Cover des Buches Die Zeit, in der wir träumten: Roman (ISBN: 9783841213037)
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Rezension zu Die Zeit, in der wir träumten: Roman von Meredith Jaeger

Geheimnisse längst vergangener Zeiten

von SinjeB vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Einfühlsamer Roman mit viel Liebe und Gespür für das San Francisco des 19. Jh. und die Menschen, die es prägten. Leider recht vorhersehbar.

Rezension

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SinjeBvor 7 Jahren

Zum Inhalt:

Als Sarah mit ihrem Romanprojekt für ihren Studienabschluss nicht weiterkommt, läuft ihr ein mehr als einhundert Jahre alter Fall über den Weg. Die Journalistin in ihr wird wieder geweckt, sodass sie ihr Thema an den Nagel hängt und für einen Bericht recherchiert. 1876 arbeiten die Näherinnen Hanna und Margaret sich die Finger blutig für das Überleben ihrer jeweiligen Einwandererfamilien. Im Geschäft der Abschätzigkeit der betuchten Gesellschaft San Franciscos ausgesetzt, warten daheim zahllose Geschwister und betrunkene, gewalttätige Väter. Als Hanna den gut situierten Lucas kennenlernt, erfährt sie zum ersten Mal Respekt und erlebt die Stadt von einer anderen Seite. Plötzlich verschwindet ihre Kollegin und einzige Freundin Margaret. Gemeinsam mit Lucas begibt sich Hanna auf eine gefährliche Suche im Rotlichtmilieu San Franciscos. Doch weshalb sollte gut einhundertvierzig Jahre später Sarah bei Ihren Recherchen schlafende Hunde wecken? Und was quält die junge Frau so sehr, dass sie ihr Eheglück mit Hunter nicht voll auskosten kann?


Meine Meinung:

"Die Zeit, in der wir träumten" ist ein Einwandererroman, der sich der im Zuge des Goldrauschs eingeströmten Bevölkerungsschichten annimmt, die nicht zuletzt San Francisco mit geprägt haben. Er wandelt zwischen schmutzigem Historienbild, ansprechender Liebesgeschichte, etwas dick aufgetragener Vergangenheitsbewältigung und historischem Krimi mit Laienermittlern.

Gut gelingt Autorin Meredith Jaeger, die deutsche Wurzeln hat, die Verquickung von Heute und Gestern. In spannendem Wechsel führt sie den Leser zu San Franciscos Schauplätzen und zeigt einnehmend das Gesicht der vergleichsweise jungen Stadt im 19. Jh. Ihr Interesse an dieser Epoche ist unverkennbar und sorgt für gute Lesbarkeit. Einfühlsam und respektvoll zeichnet sie die Figuren der Vergangenheitshandlung, während Sarah als moderne Frau trotz ihrer beruflichen Hartnäckigkeit relativ blass bleibt und ihrer Schuld, die sie seit langem mit sich herumschleppt, buchstäblich feststeckt. Hier verschenkt die Autorin das Potenzial der Beziehung zwischen Sarah und Hunter, die als liebe- und respektvoll angedeutet, von Sarah durch geradezu borniertes Schweigen und Misstrauen ad absurdum geführt wird. Sie will etwas aus sich machen, ist aber die Einwanderin in ihrer reichen Schwiegerfamilie. Im Gegensatz zur deutschen Einwanderin Hanna, die sich in ihrer Not an Lucas wendet, um die verschwundene Freundin zu suchen, steht Sarah bewusst allein da. Mit einem Talent zur Selbstzerfleischung - und ihre Vergangenheit soll an dieser Stelle keineswegs heruntergespielt werden, denn sie hat schwere Schuld auf sich geladen, aber eben auch dafür gebüßt -, kommt sie ohne Hunter aus. Es gibt somit kein Millionärsermittlerduo, sondern Sarah bringt sich selbst in Teufels Küche. Zudem quetscht ihr Jaeger eine problembeladene Freundin an die Seite, deren Nebenhandlung zwar Aufmerksamkeit verdient, aber, anders als Margarets Drama im 19. Jh., nichts zur Geschichte beiträgt.

Neben einer ordentlichen Portion Pathos, die so manchem US-amerikanischen Roman innewohnt, bringt "Die Zeit, in der wir träumten" auch Vorhersehbarkeit mit. Dem geneigten Leser sei empfohlen, nur den U4-Text, nicht aber die Kurzbeschreibung zu lesen. Denn der routinierte Leser wird schon da 1 und 1 zusammenzählen können. Früh lassen sich Zusammenhänge erahnen, und es fällt fast schwer, sich auf Sarahs - interessante - Recherchen zu konzentrieren. Zu stark wird das Verlangen geschürt, den Moment, an dem sich alle Fäden verknüpfen, endlich zu erleben. Mit einem versöhnlichen Ende wertet Meredith Jaeger ihren ohne große Längen erzählten, gefühlt etwas zu kurz geratenen Roman allerdings wieder auf.

Eine Leseempfehlung für alle, die San Francisco einmal ohne Hippie-Touch erleben und einen Einblick in eher dunklere Ecken erhalten wollen und gern gefällige amerikanische Stories lesen.

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