit. Es war für mich sehr verwirrend, irgendwie mysteriös! Ständig schwebte über dem Geschehen diese unterschwellige Bedrohung, eine beklemmende Atmosphäre, die sich auch auf mich übertrug. Es gab etliche Wiederholungen bei Norahs Tagesablauf, ihrem Gemütszustand, ihren Handlungen. Sie drehte sich im Kreis. Was hatte es mit der „Weissagung“ der großen, obdachlosen Frau auf sich? Wer wollte unbedingt, dass sie diesen Arthur Grimm tötet? Welches Motiv steckte dahinter? Und was hatte die vor langer Zeit verstorbene Valerie damit zu tun? Es geschehen rätselhafte Dinge um Norah herum. Norah hört Geräusche, riecht Pfeifentabak, doch niemand ist zu sehen. Sie fühlt sich beobachtet. Es verschwinden Dinge aus ihrer Wohnung, andererseits finden sich welche an. Ein Fremder, der sich als ihr Freund bezeichnet, sendet merkwürdige SMS-Botschaften. Die Freunde Tanja, Max und Paul wenden sich von ihr ab. Als Leser war ich hin- und hergerissen. Bildet sich Norah das alles nur ein? Oder ist es so, wie es beschrieben wird? Sind es tatsächliche Wahrnehmungen, Feststellungen, Ahnungen von Norah oder handelt es sich vielleicht doch um Halluzinationen. Bis ins letzte Drittel des Buches war ich im Unklaren. Wie die Autorin die Geschichte auflöst, und als Stilmittel dann in die Ich-Perspektive (Norah) wechselt, finde ich meisterhaft. Eine Wendung in der Geschichte, die ich zwar ahnte, aber mich dennoch erstaunte. Die Hauptperson ist und bleibt Norah. Sie wurde gut dargestellt, eine taffe, mutige, aber zugleich auch unsichere, zweifelnde Persönlichkeit. Die Nebenfiguren bleiben weitgehend im Hintergrund, aber wurden von der Autorin mit akribischer Sorgfalt mit positiven wie negativen Eigenschaften ausgestattet.
Melanie Raabe versteht es von Anfang an, mit ihrem angenehmen Schreibstil zu fesseln. Sie weiß wunderbar zu formulieren. Mich beeindruckte ihre bildhafte Sprache. Dadurch wurden Stimmungen erzeugt, die Suggestionen, Manipulationen noch befeuern.

Cover und Titel sind gut gewählt. Tote Vögel gibt es jede Menge im Buch und werden auch in der Prophezeiung der Bettlerin erwähnt:
„Blumen welken...Uhren bleiben stehen. Die Vögel fallen tot vom Himmel.“

"Der Schatten" kann ich empfehlen, vor allem für Leser, die Psychothriller lieben. Ich vergebe die höchste Bewertung. Fünf von fünf geheimnisvollen Sternen!

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