Kategorie: Wissenschaftsthriller | Action | Science fiction | Horror
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Besonderheit: Dieses Buch bedient in zwei Teilen zwei verschiedene Genres gleich gut, spricht im ersten als sauber konstruierter Wissenschaftsthrilller erstaunlich leicht die schwere Diskussion über Verantwortung und Unberechenbarkeit an und mündet in einem actionreichen Sci-Fi-Horrorbuch.
Worum dreht sich die Handlung?: Was unmöglich schien, ist wahr geworden: Dank modernster Methoden können (nur geringfügig veränderte/ergänzte) Saurierklone aufgezogen werden. Der ambivalente Mr. Hammond hat die Stunde der Gunst genutzt und auf einer abgelegenen Insel einen Freizeitpark aufgebaut, der diese Tiere (natürlich für ein hohes Eintrittsgeld) der schaulustigen Bevölkerung präsentieren soll. Alles ist perfekt geplant und anscheinend absolut sicher – ist ja auch nur ein Tierpark wie andere auch, wenn auch mit höheren Sicherheitsstandards – oder? Leider gibt es bis kurz vor der Eröffnung noch ein paar Probleme. Keiner scheint zu wissen, warum. Währenddessen sitzt Hammond und seinem Laborchef die Zeit im Nacken. Auch andere beginnen, die Technik für sich zu nutzen, die Industriespionage ist im vollen Gange. Also noch schnell die letzten Fehler beheben, nochmal alle Berater (die Wissenschaftler*innen Dr. Grant und Dr. Sattler), den Chefmathematiker Ian Malcom (der dem Projekt kritisch gegenübersteht) und den Chefprogrammierer Mr. Nedry zu den bereits vorhandenen Experten hinzuziehen, um die letzten Probleme zu klären. Auch die Enkel des Parkleiters sind da, um den Park schonmal zu testen. Doch dann passiert das scheinbar Unmögliche… durch den Egoismus und die Achtlosigkeit der Menschen gerät das Szenario außer Kontrolle. Ohne Kontakt zu Außenwelt. Wer trägt dafür die Verantwortung? Und wie überlebt man auf einer Insel voller wilder Dinosaurier? Und stimmt es tatsächlich, dass bereits seit Wochen Tiere die Insel verlassen haben? Wenn ja, wie konnte es so weit kommen?
Große Themen im Hintergrund: Verantwortung und Hybris | Kurzsichtigkeit und Unberechenbarkeit | Kommerzgedanken contra wissenschaftliches Denken | Verblendung und Stolz
Persönliche Notiz: Das Buch zerfällt ziemlich glatt in zwei sehr verschiedene Teile (die nicht mit den Iterationen gleichzusetzen sind! Teil 2 beginnt für mich etwa ab dem zweiten Drittel). Der erste ist der nachdenkliche Wissenschaftsthriller, der zweite ist die Horrorstory. Mit einem wissenschaftlichen Hintergrund versehen bin ich skeptisch herangegangen, wurde aber insgesamt positiv überrascht, auch wenn ich mit dem zweiten Teil dann etwas weniger anfangen konnte.
Teilbewertung (Legende *= hat mich nicht überzeugt, **= ausbaufähig, ***=solide/gut zu lesen, ****= sehr gut/klare Empfehlung, *****= exzellent/schwer zu erreichen):
- Handlung **** / **
Teil 1 – Die Handlung beginnt noch nicht im Park sondern beginnt mit einer Reihe rätselhafter Fälle auf dem Festland. Erst spät kann man dafür die Ursache festmachen (da die Handlung spätestens durch den Film, wenn nicht gar durch den Titel allgemein bekannt ist, stellt das hier wohl aber keinen Spoiler dar). Die Charaktere, die zugrundeliegenden theoretischen Abschnitte aus Biologie und Mathematik werden gut recherchiert und trotzdem nicht trocken eingeführt, so dass der Leser/die Leserin anfangs selbst fast begeistert ist vom Konzept des Parks, obwohl gewisse Details für Unbehagen sorgen. Die ersten Kapitel lesen sich sehr abwechslungsreich und mit überraschend viel Tiefgang, während gleichzeitig gekonnt die Spannung aufgebaut wird. Auch der „Thrillerteil“ (wer ist der Spion) ist zwar schnell einzugrenzen, wird aber nicht zu früh aufgelöst und so wartet man auf die letzte Bestätigung, ob der Verdacht stimmt.
