Cover des Buches Die STAR TREK Physik (ISBN: 9783492056533)
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Rezension zu Die STAR TREK Physik von Metin Tolan

"Optimismus ändert die Gesetze der Physik nicht"

von Dr_M vor 8 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 8 Jahren
Mit dieser klaren Ansage weist der unterkühlte vulkanische Subcommander T'Pol Captain Archer in der 24. Folge der zweiten Staffel der STAR TRECK - Enterprise - Serie zurecht. Naturgesetze gelten immer und überall. Wurden sie also auch in den vielen hundert Folgen dieser unglaublich erfolgreichen SF-Saga beachtet? Erstaunlich oft und fast immer korrekt lautet die Antwort des Physik-Professors Metin Tolan in diesem faszinierenden Buch. Die von ihm entdeckten Fehler erwiesen sich fast immer als falsche Übersetzungen aus dem Original. Einige von Tolans Erkenntnissen rütteln jedoch an der Zukunft, die uns dieses Serien-Universum vorlegt.

Vielleicht ist der Text nicht für jeden Interessierten leicht lesbar. Immerhin geht es unter anderem auch um die Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie und um Quantenphysik. Diese grundlegenden physikalischen Lehren gehören nun einmal nicht zum Schulstoff. Dessen ungeachtet gelingt es dem Autor, sie für die Zwecke seines Buches realtiv allgemeinverständlich und mit einer Prise Humor zu erklären. Selbst wenn man also nicht alles sofort oder ganz versteht, so bleiben die Schlussfolgerungen und Erkenntnisse, die Tolan vermittelt, doch wieder irgendwie auch für Laien erreichbar. Damit hat er eine schwierige Aufgabe großartig gemeistert. Vielleicht bin ich aufgrund meiner Vorbildung etwas befangen, aber mir hat das Lesen dieses Textes enormen Spass bereitet. Natürlich gibt es einige einschränkende Voraussetzungen für den Zugang zu diesem Buch. Erstens sollte man Star Treck kennen, und zweitens erscheint es nützlich, wenn man physikalischen Betrachtungen nicht sofort ablehnend gegenübersteht.

Als Zuschauer erwartet man von einer SF-Serie vielleicht nicht unbedingt die strenge Beachtung von Naturgesetzen. Schließlich handelt es sich nicht um einen naturwissenschaftlichen Dokumentarfilm. Und außerdem "befinden wir uns in einer fernen Zukunft", wie es immer so schön im Vorspann der "Next Generation"-Serie heißt. Doch auch in einer fernen Zukunft gelten die Gesetze der Physik noch, was in Verbindung mit diesem Vorspann gleich einmal die Frage aufwirft, ob die Enterprise tatsächlich in ferne Galaxien reisen kann. Tolans Antwort lautet: "Wenn nun aber die Voyager unsere Nachbargalaxie Andromeda mit ihrer Reisegeschwindigkeit erreichen wollte, dann benötigt sie dafür sage und schreibe 2400 bis 2700 Jahre! Selbst mit der Spitzengeschwindigkeit würde sie noch mindestens 150 Jahre benötigen." Warp 9,975 bedeutet übrigens die 1000-fache Lichtgeschwindigkeit. Warp 10 ist auch theoretisch unerreichbar, weil dann die Geschwindigkeit unendlich groß wäre.

Der Vorspann zu den Next-Generation-Folgen enthält also eine glatte Lüge, denn alles, was im Star-Treck-Universum geschieht, spielt in der Milchstraße, die in die vier berühmten Quandranten unterteilt wird, die in DS9 eine bedeutende Rolle spielen. Tolan befasst sich unter anderem auch mit dem Warp-Antrieb, der die ganzen Geschichten erst möglich macht. Ohne Warp-Antrieb wäre man der Speziellen Relativitätstheorie ausgeliefert und hätte unlösbare Zeitprobleme. Fliegt man annähernd mit Lichtgeschwindigkeit, dann lebt man spätestens nach der Rückkehr zur Erde in einer anderen Zeit, weil man während der Reise viel weniger gealtert ist. Dies ist eine Folge aus der Tatsache, dass man die Lichtgeschwindigkeit nicht übertreffen kann. Diese für die meisten Menschen nicht so einfach zu durchschauende Tatsache erläuter der Autor sehr einleuchtend.

Auch beim Fliegen mit Warp-Antrieb kann die Lichtgeschwindigkeit natürlich nicht wirklich übertroffen werden. Und weil das so ist, verkürzt dieser Antrieb die Strecke durch eine Veränderung des Raumes, während das Raumschiff relativ langsam unterwegs ist. Geht das überhaupt? Theoretisch schon. Doch damit gelangt man zu der zentralen Frage der ganzen Star-Treck-Physik. Man braucht dafür nämlich unfassbare Energiemengen. Wie man das jemals praktisch lösen kann, steht wirklich in den Sternen. Tolan bezieht sich dabei auf recht aktuelle Forschungsergebnisse der modernen Physik. Dasselbe Problem tritt übrigens auch beim Beamen auf, wobei man hier noch mit der Heisenbergschen Unschärferelation zu kämpfen hat, will man nach dem Dematerialisieren wieder ordentlich zusammengesetzt werden.

Diese und viele andere Fragen diskutiert Tolan auf eine sehr fesselnde Weise, wenn man die oben genannten Voraussetzungen erfüllt. Sein Buch ist eines der faszinierensten Physik-Werke, die ich je gelesen habe, weil es die grundlegenden Gesetze der Physik fast spielend erläutert und dabei auch noch unterhält. Selbstredend handelt es sich dabei immer noch um Physik. Man kann also nicht erwarten, dass man alles ohne eine gewisse Vorbildung und ohne eine gewisse Unvoreingenommenheit verstehen kann. Doch selbst wenn man nicht alles versteht, aber ein eingefleischter Kenner der Star-Treck-Serien oder Filme ist, lohnt sich das Lesen, weil Tolan die Fähigkeit besitzt, die Sachlage so zu schildern, dass man wenigstens das Gefühl bekommt, man verstehe ausreichend viel. Und das alleine ist schon eine beachtliche Leistung.

 

 

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