Cover des Buches Graues Land (ISBN: 9781496191434)
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Rezension zu Graues Land von Michael Dissieux

Sehr zäher Spannungsbogen, gewollt lyrisch

von Nafreyu vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Horrordystopie mal ganz anders, aber jede Menge Wiederholungen und kaum Handlung. Nichts für Actionfans

Rezension

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Nafreyuvor 8 Jahren

Harv ist bereits ein alter Mann, der seine völlig apathische, bettlägerige Frau in ihrem gemeinsamen Haus in den Hügeln außerhalb eines amerikanischen Dorfes pflegt. Er lebt von einem Tag auf den anderen, größtenteils gefangen in Erinnerungen an bessere gemeinsame Tage. Doch plötzlich gibt es einen Terrorangriff auf die USA und nichts ist mehr wie vorher: jegliche Kommunikation und die Stromversorgung sind tot, und nach und nach stellt sich heraus, dass das auch für den Großteil der Bevölkerung gilt. Außerdem wandern nachts auf einmal komische Wesen durch die Straßen...

Der Einstieg in das Buch war wirklich interessant. Der Ansatz ist hier mal ein ganz anderer als bei vielen Horrordystopien, denn der "Held", also unser Protagonist, ist eben kein Held. Er ist ein alter Herr, der weder stark ist noch kämpfen kann. Er will einfach nur seinen Lebensabend und die letzten gemeinsamen Tage mit seiner todkranken Frau genießen. Der Tenor ist sehr melancholisch. Das gibt eine schöne, wenn auch traurige Stimmung. Der Schreibstil ist an sich gar nicht schlecht, teilweise geht er sehr ins Lyrische, was für einen Horroroman doch ziemlich untypisch ist.

Da endet für mich leider auch schon das Positive an diesem ersten Teil der Trilogie Graues Land. Es passiert einfach die ganze Zeit nichts. Durch die Erzählperspektive (1. Person) bekommen wir zwar viele Einblicke in das Seelenleben unseres Protagonisten, allerdings sind es wirklich sehr viele. Die Handlung stagniert den Großteil des Buches, ein Spannungsbogen kommt erst auf den letzten 10% langsam auf. Die meiste Zeit spielt der Roman im Haus von Harv, und dort wiederum größtenteils in dessen Erinnerungen. Wir erfahren eigentlich nichts über die Katastrophe, die über das Land gekommen ist, und erst recht nichts über die genauen Ursachen. Was an sich okay wäre, wenn denn sonst eine Handlung vorhanden wäre. Viele der wenigen Ereignisse sind dann auch noch sehr unrealistisch. Die letzten Seiten haben mich insgesamt dann wenigstens wieder ein bisschen positiv gestimmt, da hier erkennbar etwas passiert. Sonst hätte es noch weniger Punkte gegeben.

Zusätzlich zu der quasi nicht vorhandenen Handlung hat mich auf die Dauer der Schreibstil extrem genervt. Der lyrische Ansatz gefiel mir, wie bereits oben erwähnt, jedoch ufert er in der Hälfte des Romans etwa doch sehr aus. Außerdem gibt es schier endlose Wiederholungen gleicher Redewendungen, z.B. "Haare wie Spinnweben" oder "Augen wie in die Höhlen gedrückte Kohlen". Dazu immer wieder die ständig beschriebene stille Stille und grauen Schatten / graue Welt sowie der (mich anfangs sehr begeisternde!) Hinweis auf Stephen Kings Dunklen Turm. All das hat mich so gestört, dass ich von etwa 50 bis 75% der Geschichte fast nur noch quergelesen habe. Ich konnte die immer gleichen Beschreibungen nicht mehr ertragen.

Insgesamt habe ich eine Weile überlegt wegen der Wertung und mich einigermaßen schwer getan. Während des Lesens rutschten die anfänglichen 4 Punkte vom Leseeindruck her schnell auf zwei herunter, in meiner genervtesten Phase (auf etwa der Hälfte) sogar darunter bzw. Tendenz zum Abbruch. Das Ende hat mich wie gesagt etwas versöhnt. Für eine Leseempfehlung reicht es jedoch nicht, außer man weiß klar, dass man weder wirklich Horror noch Action in irgendeiner Form zu erwarten hat und sich dafür auf sehr lange Beschreibungen von Stimmungen einlassen möchte. Einen sehr ruhigen, melancholischen Horrorthriller sozusagen, in dem nicht viel passiert. Band 2 und 3 der Trilogie werde ich definitiv nicht lesen, obwohl wohl der zweite Band mehr Action bieten soll.

Zuletzt komme ich auf 2,5 Punkte. Zwei für die Idee und den anderen Ansatz der Story sowie das Ende, das etwas Spannung bot. Einen halben für die an sich interessante lyrische Sprache, wenn nur die ganzen Wiederholungen nicht wären.

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