Rezension zu "Rond" von Michael Knabe
„Rond“ knüpft an „Shevon“ und „Ishabel“ an, erzählt dabei aber eine eigene Handlung. Shevon kommt allerdings wieder vor. Das Setting ist diesmal nicht mehr mediterran (es gibt allerdings einzelne Kapitel, die in Sabinon spielen), sondern der Roman spielt größtenteils auf einer grünen Insel.
Schreibstil:
Ich habe den Eindruck, dass der Schreibstil des Autors über die drei Bände hinweg routinierter geworden ist. Bei Band 1 hatte ich ja noch bemängelt, dass es immer wieder mal ausgetretene Formulierungen gibt – hier habe ich da nicht mehr viel bemerkt. Was mir immer noch fehlt, sind schöne Metaphern und manchmal sind mir auch die Gedanken des Protagonisten zu plakativ bzw. erklärend (z.B. Sätze wie „die Sache gefiel ihm mit jedem Atemzug weniger“ – den Widerwillen der Figur könnte man auch eleganter und bildhafter rüberbringen als durch eine solche Behauptung). Insgesamt ist die Sprache in dem Roman aber solide und ohne Stolpersteine.
4 Sterne
Charaktere:
Die Figuren haben ein paar Eigenheiten, wirklich an Tiefe gewinnen sie für mich jedoch nicht. Rond ist impulsiv und sorgt sich um seine Schwester, aber darüber hinaus sehen wir wenig, was ihn tatsächlich ausmacht. Ich hätte mir (und das habe ich beim Vorgängerband ja auch schon bemängelt) mehr Komplexität, mehr Ecken und Kanten, mehr unkonventionelle Eigenheiten gewünscht.
3 Sterne
Handlung und Struktur:
Ich habe hier ein ähnliches Problem wie bei Band 2. Band 1 hat von der Frage gelebt, wie sich die Beziehung der beiden Ziehbrüder entwickelt bzw. wie es zur Zerrüttung kam. So eine Frage kann einen Roman schon tragen. Die Frage von Band 2 („Wird sich die Prinzessin der Zwangsheirat entziehen“) trägt für mich eine Handlung über so viele Seiten genauso wenig wie „Wird es dem Protagonisten gelingen, die fremden Gefangenen zu befreien“. Andererseits waren einzelne Kapitel aber durchaus spannend, z.B. als eine Person beinahe im Fluss ertrinkt. Das sind die Kapitel, in denen emotional etwas auf dem Spiel steht. Shevon ist in Band 1 viel Schlimmes passiert, er war dabei dynamisch unterwegs, während Ishabel die ganze Zeit nur an statischen Schauplätzen in Hofgeplänkel verstrickt war, das streckenweise nicht zu viel führt. Auch in „Rond“, so mein Eindruck, bestehen viele Kapitel nur aus Gerede, ohne dass die Figuren tatsächlich aktiv handeln (Rond wird eigentlich in der ersten Hälfte des Buches nur mitgezogen und beobachtet, erst in der zweiten tut er auch etwas). Dass ich hier nicht so wirklich drin war, lag zudem sicherlich auch daran, dass mir die Charaktere nicht genug Tiefgang hatten und ich entsprechend nur wenig Bezug zu ihnen hatte.
3 Sterne
Tiefgang:
Mir ist aufgefallen, dass bisher jeder der drei Bände der „Flüchtlings-Chroniken“ mal mehr oder weniger zentral thematisiert, wie Frauen unterdrückt werden, ohne dabei irgendwie klischeehaft oder auch voyeuristisch zu werden. Das finde ich auf jeden Fall gut gemacht und wichtig. Darüber hinaus geht es auch um die Unterdrückung eines Landes, das sozusagen kolonialisiert wurde.
4,5 Sterne
Worldbuilding:
Hier geht es auf die Regeninsel Falun. Die Covergestaltung legt nahe, dass wir es hier vielleicht mit ein paar keltischen Anklängen zu tun haben. Es ist auf jeden Fall so, dass die Welt, in der die Flüchtlings-Chroniken spielen, größer und komplexer wird. Falun ist eine levanische (also römische Provinz), sodass die Bezüge zur römischen Antike hier wieder spürbarer wurden als bei Band 2, was mir gefallen hat.
4,5 Sterne
„Rond“ hat mir besser gefallen als „Ishabel“, aber schlechter als „Shevon“. Der Schreibstil ist solide, es werden interessante Diskurse verhandelt und das Setting ist in der High Fantasy unkonventionell. Spannungsbogen und Charaktere nehmen mich aber nicht ganz mit.
Gesamtwertung: 3,8 Sterne, macht gerundet 4 Sterne