Das war echt nicht mein Buch, ich verstehe nicht, warum es so gehyped wird?! Nachdem ich einige andere Bewertungen gelesen habe, bin ich sicher, dass es nicht an mir, sondern vor allem am schlimmen Schreibstil (der nur zum Teil der Übersetzung geschuldet ist) und der flachen, mehr als unglaubwürdigen Story liegt. Mich hat SO viel gestört, dass ich gar nicht weiß, wie ich das in eine halbwegs zusammenhängende Rezension packen soll, also kommen hier meine größten Aufreger.
Bitte, bitte liebe Autor:innen SCHREIBT NICHT ÜBER TRAUMATA, WENN ES SCHLECHT GEMACHT IST. Sowohl Bree als auch Archer sind total langweilig und eindimensional, es wirkt so, als wären ihre traumatischen Backstories nur dazu da, um ihnen irgendwie einen Hauch von Persönlichkeit zu verleihen, ansonsten sind ihre Charaktere überhaupt nicht greifbar und bleiben flach. Wie damit umgegangen wird, finde ich aber fast schon fahrlässig. Er „heilt“ ihre PTBS, nur weil sie einmal bei ihr schläft? Wo waren Gespräche, die über „mir ist die schlimme Sache xx passiert“ hinausgehen? Was finden die beiden aneinander?? Bei mir kamen gar keine Gefühle rüber, ich fand beide mit der Zeit nur noch nervig und in ihren Handlungen nicht nachvollziehbar.
Es ist eben nicht so, dass man nur einmal neben der „Liebe des Lebens“ schlafen muss, und plötzlich sind alle Probleme wie durch Zauberhand gelöst. Die beiden hätten Therapie gebraucht, statt sich in eine co-abhängige Beziehung zu stürzen.
Die Story selbst ist total repetitiv, eigentlich passiert kaum etwas und man hätte das Ganze locker auf weniger als der Hälfte der Seiten erzählen können. Wer möchte denn dutzende Male lesen, wie sie aufsteht, duscht, einen Tee trinkt, zum Imbiss radelt, die Theke abwischt, zurück radelt, duscht, zu Archer radelt, sie vögeln. Manchmal füttert sie noch ihren Hund - der tat mir oft echt leid, vernachlässigte fiktive Tiere kann ich gar nicht haben. Aber ansonsten PASSIERT EINFACH NICHTS.
Es ist völlig unklar, was sie aneinander finden, es war null Connection spürbar, eigentlich geht es permanent nur darum, wie hot sie ihn findet und die beiden haben ständig Sex. Die Szenen waren auch einfach nur unangenehm zu lesen und es gab viel zu viele (die sich viel zu ähnlich waren). Warum „rammt“ er denn ständig? 😩
Dazu kommt Bree teilweise wirklich komisch rüber, weil sie sich einerseits fragt, ob er überhaupt von seinem Onkel aufgeklärt wurde, es andererseits aber auf eine weirde Art toll findet, ihm sexuelle Dinge „beizubringen“.
Es ist generell fragwürdig ist, wie eine Beziehung auf Augenhöhe sein kann, wenn der Typ angeblich seit 20 Jahren das Grundstück nie verlassen hat, seit 7 fast in vollkommener Isolation lebt und keinerlei Erfahrungen mit Frauen hat. Er ist doch überhaupt nicht fähig, eine „normale“ Beziehung zu irgendeinem anderen Lebewesen aufzubauen. Es ging auch alles VIEL zu schnell. Die Geschichte spielt innerhalb von ein paar Monaten und wie sich die beiden in der Zeit verhalten ist einfach nur ungesund. In so kurzer Zeit kann man niemanden vollständig kennen, egal wie sehr es sich danach anfühlen mag.
Die Wortwahl hat mich sehr oft gestört. Von permanenten gleichbleibenden Beschreibungen seiner „whiskeyfarbenen“ Augen, die irgendwann „bernsteinfarben“ wurden, über die ständige Erwähnung, wie „maskulin“ Archer ist (natürlich hat er ein Eightpack, vom Steine schleppen, klar) und auch sonst sind es eigentlich nur seine Muskeln, die ihn auszeichnen, denn Bree sorgt ja sofort dafür, dass Haare und Bart abkommen, geht ja gar nicht, dass der Mann sein „prächtiges“ Gesicht versteckt.“ Die Adjektive waren durchgehend das, was ich als „cringe“ bezeichnen würde. „Mein armer stummer Junge“??
Außerdem haben mir die häufigen frauenfeindlichen Beschreibungen nicht gefallen. Auch, wenn bspw. Travis' Mutter Tori echt keine nette Person ist, müssen Worte wie „Weib“ oder „Teufelin“ echt nicht sein.
Ich habe soo soo viele unmögliche Stellen markiert, die Wortwahl mag hier zum Großteil der Übersetzung geschuldet sein, aber es gab keine Seite, auf der ich nicht über irgendwelche Formulierungen gestolpert bin. Hier nur eine kleine unvollständige Auswahl:
- Imbiss? Im Original heißt es wohl „Diner“, das kann man doch so lassen. Imbiss klingt so nach ranziger Pommesbude.
- Ständig klappt ihr die Kinnlade herunter (erstens: wie sieht das aus? Frage ich mich bei dieser Formulierung immer. Und zweitens: Wie oft passiert sowas? Bei Bree alle zwei Tage).
- „Ich saugte ihren Anblick in mich auf. Selbst in ihrem Elend war sie wunderschön“ (S. 124) Ihh.
- Archer wird permanent entweder als „maskulin“ oder „mein (armer) stummer Junge“ beschrieben.
- ständigt guckt er „scheu“.
- schon in Kapitel 14 wird ihr klar, dass sie "endlich sicher" ist - sie kennt den Tpen gar nicht!! Vielleicht ist er ein Psychopath?!
- S. 186-187 lest selbst, da wurde mir kurz übel.
- Seine Augen sind alle 5 Seiten „whiskeyfarben“, später dann ein dutzend Mal „bernsteinfarben“.
Sein „prächtiges“ Gesicht oder „prächtiger“ Schwanz.
- Sowas wie „zwischen ihren Schenkeln stoben heiße Funken“ / „vor Wonne“ / ihr Herz „schwoll an“
- „Brat mir einer einen Storch“ (S. 250)
- „als wollte er mich bestrafen“ (S. 293)
Das Zusatzkapitel wurde dann offenbar gar nicht mehr lektoriert. So viele Fehler, die Gebärdensprache ist zum Großteil nicht mehr kursiv gedruckt, wer hat da gepennt?
Alles in allem für meinen Geschmack zu kitschig, zu repetitiv und zu ereignislos. Am Ende wird noch schnell unglaubwürdig etwas Dramatik reingequetscht, das war es dann aber auch. Leider kein Tiefgang, was die beiden aneinander finden, außer traumabonding, war mir schleierhaft.