Cover des Buches Gormenghast - Der junge Titus (ISBN: 9783608939217)
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Rezension zu Gormenghast - Der junge Titus von Mervyn Peake

Skurrilitäten auf Schloss Gormenghast

von wunderfitz vor 11 Jahren

Kurzmeinung: Trotz einiger Schwächen ein Buch, das jedem zu empfehlen ist, der sich für Skurriles und Wahnwitziges begeistern lässt.

Rezension

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wunderfitzvor 11 Jahren

Gormenghast – ein Buch, bei dem sich die Geister zu scheiden scheinen. Zwischen himmelhochjauchzend und abgrundtief gelangweilt, die meisten Rezensionen schwanken zwischen diesen beiden Extremen – nun ja, meine hängt irgendwo etwas lauwarm dazwischen.

Wer von euch kennt sie noch? Die vollgestopften Wimmelbilderbücher à la „Wo ist Walter?“ und „Wirrwarr auf Schloss Winterstein“ (vor allem letzteres übrigens sehr zu empfehlen)? Genau so ist Gormenghast. Man purzelt in diese verwinkelte Welt voller verstaubter Gänge und labyrinthischer Dachlandschaften, bevölkert von abstrusen Charakteren mit ihren noch merkwürdigeren Gebräuchen. Und da sitzt man nun. Und stellt sich die Frage, worum es hier überhaupt geht. Geht es um den Diener des Königs, den alten Flay, der vogelscheuchengleich mit knackenden Kniegelenken durch düstere Gänge wandelt? Oder um den Ausreißer Steerpike, der voller Charme und kalter Berechnung die absonderlichen Damen Lady Clarice und Lady Cora um den Finger wickelt und dabei ganz eigene Pläne verfolgt. Oder doch um Fuchsia, die Tochter des Königs, die furchtbar aufbrausend und dickköpfig sein kann und am liebsten ihre geheimsten Orte aufsucht? Oder geht es um die gesamte Fülle an sonderlichen Charakteren, von denen Gormenghast bevölkert wird, gleichermaßen? Sicher ist nur, wer eine „normal“ erzählte Geschichte mit Einleitung, Spannungsbogen etc. erwartet, der wird hier wohl enttäuscht werden.

Mervyn Peakes Orte scheinen alle eine ganz eigene Stimmung zu haben und dem Leser eröffnet sich – wenn er sich darauf einlässt – eine wunderbar entrückt wirkende Miniaturwelt, mal heiter und skurril, dann wieder fast schon bedrohlich und alptraumhaft, festgefahren in ihrer sonderlichen ritualisierten Ständegesellschaft. Ich persönlich war sehr fasziniert von den Figuren und Orten, die der Autor hier geschaffen hat und ich habe mich prinzipiell gerne im Schloss herumgetrieben, habe mich vor der Gräfin und ihren weißen Katzen gegruselt, das Wurzelzimmer der Zwillinge bewundert und bin Steerpikes Charme erlegen, doch leider scheint für mich alles nur ein wenig an der staubigen Oberfläche zu kratzen. Mir fehlten die Tiefe und die Verbindung zu den Personen, von denen es nur der zuletzt genannte geschafft hat, mich zu packen, vermutlich gerade weil er aus dem System Gormenghasts herausfällt und so wurde das Lesevergnügen für mich etwas getrübt und vor allem gegen Ende auch etwas zäh und langatmig. Schade, denn vieles, was ich in anderen vermeintlich skurrilen Büchern vermisse, habe ich hier in Hülle und Fülle gefunden, doch ich konnte nicht so Recht Zugang finden. Deshalb nur 2,5 Sterne von mir.

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