Michele Mari

 4,5 Sterne bei 8 Bewertungen

Lebenslauf

Michele Mari wurde 1955 in Mailand, Italien als Sohn des Künstlers und Designers Enzo Mari geboren. Er lehrt italienische Literaturwissenschaft an der staatlichen Universität in Mailand und gilt als einer der bedeutendsten italienischen Autoren seiner Generation. Er verfasst Erzählungen, Lyrik, Essays und Romane und gilt als Kenner von Comics und Science-Fiction. Michele Mari lebt mit seiner Familie in Mailand.

Alle Bücher von Michele Mari

Cover des Buches Mr. Pink Floyd (ISBN: 9783442747818)

Mr. Pink Floyd

 (7)
Erschienen am 14.04.2014
Cover des Buches Alles Eisen des Eiffelturms (ISBN: 9783949262371)

Alles Eisen des Eiffelturms

 (1)
Erschienen am 19.06.2023

Neue Rezensionen zu Michele Mari

Cover des Buches Alles Eisen des Eiffelturms (ISBN: 9783949262128)
aus-erlesens avatar

Rezension zu "Alles Eisen des Eiffelturms" von Michele Mari

Altes Eisen rostet nicht
aus-erlesenvor einem Jahr

Dieses Buch liest man nicht! Man flaniert durch dieses Buch hindurch. Sind die Füße ermattet, liest man es ein zweites Mal. Werden die Augenlider schwer, träumt man sich in ihm in die Stadt der Liebe, der Künstler, der Flaneure, des Lichts… Und eines Tages trägt am es in der Hand und tut es den Akteuren gleich. Dann, erst dann hat das Buch seinen Zweck mehr als erfüllt. Abgegriffen liegt in den Händen, die die Stadt einfangen wollen. Eselsohren sind die Leitpunkte der zahllosen Spaziergänge durch das Paris, das nicht mehr existiert. Ein Paris, das im Massentrubel ertrunken ist und mit immer wieder neuen erwachenden Angeboten um die Gunst der dürstenden Menge buhlt. Und sich dabei selbst stellenweise aufgibt.

Das Paris dieses Buches ist rund ein Jahrhundert jünger. Walter Benjamin und Marc Bloch. Geistige Väter – für manche Unruhestifter – eines Deutschlands, das in zwölf Jahren den Gegenentwurf zu allem Menschlichen liefert und in Tiefen stürzen wird, aus denen es bis heute nicht vollständig herausgeklettert ist.

Michele Mari ist der Marionettenspieler dieser zwei Köpfe, die in Paris als Passagiere der Verzweiflung gestrandet sind. Mit ihrem Willen gestrandet – ein Widerspruch? Mit Nichtem! Ihre Heimat ist nicht hier. Hier ist lediglich eine erste Endstation. Bis die Braunen und Grauen auch die Farbenpracht der Stadt an der Seine mit ihrem Schlamm bedecken. Es sind sie Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre zuvor. Sie lassen die beiden träumen, ackern, wünschen, hoffen, aber auch verzweifeln, argwohnen, frösteln, trauern. Ihre Bücher sind nur noch Asche. Ihre Namen Schall und Rauch. Doch nicht vergessen.

Sie treffen Menschen, die wir heute als Götter verehren. Namen wie Donnerhall, die in Paris das alte Paris der Künstler suchen, es zum Teil aufbau(t)en, es zu ihrem Paris machten. Und nun? Die Enge der Heimat schnürt Walter Benjamin die Kehle zu. Und bevor dies andere tun, ist er lieber Vertriebener in Paris als getriebener in Berlin. Marc Bloch wird das Versagen der französischen Streitkräfte beim Blitzüberfall der Wehrmacht auch Anfeindungen einbringen.

Michele Mari würfelt Realität und Fiktion derart durcheinander, dass dem Leser schwindelig wird. Hat man erst einmal begriffen, dass es unerheblich ist dies auseinanderhalten zu müssen, ist „Alles Eisen des Eiffelturms“ Pflichtlektüre für den nächsten Trip in die Stadt der Liebe.

