Rezension zu Brenntage von Michael Stavarič
Rezension zu "Brenntage" von Michael Stavaric
von claudiatoman
Rezension
claudiatomanvor 13 Jahren
Was mich nach Ende der Lektüre am meisten beschäftigt hat, war die Frage, ob nicht irgendwie jede Erinnerung an Kindheit so voller Gespenster, Märchen und gezeichnet von Zauber ist wie der Roman von Michael Stavarič. Man schwebt als Leser dieser Geschichte permanent in einer Art Zwischenwelt, die einem in bestimmter Weise vertraut ist, weil man ähnliche Gefühle erlebt, wenn man an die Wälder, Rituale und phantastische Ereignisse der eigenen Kinderwelt zurückdenkt. Anekdotenhaft und aus einer rückblickenden Position aus entfaltet der Autor das Porträt eines abgeschotteten und seltsam trostlosen Dorfes, in dem Zeit und Realität keine Rolle zu spielen scheinen. Voll ist dieses Dorf von mystischen Geschichten, Monstern, Soldaten, wilden Tieren und dem Feuer der Brenntage, die einmal im Jahr zur Entrümpelung der Häuser (und der Seelen?) stattfinden. Fasziniert wird man mit dem Icherzähler in den Strudel dieser geisterhaft anmutenden Kulisse hineingezogen und sucht wie die Kinder im Dorf nach einem Ausweg. Doch zwischen dem Dorf und der Außenwelt scheint es nur undurchdringliche Wälder und Schluchten zu geben, dafür wurzelt es tief hinunter in die Erde, in die stillgelegten Bergwerksminen, die der Ursprung aller Geschichten, aller Ereignisse und aller Menschenleben zu sein scheint. Und deren Ende. Aber lest selbst! Wer sich vertrauensvoll an der Hand nehmen lässt, dem steht eine sprachlich außergewöhnliche, fast musikalische Reise zurück in die Kindheit bevor, gefüllt mit einer Vielzahl liebevollster Details und magischer Geheimnisse.