Rezension zu "Heldenblut" von Michael J. Sullivan
Der 4. Teil der "First Empire"-Saga wirkt wie ein "Zwischenstück" in der Gesamtreihe. Das Schlachtgetümmel klingt ca. im ersten Drittel des Buches ab und dazu gibt es einen ordentlichen Zeitsprung in der Handlung von etwa fünf Jahren, es kommt zu einer Art "Sitzkrieg" mit ständigen Scharmützeln zwischen den Menschen und den Elben, da der Fluss noch als unüberwindbares Hindernis der Menschenarmee im Wege steht. Um aus dieser blutigen Patt-Situation herauszukommen, macht sich eine Gruppe von altbekannten Protagonisten auf, um eine mehr als myseriöse, um nicht zu sagen, morbige Abkürzkung ins Reich der Frey zu finden, vor allem angetrieben von der Sorge um Suri, die vom Feind in Estramnadon festgehalten wird. Das Buch weist ein loses Ende auf und kann damit, anders als seine Vorgänger, nicht als eigenständige Geschichte bestehen (was kein Kritikpunkt sein soll, für mich bildet die Reihe ohnedies ein Gesamtwerk). Dies und der Umstand, dass der Autor bewusst Tempo aus der Geschichte nimmt, indem er die Kriegsparteien in die vorgenannte (zumindest vorläufige) Patt-Situation zwingt, führen bei mir zum Eindruck eines "Zwischenstücks" - den Göttern sei dank, dass der Nachfolger schon verfügbar war, ansonsten würde ich das offene Ende weniger lustig finden.
Auf der großen Bühne ist weniger los, die Handlung spielt sich mehr im Kleinen, zwischen einzelnen Personen ab, dem Charakter von Tressa wird hier viel Aufmerksamkeit und Entwicklung eingeräumt. Das fand ich über die Gesamtlänge des Buches nicht schlecht, aber auf Dauer etwas weniger spannend, als die Vorgänger. Der einzige echte Kritikpunkt meinerseits ist die mit nichts zu begründende Entscheidung Persephones, Suri als Friedensbotschafterin zu den Elben zu schicken. Dass sie dort gefangen genommen und gefoltert wird, um ihr das Geheimnis der Schaffung von Drachen zu entlocken, war doch sehr vorhersehbar. Diese grobe Fehlentscheidung passt nicht zur sonst so überlegt handelnden Keenigin.
Als neues Element fand ich jedoch die "echten" Götter interessant, hier tut sich eine weitere Erzählebene auf, auf der ich gerne mehr erfahren möchte.
Also ja, insgesamt der bislang schwächste Teil, aber immer noch mehr als lesenswert. Ich erachte es schon als Großtat, über so viele Seiten hinweg das höchste Niveau zu halten und erst sehr spät und sehr gering etwas im Spannungsbogen abzufallen. Das lässt sich bei einer so epischen Erzählung wohl auch nicht vermeiden.