Cover des Buches Mr. Pink Floyd (ISBN: 9783442747818)
Bellexrs avatar

Rezension zu "Mr. Pink Floyd" von Michele Mari

Ein beeindruckendes Buch
Bellexrvor 10 Jahren

Syd Barrett gehörte zu den Gründungsmitgliedern von Pink Floyd, galt als Genie, als Poet und musste die Band krankheitsbedingt verlassen, während sie Weltruhm erreichte. Dennoch ist Syd Barrett eine Legende und jeder, der Pink Floyd kennt, dem ist Syd Barrett nicht unbekannt. Wer aber war dieses Genie, der noch lange Jahre danach großen Einfluss auf die Band ausübte und dem die grandiosen Songs „Wish you were here“ und „Shine on you crazy diamond“ gewidmet sein sollen? Michele Mari gibt einen äußerst interessanten Einblick in das Leben von Syd Barrett und der Band Pink Floyd. Der Roman ist eine Aneinanderreihung von Erinnerungen, ein ergreifender Roman über Kunst, Poesie, Genie und Wahnsinn.

 

Wer nun einen Roman in chronologischer Reihenfolge erwartet, praktisch eine Biografie über das Leben von Syd Barrett, der am 07. Juli 2006 starb, wird sehr überrascht, aber nach dem ersten Erstaunen schon bald ziemlich begeistert sein.  Zumindest war ich das.

 

Michele Mari lässt in seinem fantastischen Roman, der nicht nur für Pink Floyd-Fans, sondern auch für Rockfans im Allgemeinen mit Sicherheit äußerst interessant ist, Personen zu Wort kommen, die alle in irgendeiner Form etwas über Syd Barrett zu erzählen haben. Und diese Erinnerungen purzeln quer durch die Jahrzehnte. Liest man eben noch etwas aus den Anfängen von Pink Floyd, kann das nächste Kapitel von einem Erlebnis 20 Jahre später berichten.

 

Es kommen im Verlauf viele unbekannte wie auch sehr bekannte Musiker wie Alan Parsons oder David Bowie zu Wort, Regisseure wie Stanley Kubrick, aber auch Tourmanager, Schulfreunde wie auch die Geschwister von Syd Barrett. Und natürlich auch die Band selbst, wobei Roger Waters sich allerdings äußerst selten zu Wort meldet, den größten Part übernehmen Nick Mason und David Gilmour.

 

Und hierdurch lernt man auch das Bandgefüge sehr gut kennen, die Freundschaft von David Gilmour und Roger Waters zu Syd Barrett findet immer wieder Erwähnung wie auch den Einfluss von Syd Barrett auf die Band, selbst nachdem er schon längst kein Mitglied von Pink Floyd mehr ist. Gerade Roger Waters und David Gilmour, welche Syd Barrett seit Kindertagen kennen, verlieren ihren Freund auch nach dessen Weggang aus der Band nicht aus den Augen, auch wenn die Familie Barrett den Kontakt der Band zu Syd später untersagte.

 

Für eingefleischte Fans bietet das Buch mit Sicherheit keine großen neuen Erkenntnisse. Für Leser allerdings, welche die Musik der Band mögen, etwas mehr über die Hintergründe gerade von den Alben „The Wall“ oder „Dark Side on the moon“ erfahren möchten, wie auch über den Mythos Syd Barrett werden hier bestens informiert. Kleine Geschichten, Erlebnisse und Anekdoten bringen dem Leser in kurzen Kapiteln, welche Michele Mari u.a. als Zeugenaussagen oder Befragungen betitelt, den Musiker wie auch die Person Syd Barrett näher. Und dabei fängt Michele Mari auch noch sehr gut das Zeitgefühl gerade der 1960er und 1970er Jahre mit ein.

 

Fazit: Ein beeindruckendes Werk über das Leben von Mr. Pink Floyd, erzählt anhand von Erinnerungen der unterschiedlichsten Weggefährten von Syd Barrett.

