Cover des Buches Warum unsere Kinder Tyrannen werden (ISBN: 9783442171286)
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Rezension zu Warum unsere Kinder Tyrannen werden von Michael Winterhoff

Respekt und Grenzen - werde heute noch Werte vermittelt?

von Aleshanee vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Grenzen zwängen nicht ein – sie geben einen sicheren Raum, in dem sich das Kind wohlfühlen und entwickeln kann = mein Rèsumé

Rezension

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Aleshaneevor 10 Jahren
Klappentext

Kleinkinder außer Rand und Band, Zehnjährige, für die Respekt vor Eltern und Lehrern ein Fremdwort ist, 17-Jährige, die nicht mehr arbeitsfähig sind - Kinder an die Macht?

Gesellschaftliche Fehlentwicklungen und eigene Probleme von Erwachsenen verhindern, sich abgegrenzt und strukturierend gegenüber dem Kind zu verhalten und diesem dadurch eine normale Entwicklung seiner Psyche zu ermöglichen. Stattdessen wird es zunächst partnerschaftlich, dann symbiotisch vereinnahmt und kann niemals eine eigene Persönlichkeit entwickeln.

Michael Winterhoff zeigt in seiner überraschenden wie erschreckenden Analyse diesen emotionalen Missbrauch unserer Kinder auf und belegt ihn mit vielen anschaulichen Beispielen. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen: Nur wenn unsere Kinder wieder wie Kinder behandelt werden, können sie in einem positiven Sinne lebensfähig werden.
Ein Buch für alle, die verhindern wollen, dass unsere Gesellschaft ihre Kinder eines Tages hassen wird ...

Meine Meinung

Ich kann mich leider nicht mehr so genau erinnern, wie die Stimmung war, als dieses Buch heraus gekommen ist – ich habe das damals nicht so verfolgt, aber ich glaube noch zu wissen, dass die Meinungen ziemlich hochgekocht sind. Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen.

Das Buch ist mit 191 Seiten nicht sehr dick und führt mit kurzen Kapiteln und Fallbeispielen zügig und prägnant durch die Kritikpunkte, die sich nach Sicht des Autors in unserer Gesellschaft in Bezug auf Kindererziehung heraus kristallisieren. Es gab kaum eine Meinung, die ich kritisieren würde, denn alles, was in diesem Buch steht, ist für mich entweder nicht wirklich neu oder logisch nachvollziehbar. Einige wenige Situationen sind für manche vielleicht unpassende Beispiele, aber man sollte sich auf den Grundgedanken besinnen, der dahinter steckt, denn es handelt sich ja hier immer um „Beispiele“.

Dass viele Kinder und Jugendliche psychisch nicht fähig sind, ihrem Alter entsprechend zu reagieren und zu handeln ist heutzutage ja fast schon Standard.
Manche Fallbeispiele über die Kinder wirken vielleicht überzogen, kommen aber sicherlich auf die ein oder andere Weise so vor und sollen ja vor allem eines tun: Eltern und Erzieher wachrütteln und für die Probleme sensibilisieren. Gerade das vielseits gelobte „Selbstbestimmungsrecht“ von Kleinkindern zu fördern, die erst einmal von uns Erwachsenen lernen sollten, wie die Regeln im Miteinander einzuhalten sind, ist für mich völlig daneben. Vor allem kleine Kinder bis ins Grundschulalter brauchen Grenzen und müssen auch Konsequenzen spüren, um sich in unserer Welt zurecht finden zu können.

„Eltern, die mit ihrem Kind ständig Erwachsenenthemen diskutieren, schon Kleinstkindern weitestgehende Autonomie und Selbständigkeit zubilligen, handeln nicht anders als ein Tennislehrer, der seinem Schützling gar nicht erst Schläger und Ball in die Hand gibt, sondern sofort beginnt, mit ihm taktische Finessen und Spielstrategien zu diskutieren.“ S. 77

Wenn sie nie gezeigt bekommen, was richtig oder falsch ist, woher sollen sie es dann lernen? Wenn ich auf endlose Diskussionen eingehe, was ein 4jähriger heute anziehen soll, wie lernt er dann, Respekt vor mir zu haben? Und wenn ich einer 5jährigen alles nachsehe, wie soll sie sich später an die Regeln einer Gruppe halten können? Durch die vielen gutgemeinten Einlenkungsversuche der Eltern schwindet die Frustrationsgrenze der Kinder und sie lernen nicht, Enttäuschungen auszuhalten und damit umzugehen.

„Konflikte lassen Kinder erkennen, was richtig und was falsch ist, sie weisen eine Richtung. Kindern, die sich durch das Aushalten und Verstehen der Konsequenzen von Konflikten diese Richtung nicht mehr weisen lassen, haben folgerichtig die Orientierung im Leben nicht.“ S. 153

Schlimm ist auch, dass das, was früher als „Fehlentwicklung“ eingeschätzt wurde, heutzutage schon Normalzustand ist – ganz einfach weil über die Hälfte der Kinder davon betroffen ist. Und dass sogar die Leistungen in der Schule immer weiter herunter geschraubt werden, weil zu viele Kinder diese Anforderungen gar nicht mehr bewältigen können – die früher von uns allen ohne Probleme gemeistert wurden.

Ich nehme mich davon nicht aus, dass ich auch oft falsche Ansätze in der Erziehung meiner Kinder habe oder nicht so konsequent bin, wie ich sein sollte – aber der Grundgedanke dieses Buches spricht mir aus dem Herzen. Kinder müssen Kinder sein dürfen – sie sind keine gleichberechtigen Erwachsenen und gerade deshalb müssen wir Eltern/Verwandte/Erzieher/Lehrer etc. ihnen zeigen, wie ein gesellschaftliches Miteinander funktioniert. Liebevoll, aber mit dem intuitiven Verstand, der einen Erwachsenen von einem Kind unterscheidet.

Fazit

Eine ehrliche, konsequente Aufforderung an Erwachsene, die Kinder wieder als das zu sehen, was sie sind. Lernende, sich entwickelnde Persönlichkeiten, die der Führung und der Konsequenzen von verantwortungsbewussten Erwachsenen bedürfen, um zu lernen, sich in unserer Gesellschaft zurecht zu finden. Grenzen zwängen nicht ein – sie geben einen sicheren Raum, in dem sich das Kind wohlfühlen und entwickeln kann.

© Aleshanee
blog4aleshanee.blogspot.de


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