Teil 2 – Danach lässt das ganze leider ein bisschen nach. Ich bin kein großer Horrorfan, für mich gab es zwar Spannungshighlights und ganze längere Passagen, die sich gut gehalten haben, aber auch viele Wiederholungen und sogar Logiklücken (z.B. Dinos, die lieber Metallstangen durchnagen um ein paar magere, winzige Menschen zu jagen statt sich an der reichhaltigen Weide saftiger Pflanzenfresser direkt vor der Haustür zu bedienen) und Widersprüche (Fressen die Raptoren jetzt ihre Jungen oder betreiben sie Brutpflege?). Schade!
- Aufbau *** / **
Teil 1 – Alle Parameter werden gut eingeführt und Spannung aufgebaut, die moralischen Fragen und Dilemmata zwar nicht immer subtil, aber doch storyverträglich eingetragen. Der Beginn des Romans holt weit aus, gewährt einem dabei aber schon Einblicke in die verschiedenen Sichtweisen und gewöhnt einen an den späteren Verlauf. Die Wechsel der Erzählperspektive erzeugen viele Cliffhanger, die aber nicht erzwungen wirken.
Teil 2 – Auch hier lässt die Kunstfertigkeit im zweiten Teil leider nach. Mehr Perspektivenwechsel, mehr Cliffhanger bei ähnlicher Handlung sorgen manchmal zu leichten Dejavuzuständen. Trotzdem, trotz kleinerer Durchhänger bleibt die Spannung meist erhalten.
- Charakterzeichnung ***/**
Die Ausarbeitung der Charaktere hat mit teils sehr positiv überrascht. Abseits vom „unberechenbaren Faktor Mensch“ hat man es hier mit greifbaren und nie mit durch und durch schlechten Personen zu tun. Jeder hat seine guten und kritischen Seiten, Ansichten, Handlungen… zudem sind sie sehr verschieden, was auch eine Bereicherung darstellt und einen für jeden/jede einzelne/n hoffen lässt, dass er/sie heil aus der Sache herauskommt. Ein bisschen störend war, dass sich die Charaktere vor allem im zweiten Teil oft unlogisch (und damit meine ich seltsam unbeteiligt (z.B. das Mädchen, das noch jammert, dass sie was zu Essen will nachdem sie fast von einem Dino gefressen worden wäre) oder nicht charaktertypisch (der ruhige Archäologe wird plötzlich Indiana Jones und statt auf Hilfe zu warten steigt er auf ein kleines Boot im reißenden Dschungelfluss umgeben von ausgebrochenen Fleischfressern – mit zwei Kindern im Schlepp) handeln. Hier leidet die Charakterstimmigkeit etwas unter dem Handlungsdruck.
- Sprache und Stil ***°
Solide Gebrauchssprache, dem Buch angemessen. Ich hatte leider keine gute Übersetzung (Weltbild – Bücherregalfund, inzwischen hab ich da aber eine (hoffentlich) bessere rausgezogen), aber selbst da hat man gemerkt, dass die Sprache in der Lage ist, Bilder im Kopf zu erzeugen und einen flott durch die Handlung mitzunehmen. Schön ist, wie auch die wissenschaftlichen Ausführungen greifbar und unterhaltsam formuliert wurden. Also, sprachlich kein Wunderwerk aber ganz bestimmt auch nicht verkehrt!
- Zielgruppe(n)
Ich denke, an diesem Buch können sich Interessenten verschiedener Genregruppen versuchen, wenn sie für die Ausflüge in die jeweils andere offen sind. Ich bereue die Lektüre auf jeden Fall nicht, auch wenn ich eigentlich kein Horrorfan bin. ACHTUNG: Leser/innen, die von Anfang an einen nervenzerrreißenden Actionhorrorroman erwarten, könnten enttäuscht sein.
- Fazit ***
Eine leichtere Version eines Wissenschaftsthrillers mit sehr gutem Anfang oder ein etwas nachdenklicheres SciFi-Horrorbuch – in diesem Buch sieht wohl jeder etwas anderes. Zerfällt grob in zwei Teile, hat mich mit erstaunlich viel Hintergrund, Handlung und Charakteren überrascht, auch wenn für mich das letzte Drittel trotz permanent angeheizter Spannung etwas inhaltsarm und zäher war. Anderen wird das letzte Drittel aber vielleicht als temporeiches Finale erscheinen. Auf jeden Fall ein interessantes Buch, das automatisch Kopfkino erzeugt. Spielt erstaunlich neutral – niemand ist hier „böse“, nicht mal die Monster.