Rezension zu "Rond" von Michael Knabe
Nach Band 1 "Shevon" und Band 2 "Ishabel" schickt Michael Knabe im 3. Band Titelhelden Rond in sein nasses Abenteuer.
Schauplatz der Handlung ist die Regeninsel Falun. Der verurteilte Mörder Rond scheint sein Leben verwirkt zu haben. Es ist bloß eine Frage der Zeit, bis ihn entweder die Ratten im Verlies auffressen oder sein Kopf rollt. Da taucht ein geheimnisvoller Fremder auf und macht ihm ein Angebot: Ronds Leben und das seiner Schwester Merya, wenn er einwilligt, gefangene Frauen und Kinder zu befreien.
Rond ergreift diese Chance und stellt bald fest, dass er lediglich eine von vielen Figuren auf einem Spielbrett ist. Und einer der Spieler heißt Shevon.
Shevon ist die Figur, die bislang den roten Faden durch die Reihe spinnt. Im ersten Band verliert er alles und wird durch seinen Gegenspieler Regul bis aufs letzte Steinchen demontiert. Im zweiten Band wird er in eine Intrige um Prinzessin Ishabel verwickelt. Im dritten Band knüpft er weiter an seinem Racheplan und verstrickt Rond und den falunischen Hauptmann Vendan da Gandre in seinem Netz.
Wir erleben die Handlung aus Ronds und Vendans Perspektive. Dabei bilden die beiden ausgewogene Gegenpole. Während mit Rond eine stark physische Komponente ins Spiel kommt, ist Vendan ein loyaler Gefolgsmann seines Königs, der unter den Besatzern kuscht. Vendans Empfinden von Ehre und Pflichtbewusstsein wird im Laufe der Geschichte auf eine harte Probe gestellt.
Und Rond? Der hat plötzlich einen Haufen Frauen und Kinder am Hals. Was dem finsteren Mann überhaupt nicht schmeckt. Noch weniger schmecken ihm die Zweifel, ob er seinem Auftraggeber vertrauen kann ...
Wie schon in Band 1 und 2 beweist Michael Knabe, dass er mit Sprache umgehen kann. Ich mag seinen Stil einfach. Da sitzt jedes Wort. Vor allem hat er einen Blick für Momente, die mir die Figuren ganz nah bringen. Das Kleckern bei Tisch in einer angespannten Gesellschaft etwa. Oder das selbstvergessene Entflechten einer komplizierten Frisur, das Lösen der Haarnadeln, kostbare Minuten der Privatsphäre.
Wie Shevon seine Intrigen und Rachepläne spinnt, so führt er uns auch durch das Inselrund und lässt uns an seiner Vielfalt teilhaben. Hier ist der Weltenbau ein weiteres Highlight. Ob es um Währung geht, die Staatsform, Mythologie, Feste ... das ist detailreich und lebendig ausgearbeitet und macht einfach Spaß. Auch die Konsequenzen der Besatzung für die falunische Bevölkerung fängt der Autor in Szenen klar und deutlich ein.
Und natürlich ist die Insel Falun der heimliche Star des dritten Bandes. Wer bei diesen plastischen Naturbeschreibungen nicht nass wird oder sich auf Geröll den Fuß bricht, hat bloß quergelesen.
Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung für die halsbrecherische Flucht des finsteren Mannes. Wer die Mischung aus schlüssigem Weltenbau, geschliffenen Dialogen, plastischen Charakteren und einen ausgewogenen Anteil Action mag, wird in dieser "Fantasy oder Fantasy-Reihe" in keiner Zeile Zwerge, Elfen und Zauberer vermissen. Dafür jede Menge Figuren ins Herz schließen, mit ihnen Flüsse hinabrauschen, beinahe ertrinken, von Felsen erschlagen werden oder in Abgründe stürzen.