Die Frau mit dem roten Schal
von Ein LovelyBooks-Nutzer
Kurzmeinung: Hochspannendes Verwirrspiel vor wunderschöner Kulisse!
Rezension
Worum geht’s?
Als Jamal beim morgendlichen Joggen eine Frau sieht, die am Rand einer Klippe steht, läuft er sofort zu ihr und versucht sie zu retten. Er hofft, dass er zu ihr durchdringen kann, indem er ihr den roten Schal zuwirft, den er kurz zuvor an einem Zaun gefunden hat. Doch die Frau springt und Jamal ist der einzige, der weiß, was sich wirklich zugetragen hat. Obwohl er der Frau nur helfen wollte, ist er für die Polizei schnell der Hauptverdächtige. Die Ermittler suchen dringend einen Schuldigen, denn zehn Jahre zuvor sind bereits zwei Frauen auf genau dieselbe Art umgekommen. Verzweifelt versucht Jamal, seine Unschuld zu beweisen. Doch je länger er selbst Nachforschungen anstellt, desto mehr Ungereimtheiten tauchen auf. Bald schon weiß Jamal selbst nicht mehr, was wahr ist und was nicht. Ist er am Ende doch der gesuchte Mörder? Hat er sich die Frau auf den Klippen gar nur eingebildet?
Meine Meinung
Es ist mir wirklich schwergefallen, den Inhalt dieses Romans zusammenzufassen ohne dabei zu viel zu verraten. Etwa ab der Hälfte hat sich die Geschichte in eine völlig andere Richtung entwickelt als ich gedacht hatte, aber gerade die zahlreichen überraschenden Wendungen machen ihren Reiz aus. Während des spannenden Verwirrspiels ist es dem Autor gleich mehrmals gelungen, mich auf eine völlig falsche Fährte zu locken. Letztendlich ist die Lösung des ganzen Falls so verworren, dass man meiner Meinung nach unmöglich selbst darauf kommen kann, trotzdem kommt einem dann rückblickend alles vollkommen logisch vor. Etwas konstruiert wirkt die Geschichte schon, aber so raffiniert und kunstvoll, dass es eher beeindruckend als störend ist. Die Seiten sind beim Lesen nur so dahingeflogen, vor allem weil der Autor ein Kapitel immer an genau der richtigen Stelle beendet, um einen dazu zu bringen, auch noch das nächste und das übernächste zu lesen.
Überhaupt hat Michel Bussi einen tollen, fesselnden Schreibstil. Ich finde es immer bewundernswert, wenn es Autoren gelingt, in wenigen Worten sehr viel ausdrücken und mit einem Satz die Stimmung in einer Szene treffend einzufangen. Der Autor lässt einen an Jamals Gedankengängen teilhaben und führt einen gerade dadurch in die Irre, zudem spielt er sehr geschickt mit unterschiedlichen Perspektiven und Tempi. Zum Beispiel verfolgt man parallel zur Haupthandlung um Jamal einen Briefwechsel, in dem es um einen ganz anderen Kriminalfall geht. Erst ganz am Ende wird klar, wie der Tod von drei Männern mit dem Rätsel um die Frau auf den Klippen zusammenhängt. Südfrankreich als Schauplatz ist natürlich auch ein Pluspunkt, die wildromantische Küstenlandschaft ist perfekt als Kulisse für die Handlung.
Zu Beginn des Romans lernen wir Protagonist Jamal als ganz normalen, sympathischen Durchschnittstyp kennen. Gerade weil dadurch der Eindruck entsteht, dass genau dasselbe jedem passieren könnte, habe ich von Anfang an mit ihm mitgefiebert. Jamal ist von seiner Unschuld zunächst absolut überzeugt und entschlossen sie zu beweisen, kann aber nur ohnmächtig zusehen, wie das Geheimnis um die Frau mit dem roten Schal immer verwirrender wird. Diese Entwicklung, an deren Ende er sogar an seinem eigenen Verstand zweifelt, stellt der Autor wirklich eindrücklich und überzeugend dar. Man kann Jamal keinen Vorwurf machen, andere hätten in seiner Situation vermutlich viel schneller die Nerven verloren.
Fazit
Ein atmosphärischer, wendungsreicher Roman mit Sogwirkung! Ich hatte viel Spaß am Miträtseln und würde gern bald mehr von Michel Bussi lesen.