Mazohl blickt auf die 1980er Jahre, ein Jahrzehnt, das bekannt ist für schrille Mode, Popkultur und einen gestiegenen politischen Narzissmus. Er zeichnet ein Bild, in dem unter der Oberfläche der Coolness politische Skandale, Machtmissbrauch und der soziale Umbau lauern. Mit journalistischer Präzision und persönlichem Erinnerungsfundament führt er durch Affären wie AKH, Noricum und die Waldheim‑Debatte sowie den Aufstieg des Neoliberalismus und Rechtspopulismus unter Jörg Haider...
Mazohl verbindet seine Kindheitserinnerungen mit einer Detailtiefe, die das Jahrzehnt direkt spürbar macht. Ich finde seine persönliche Perspektive erfrischend, weil sie das politische Panorama emotional fundiert und nahbar macht. Die journalistische Schärfe verleiht dem Text eine glaubwürdige Analyse, doch die Haltung ist eindeutig parteiisch: Er betrachtet die 80er aus einem linksliberalen Blickwinkel, der neoliberale Fehltritte rigoros anprangert. Für mich ist bemerkenswert, wie er Skandale und ihre langfristigen Folgen systematisch nachvollzieht. Gleichzeitig scheint mir an manchen Stellen eine gewisse Einseitigkeit vorzuherrschen, weil Fortschritte in Frauenpolitik oder Bildungsreform zwar erwähnt, aber rhetorisch unterschätzt werden. Mir wirkt Mazohls Ton gelegentlich moralisch erhoben, als wolle er ein Bollwerk gegen politische Amnesie errichten – ich denke, manche Grauzonen wären differenzierter darstellbar gewesen.
Der Sprachstil liest sich klar und pointiert, ohne unnötige Verzierung. Die kurze Länge von rund 200 Seiten verleiht dem Buch eine direkte Schlagkraft, lässt aber gelegentlich das Gefühl aufkommen, dass einige Themen tiefer beleuchtet hätten werden können. Das kollektive "verklärte" Image der 80er wird konsequent infrage gestellt – was ich als hilfreichen Kontrast zur nostalgischen Rückschau empfand. Zugleich entsteht bei mir der Wunsch nach mehr Kontext zu den persönlichen Erinnerungen, weil sie emotional stark wirken, aber analytisch nicht immer voll ausgeschöpft sind. Insgesamt überzeugt mich Mazohl durch die Verbindung von persönlicher Erinnerung und politischer Analyse, auch wenn ich mir an der einen oder anderen Stelle mehr Balance gewünscht hätte.
Für mich ist Die scheiß 80er‑Jahre ein kraftvoller, politisch engagierter Rückblick, der mit journalistischer Klarheit und persönlicher Authentizität überzeugt. Der kritische Fokus auf Korruption, Populismus und Neoliberalismus wirkt wie ein Mahnruf an die Gegenwart, kann sich aber an manchen Stellen zu sehr in moralischer Empörung verlieren. Wer einen reflektierten, pointierten Blick auf das Jahrzehnt sucht – ohne nostalgische Verklärung –, findet hier ein anregendes und gut geschriebenes Buch. Ich schätze besonders die Verknüpfung von familiären Erinnerungen mit gesamtpolitischem Wandel. Trotzdem würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass auch Fortschrittsgeschichten mehr Gewicht bekommen, um die Komplexität jener Zeit umfassender abzubilden.





