Rezension
Sokratesvor 9 Jahren
Wie habe ich mich darauf gefreut, dieses Buch endlich lesen zu können! Und nun bin ich doch eher enttäuscht. Der Autor beginnt zunächst, mit der Einleitung beginnend, mit einer ausführlichen Rückschau in die Untiefen des 19. Jhs., um darzustellen, dass mahnende Worte vor stetigem gesellschaftlem (kultureller wie sozialer) Verfall bereits damals allgegenwärtig und insbesondere am Wien der 1900-er Jahre angebracht waren. Dieses Klima habe insbesondere der Freud'schen Psychoanalyse den Nährboden bereitet. Ausgehend von diesem Konglomerat an Thesen und Ideen, versucht Ley im Folgenden die Jetztzeit in ebenso kritischer Endzeitmanier zu beschreiben. Mir scheint, hier hat doch eher ein konservativ-ängstlicher Zeitgeist Buchstaben auf das Papier gebracht. Bei Themen wie der Globalisierung oder dem Multikulturalismus trifft man beim Autor eher Skepsis. Das Kapitel zu letzterem Thema leitet er gar mit einem Zitat von Egon Flaig ein, nach dem Multikulturalismus langfristig nur im Bürgerkrieg ende. Hinzu kommen mir einfach zu viele Bezüge zu Thilao Sarrazin, der die geistige Nähe des Autors zu deutlich hervorhebt. Für meine Begriffe endet das Buch zu pessimistisch - dem möchte ich nicht folgen. Zwar sind viele Entwicklungen dieser Tage hinterfragenswürdig, aber derart gegrauselt vor der Zukunft sollte man nicht philosophieren. Veränderungen müssen nicht immer zwangsläufig mit dauerhaften Nachteilen einher gehen; Anpassung, Modifikation, gegenseitiges Lernen können in jedem Fall auch von Vorteil sein, nicht immer scheint der ängstlich-wertekonservative Europäer etwas zu verlieren, wenn er sich u.a. einmal fremden Kulturen öffnet und sie bereit ist, in seiner Mitte zu integrieren.