Michael Manfé

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Lebenslauf

Michael Manfé ist Lehrbeauftragter für Kultur- und Medientheorie an den Universitäten Salzburg, Klagenfurt und München sowie an der Fachhochschule Salzburg.

Quelle: Verlag / vlb

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Ein japanophiler Szenenrückblick

Seit meiner Kindheit war ich ein großer Fan der japanischen Unterhaltung. Das Interesse hatte ich im Kindesalter vorerst auf japanische Animationsserien (Anime) fokussiert und geht heute über Manga (japanische Comics), Videospiele, Light Novels, Visual Novels und Fanartikel hinaus, bis hin zur japanischen Popkultur und Literatur. Seit meinem ersten Zugang zum Internet vor einem Jahrzehnt, unterzog ich mich intensive und tagtägliche Studien und Recherchen über die asiatische Kultur, einschließlich Künste wie japanische und koreanische Musik und Film. Ich verbrachte viel Zeit damit, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den westlichen und den östlichen, speziell den asiatischen, Unterhaltungssystemen aufzuzeigen, sodass ich eine Wertschätzung für asiatische Länder, insbesondere für Japan, entwickeln konnte. Außerdem verbrachte ich viel Zeit auf und in thematisierte Plattformen und soziale Netzwerke, um mich mit internationalen Gleichgesinnten über west- und östliche Literatur und Medien auszutauschen. Es war, als hätte ich mein Verständnis für die Welt verbessert und als wäre ich kulturell bewusster geworden. Heute wie damals war und bin ich das, was man in Japan „Otaku“ nennt: eine Person, die sehr viel Zeit und Geld in eben diese Thematik investiert und mit Leidenschaft an die Sache herangeht.

Den Typus eines männlichen Fans, der zu seinen Lieblingsserien eigene Geschichten oder Mangas, diese werden im Japanischen Dojinshi genannt, verfasst, sich als seine Lieblingsfigur verkleidet (Cosplay; eine Zusammensetzung aus Costume und Roleplay) und sich auf Veranstaltungen mit Gleichgesinnten trifft, wurde ich allemal gerecht. Ich habe im Alter von dreizehn oder vierzehn Jahren begonnen zu schreiben, das heißt, am Anfang meiner Pubertät. In erster Linie waren das Fan-Fiction-Stories zu gelesenen Büchern und vor allem Geschichten für Mangas. Nachdem ich ein Buch oder eine Reihe beendet hatte, hat mich die Inspiration übermannt, und ich musste das festhalten. Veröffentlicht hatte ich nichts davon, auf keiner der Plattformen, auf denen das möglich war, damals wie heute. Die typischen Nerd-, Gamer- und Geek-Klischees, die denen eines Otakus verblüffend ähnlich sind und waren, waren und sind starke Einflüsse, die mein Leben negativ geprägt und beeinflusst haben: Unsportliche, in meinem Fall untergewichtige , aber auch und vor allem übergewichtige Stubenhocker und Brillenträger, standen in Betonung auf ihre Wünsche und Fixierungen mancher Otakus auf junge Mädchen (Lolicon) und aufgrund des Interesses an Yaoi-Manga (homoerotische und -romantische Inhalte) im Kreuzfeuer der Kritik. Otakus, und ich dementsprechend, seien in jeder Hinsicht pervers und individuell. Individualismus wurde hiernach negativ bewertet. Otakus galten als ich-bezogen und kindisch, wären wenig beliebt in der Schule und seien unfähig, normale zwischenmenschliche Beziehungen zu führen.

Die sogenannte Otaku-Generation und die Jugendkultur als solche wurde erst später im Westen modern und positiv. Journalisten, Psychologen und anderweitige Experten richteten ihr Augenmerk und Interesse weniger auf Ausnahmefällen, viel mehr auf die wahrhaftige Realität. Die unterstellte kriminelle Energie wie die eines Waffennarren, potenziellen Amokläufers und die simple Vorstellung von Otakus als männliche Sexual- und Gewaltäter, wurden durch die kontroverse Diskussion zwischen der schlechten Presse der Otakus im Westen und eben diese, die sich, ohne Wissen über die negativen Aspekte, mit Stolz dagegen wehrten, widerlegt. Dank dieser Meldungen über westliche Fans und durch den allgemeinen großen Erfolg von japanischen Comics und Zeichentrickfilmen im Ausland, wurde die Selbstbezeichnung zunächst in der Bedeutung “Anime-Fan” und anschließend von Fans und Kritikern gleichermaßen, so gut wie immer im Sinne von Manga-/Anime-Otaku, nicht mehr so negativ, gleichwohl auch positiv verwendet.

Anime und Manga zählen zwar zu den wohl wichtigsten Themen, allerdings gibt es zahlreiche Fanzines in Form von Erzählungen, Aufsätzen, Interviews und Reviews, und eine Vielzahl von ausgefallenen Hobbys, die sich in verschiedenen Sorten und Kategorien der Otakologie einteilen lassen. So gibt es unter anderem Militär-Otakus, die sich für Uniformen, Cosplay und Rollenspiele begeistern; PC-Otakus, die sich für Videospiele interessieren; Fußball- und Idol-Otakus, die Fans von bestimmten Spielern und (japanischen) Pop-Sängerinnen sind und Fitness- und Geschichts-Otakus neben dem klassischen Anime- und Manga-Otakus, wie ich es einer war und bin. Das Wort Otaku wurde zu einem Begriff im Sinne von Leidenschaft, mit der ein Experte seines Faches auf sein explizites Hobby eingeht, und ist schon längst kein erfolgreiches oder einsames Vorzeichen einer introvertierten und extrovertieren Mutation der Gesellschaft mehr, mit dem ich zeitlebens zu kämpfen hatte, sondern ein Phänomen, das die Realität und die Fantasiewelt miteinander kollabieren lässt; ein Phänomen voller Faszination und Widerspruch; heißt: Ein Grenzwert zwischen Ausnahmefällen und Extrembeispielen und vor allem ein Vorankurbler der (inter-)nationalen Wirtschaft und Technologie.

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