Cover des Buches Mr. Pink Floyd (ISBN: 9783570580264)
M

Rezension zu "Mr. Pink Floyd" von Michele Mari

Rezension zu "Mr. Pink Floyd" von Michele Mari
M.Lehmann-Papevor 13 Jahren

Syd Barret, der „verrückte Diamant“

Nach der Lektüre des Buches wird der Leser einen großen Teil des musikalischen Schaffens von Pink Floyd, durchaus aber auch des ein oder anderen Künstlers (David Bowies „Ziggy Stardust“, Alan Parson, der mit Pink Floyd arbeitete, bevor er selbst sein ähnlich gelagertes musikalisches Werk in Angriff nahm, u.a.) mit anderen Ohren hören und einen anderen Hintergrund dessen erahnen, was hinter vielen dieser Werke steht.

Dass „Shine on, you crazy diamond“ nicht anderes ist als ein Lied der Hoffnung für den seit 1968 bereits stark in Psychosen abgedrifteten Syd Barret (der „crazy diamond“, so wurde er genannt. Verrückt, hart und wertvoll), ist eine dieser Erkenntnisse. Ebenso, wie „Wish you were here“ den Wunsch ausdrückt, er möge doch wieder bei den anderen sein (jene anderen, die ihn bereits nach der ersten Platte und während der ersten Tournee durch David Gilmoure ersetzten, die ihm aber verbunden blieben). Dass unter Umständen das gesamte Konzept von „The Wall“ auf der Geschichte von Syd Barret beruht und Ausdruck der inneren Verbundenheit von Roger Waters zu Barret ist, dass wäre ein ganz neue Sicht dieses epochalen Werkes. Aber unmöglich wäre es nicht, würde man sagen, wenn man die entsprechenden Einlassungen der Personen im Buch sich vor Augen führt.

Denn so baut Michele Mari seinen Roman, diese Melange aus Fakten und Fiktion, aus dokumentarischen Quellen (Biographien, Interviews etc.) und eigener Interpretation auf.

Personen kommen zu Wort. Viele.
Freunde von Barrett. Techniker, Musiker, Roadies, Manager, die anderen der Band (plus „das große Ego von Roger Waters“ quasi abgekapselt von Waters selbst).
Immer in kurzen, knappen Kapiteln entsteht auf diese Weise nicht nur ein Bild dieses kreativen Musikers, der in der kurzen Zeit, in der er zur konzentrierten Arbeit fähig war, Unmengen an Material aus sich heraus fließen ließ (die gesamte erste Platte der Pink Floyd basiert alleine auf Syd Barret Material, ebenso vielfache Songs der nachfolgenden Werke).

Zudem entfaltet sich die Geschichte der Band selbst aus ganz eigener Sichtweise vor den Augen des Leser, zumindest, soweit sie mit Syd Barret verbunden war (und ist). Das aber, so liest man heraus, ist der überwiegende Teil der Bandgeschichte. Trotzdem eben ein psychotischer Schub jene starke Persönlichkeitsveränderung mit sich brachte (manche im Buch meinen allerdings vehement, dass die anderen Bandmitglieder Barret quasi ausgeblutet haben mit ihrer ständigen Bedrängung nach noch mehr Liedgut und Melodien).

Daneben, und das macht dieses Buch in gewissen Teilen zu einem echten Erlebnis, gelingt es Mari mittels seiner bildreichen Sprache, die Magie jener Zeit einfließen zu lassen, anhand der konkreten Band Pink Floyd nachvollziehbar zu gestalten, was Rock zu jener Zeit in sich trug und wie dieses Ausdruck fand. Die 70er Jahre, eine Zeit, in der alle großen Bands ihre jeweiligen kreativen Meilensteine komponierten, in der die Musik archetypisch Menschen weltweit innerlich erreichte. Ein auch goldenes Zeitalter der Musik, dem Syd Barret in einer kurzen Schaffensperiode seinen Stempel für lange Zeit mit aufdrückte.

Eine innere Beteiligung, die aus jedem der Kapitel herauszulesen ist. Selbst Julian Lennon hat noch seinen Teil zu sagen (der sich allerdings dann doch wieder fast darin erschöpft „jene Japanerin“ zu verunglimpfen, die seinen Vater bereits im Leben hat absterben lassen).

Michele Mari ist ein fulminantes Buch aus dem Innern des Rock gelungen, das nicht nur die Person Syd Barret und seine konkrete Wirkungsgeschichte in ganz neuem Licht zeigt, sondern auch ein gutes Stück der Faszination jener Zeit und jener Musik zu transportieren versteht.

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