Rezension zu "Nicht von dieser Welt" von Michael Ebert
Nach dem Tod seines Vaters erhält Mischa Anrufe über einen Münzfernsprecher im Krankenhaus, in dem er mit seiner Mutter in einer Personalwohnung lebt. Die Verstorbenen bitten ihn, gewisse Dinge für sie zu tun, Angehörigen noch etwas mitzuteilen z.B.. Nicht immer kann er ihre Wünsche erfüllen, manchmal versteht er sie auch nicht. Aber einer ruft nie an: Sein Vater...
Mischa ist nicht erst seit dem Tod seines Vaters ein ruhiger, unauffälliger Junge. Das Geld war immer knapp, was auch der Spielsucht seines Vaters geschuldet war. Er versucht ein guter Sohn zu sein, da er weiß, dass es seine Mutter auch nicht leicht hat und alles erdenklich Gute für ihn tut. Als jedoch nach einem Schüleraustausch mit französischen Schülern plötzlich die 17-Jährige Sola statt Olivier bei ihm auftaucht, wird sein Leben ganz schön auf den Kopf gestellt...
So unternimmt sie mit Mischa den Tripp nach Halberstedt, um dort noch gelagerte Ostmark zu stehlen. Wieso, weshalb, warum eine Belgierin aus Zaire weiß, dass dort noch Geld versteckt liegt, das klärt sich am Ende des Romans! ;-) Und diese Auflösung war sehr überraschend, wenngleich nicht unvorhersehbar...
Michael Eberts Debütroman ist ein Autofiktionaler Roman. Denn ebenso wie Mischa hat auch er 10 Jahre in einer Personalwohnung des Krankenhauses gelebt, in welchem seine Mutter als Krankenschwester gearbeitet hat. Und ebenso wie Mischas Vater der Spielsucht verfallen war, so hatte auch sein Vater früher Probleme mit dieser Sucht. Alles weitere jedoch ist seiner Fantasie geschuldet! ;-)
"Nicht von dieser Welt" liest sich wirklich leicht. Nicht alles ist allerdings leicht zu verdauen. Aber es wird offenbar, dass auch in vermeintlich wohlhabenden Familien nicht alles eitel Sonnenschein ist und sich Glück und Glücklichsein nicht an einem vollen Bankkonto messen lässt!
Es war schön, Mischa dabei zu begleiten, wie aus dem scheuen und traurigen Jungen ein selbstbewussterer junger Mann wird. Wie die besondere und skurrile Freundschaft zu Sola ihn verändert und stärkt, da sie beide mehr gemeinsam haben als sie ursprünglich dachten. Als Sola auftaucht, gerät alles in Fahrt, das merkt man auch beim Lesen!
Am Ende geschieht ein Sprung von 30 Jahren hinein ins Jahr 2021. Dieses letzte Kapitel ist nochmal besonders, traurig und irgendwie auch nicht. Sowie es das ganze Buch über war...
Michael Ebert hat mit seinen beiden Protagonisten Mischa und Sola zwei völlig gegensätzliche Charaktere geschaffen. Dass es aber Berührungspunkte gibt, merkt man schon recht früh. Gefallen hat mir, dass Sola gerne Zitate oder Liedausschnitte verwendet, um Situationen zu unterstreichen oder Emotionen besser auszudrücken, ein bisschen so wie Lebensweisheiten. Besonders angetan hat es mir die Liedauswahl, besonders am letzten Abend der Austauschschüler! :-) ZACK, war ich wieder 12 Jahre alt! Danke dafür! ;-)
"Nicht von dieser Welt" ist ein wunderbarer Coming of Age Roman, ein fesselndes autofiktionales Buch, ein überaus gelungener Debütroman, der uns in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ( oh man, das klingt immer noch schräg ) katapultiert und eine Geschichte, die trotz ihrer Melancholie froh macht! Es geht um Armut und Reichtum, Liebe und Angst, Sicherheit und Risiko, Vergangenheit und Zukunft - lauter Gegensätze, die immer auch hoffen lassen. Hoffen auf ein Leben wie nicht von dieser Welt...