Eine Journalistin bekommt eine Nachricht auf Facebook, auf die sie – wie schon so oft - höflich antwortet. Doch damit gibt sich der Verfasser, Denis, nicht zufrieden. Er will mehr: Mehr Austausch, ein Treffen vielleicht, definitiv irgendeine Art von Beziehung zu der von ihm bewunderten Journalistin. Doch die Nachrichten wandeln sich und irgendwann schlägt die Bewunderung in Verachtung um. Und sie kann nichts dagegen tun.
Leroy hat es einfach drauf diesen bestimmten Online-Ton wiederzugeben, der Misogynie, Rassismus und Sexismus hinter angeblicher Intellektualität und einem „Haha, nur meine Meinung, wird man ja wohl noch sagen dürfen *smiley*“ verstecken will. Wer kennt es nicht?! Aber nicht nur die Nachrichten von Denis, die von anfänglicher Bewunderung ganz schnell ins anzügliche und übergriffige kippen haben Ekel und Wut in mir hochkochen lassen. Auch die Reaktionen der Freunde und Kollegen der Erzählerin sind mindestens genauso widerlich. Von „Ja blöd, aber steiger‘ dich halt nicht so rein“ bis zur Täter-Opfer-Umkehr ist alles dabei.
Ich fand besonders den Teil richtig gut, in dem der eigentlichen Erzählerin konsequent ihre Stimme genommen wird und nur „die Anderen“ zu Wort kommen. Das passte extrem gut zur Story und hat dem Buch einen besonderen Touch gegeben. Im letzten Viertel ändert sich die Erzählperspektive nochmal und ich bin ein wenig zwiegespalten, wie ich das finde. Auch wenn es durchaus folgerichtig ist und nochmal extra nachdenklich macht.
Das Szenario, das Leroy in diesem Roman entwirft, ist erschreckend realistisch und dabei stilistisch extrem gut umgesetzt. Es ist frustrierend und man bekommt Bauchschmerzen beim lesen vor lauter Ungerechtigkeit. Aber auch, weil es dabei so nah an der Realität bleibt. Für mich war „rote Augen“ eine überraschend gute aber arg unbequeme Lektüre, die den Finger in die Wunder aller Opfer von Online-Straftaten legt. Absolut lesenswert!