Rezension zu "Noir Anthologie 1" von Leveret Pale
Für gewöhnlich lese ich keine Kurzgeschichtensammlungen, wurde durch das Marketing des Verlags allerdings aufmerksam auf dieses Schmuckstück. Abgesehen davon, dass das Noir-Genre an sich mit seiner Tiefgründigkeit und Ernsthaftigkeit heraussticht, hat mich auch das Cover und der Klappentext sehr angesprochen. Dann fing ich an zu lesen ... und konnte nicht mehr aufhören. Obwohl es sich hierbei um eine Anthologie und keinen Roman handelt, in der folglich eine gewisse Kontinuität vorhanden ist, waren die abwechslungsreichen Geschichten immer wieder erfrischend und aufregend. Denn es wird Noir mit Fantasy, Science-Fiction, History, Contemporary, Crime und Thriller vermischt, doch wird dabei immer an dem Noir-Anteil festgehalten und gleichzeitig subtile Gesellschaftskritik ausgeübt, die sich auf mehrere Spektren ausbreitet. Immer, wenn eine neue Geschichte beginnt, fand ich recht schnell in der Geschichte zurecht. Teilweise wird in den Geschichten geschickt durch nur einzelne Worte oder Einsatzzeilen eine Andeutung gemacht, die für das Verständnis unabdingbar sind. Das ist also kein Buch, das man nebenbei mal einfach lesen kann/sollte. Bei jedem der Geschichten wird das Erlebnis um ein Vielfaches intensiviert, wenn man mit ganzem Kopf dabei ist, da sie intellektuel recht herausfordernd sein können. Ich drücke es mal so aus: Wenn man mit der Noir-Literatur noch nicht vertraut ist und einem eine abgehackte Definition auf Google nicht ausreicht, dann ist mit diesen Kurzgeschichten ausgesorgt. Jede Geschichte war für sich besonders und interessant und bei keiner verspürte ich Langeweile beim Lesen oder Desinteresse. Jede hat mich auf ihre eigene Weise gepackt und fasziniert, und jedes Mal, wenn ich eine Kurzgeschichte abgeschlossen und den letzten Satz gelesen hatte, musste ich erst einmal intensiv über die Gesellschaftskritik und Bedeutung dahinter nachdenken und philosophieren, da diese Themen ansprechen, die von der Allgemeinheit wohl als "Tabu-Themen" bezeichnet werden. Rassismus, Depressionen, Suizid und Furcht vor der Realität sind nur ein paar, um sie zu nennen. Nach all diesen positiven Punkten fällt mir kein negativer ein. Ich hätte eigentlich nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber unter meinen Jahreshighlights ist jetzt eine Anthologie.
Empfehlen kann ich die Noir-Anthologie 1 vom SadWolf Verlag also jedem, der sich für düstere, gesellschaftskritische, abwechslungsreiche und clevere Noir-Geschichten interessiert.
Klare Empfehlung!