Nach dem Stuttgarter Frühlingsfest wird ein junger Mann tot aufgefunden und sein Schulfreund gerät in Verdacht, ihn getötet zu haben. Der Leser verfolgt den Kriminalfall aus der Sicht des vom Vater zur Verteidigung berufenen Rechtsanwalts. Das Ganze ist recht spannend aufgebaut und erfreut durch eine überraschende Auflösung, hätte aber den starken homoerotischen Akzent meines Erachtens nicht gebraucht.
Michael Kiesen
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Michael Kiesen
Stuttgart Frühlingsfest
Hollywood Boulevard
Nach Stammheim, Dealer
Anfeindungen
Boston Combat
Freunde in Manhattan
Neue Rezensionen zu Michael Kiesen
Stuttgart Frühlingsfest gibt sich wie ein Kriminalroman, denn es gibt eine Leiche und das Umfeld des Opfers wird untersucht. Allerdings wird nie eine polizeiliche Untersuchung durchgeführt und nur ein Anwalt ermittelt im Unkreis des jungen Opfers. Dabei werden im ganzen Buch jedoch hauptsächlich homoerotische Szenen unter Jugendlichen beschrieben, eine polizeiliche Ermittlung, wie man sie aus Kriminalromanen gewohnt ist, findet allerdings nie statt. Die Erzählweise des Autors ist teilweise auch sehr unzusammenhängend und an einigen Stellen fragt man sich, wo zwischen geschilderten Ereignissen der Zusammenhang besteht. Wer einen Krimi lesen möchte, wird mit diesem Buch eher enttäuscht sein, also besser Hände davon lassen!
Ein vierwöchiger Ausschnitt aus dem Leben von David, einem Mann irgendwo in der zweiten Hälfte seiner Zwanziger, gut aussehend, Jurist, bürgerliche Herkunft aus einer angesehenen Stuttgarter Familie, standesgemäß aber lose liiert mit einer jungen Blaublütigen namens Daniela, die Zukunft also praktisch vorgezeichnet. Und genau hier liegt sein Problem: Innerlich den schönen Künsten und den Lebensphilosophien der griechischen und römischen Denker zugetan, steht er seinem ganzen wohlgeordneten gesellschaftlichen wie privaten Lebensumfeld mit äußerster Verachtung und Ablehnung gegenüber. Aber das erfährt der Leser erst nach und nach.
Das Buch startet mitten in Hollywood, in der glamourösen Welt des schönen Scheins, wo unter der kalifornischen Sonne jeder sein Glück machen kann, wenn schon nicht mit Geld, dann wenigstens über die konsequente Vermarktung seiner körperlichen Vorzüge und unter Ausnutzung der richtigen Kontakte. Dorthin hat sich David für eine Weile zurück gezogen, um Abstand zu gewinnen und er erzählt uns aus der Sicht des permanenten Beobachters von seinen intensiven Eindrücken aus dieser Welt, seiner Bewunderung der leichten Lebensart der Menschen und seiner magischen Anziehung zu einer Clique junger Leute, die er kennen und lieben lernt und in deren fremde, völlig abseits der Normen ausgelebte Welt aus Partys, Drogenkonsum und ungehemmter Körperlichkeit er nach und nach vollständig abtaucht. Erst nach geraumer Zeit und als es für ihn fast zu spät ist erkennt er die Risse in diesem System, die gnadenlose Welt aus Geld, Machtmissbrauch und Ausbeutung Vieler durch Wenige unter dem Deckmantel eines konsequent von allen beschworenen lockeren Lebensstils.
Beinahe im Stil einer griechischen Tragödie lässt der Autor seinen icherzählenden Protagonisten agieren und scheitern, lässt ihn sich zerreißen in seinem inneren Zwiespalt zwischen unbändigem Wunsch nach Sinn und Erkenntnis des für ihn richtigen Lebenswegs vor dem Hintergrund des eigenen fortschreitenden Alterungsprozesses und der inneren Verhaftung in den Fesseln der spießbürgerlichen, ihm so sehr verhassten Lebensstrukturen seiner „württembergischen“ Herkunft, aus denen er tatsächlich nur temporär, aber gerade deshalb ganz bewusst und mit allen Mitteln ausbrechen will.
Ein interessantes, außergewöhnliches Buch, an dem man dran bleibt.
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