Da ich für den Blog aktiver an meinen Listen arbeiten möchte, nehme ich mir jeden Monat ein Buch der BBC-Liste vor. Im März war "Goodnight Mister Tom" von Michelle Magorian an der Reihe, ein Titel, von dem ich bisher noch nie gehört hatte. Unterdessen kann ich sagen: wirklich schade, dass dieser Titel hierzulande so unbekannt ist! Denn Willie und Tom sind zurecht auf der Liste der BBC gelandet.
Dieses Buch erzählt uns eine jener Geschichten, die man nicht mehr so einfach los wird. Zu Beginn wird man einfach mal direkt in die Geschehnisse geworfen, ohne dass wir die Figuren bereits kennen - sie stehen einfach plötzlich da. Beruhigend ist zu wissen, dass sich die Helden selbst auch noch nicht kennen und sich zum ersten Mal begegnen. Ein schicksalshaftes Treffen, wie sich sehr bald herausstellen wird.
Mister Tom schafft es, aus dem kleinen, unscheinbaren Etwas, das da bei ihm auf der Türschwelle abgegeben wurde, einen selbstbewussten Jungen zu machen. Wir erleben mit, wie ihre Freundschaft immer tiefer wird, während sich auch der Krieg langsam aber sicher einen Weg in ihrer aller Leben bahnt. Als Leser weiss man, dass der Tod auch nach Little Weirworld kommen wird, obwohl sich die Charaktere dessen nicht bewusst sind.
Dabei soll gesagt sein: dieses Buch trifft ins Herz. Und drückt dann ganz, ganz fest zu. Genau aufgrund dieser Emotionalität fällt es mir auch ziemlich schwer, eine passende Rezension zu verfassen. Mit Gefühlen tu ich mich normalerweise ziemlich schwer, weswegen ich Bücher mit zu viel Emotionen grundsätzlich meide.
Aber hier passt es irgendwie. Wir erleben Wills Glück auf dem Lande, wie er wächst, Freunde findet, sein altes Ich hinter sich lässt. Als er dann wieder zu seiner Mutter zurück muss, wird es zeitweise sehr deftig. Da schlug ich mir dann schon einmal die Hand vor den Mund, weil ich so entsetzt war. Erst fürchtete ich, das Magorian die Mutter einfach als "böse" gestaltet, weil es in dieser Geschichte das Böse braucht. Doch das reine Böse hier ist der Krieg, während die Mutter ein Opfer ist, das Will zu ihrem Opfer macht.
"Goodnight Mister Tom" hat sich ganz fies in mein Herz geschlichen und sich dort eingenistet. Die Figuren haben es sich gemütlich gemacht, trinken Tee und ich denke nicht, dass sie vorhaben, je wieder zu verschwinden. Und sollten sie es irgendwann doch tun, so werde ich bestimmt wieder nach Magorians Buch greifen und Tom, Will und die anderen wieder zurückholen.
So eine Art Buch ist das.
Michelle Magorian
Alle Bücher von Michelle Magorian
Goodnight Mister Tom
Der Junge aus London
Altes Land, neue Welt
Good Night, Mr. Tom
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Neue Rezensionen zu Michelle Magorian
England, 1939. Tom Oakley ist ein eigenbrödlerischer alter Mann, William Beech ein mehr als schüchterner kleiner Junge, der von seiner Mutter kaum Liebe erfahren hat. Als William aufs Land verschickt wird, landet er bei Tom - und nach und nach verändern sich beide. Aber wie lange wird das Glück dauern? Schließlich bricht kurz nach Williams Ankunft der Krieg aus ...
Die Beschreibung trifft mal wieder nicht sehr gut, was den Roman ausmacht, aber das kennt man ja schon von mir. ;-)
Es ist eine wunderschöne Geschichte, diese Geschichte von Willie oder Will und seinem "Mister Tom". Es ist eine Geschichte vom Erwachen eines unterdrückten Geistes, wie ein Kind lernt, Kind zu sein und Freunde findet, und auch wie ein alter Mann nach Jahrzehnten aus seinem Schneckenhaus kommt und sich wieder öffnet.
Viel mehr kann ich eigentlich gar nicht dazu sagen, ohne zu spoilern.
Ein wunderbares Buch, das aber auch seine kleinen Schwächen hat - so kam ich zum Beispiel mit den Personen nicht ganz nach. Das ganze Dorf Little Weirwold tritt auf, manchmal gleich im Rudel, und wenn sie einmal irgendwo nebenbei erwähnt waren, werden sie beim nächsten Mal nur noch mit Namen genannt und man muss sich gefälligst daran erinnern, wer das nochmal war. Da habe ich irgendwann aufgegeben, mir die ganzen Namen merken zu wollen. Die wichtigsten kennt man mit der Zeit eh, über die anderen habe ich dann einfach mal gepflegt weggelesen. ;-)
Auch Beschreibungen der Umgebung waren mir teilweise, obwohl sie sehr gut geschrieben waren, ein bisschen zu viele drin, vor allem für ein Kinderbuch. Aber wirklich gestört hat es mich auch wieder nicht.
Die Leute sprechen alle Dialekt, davor hatte ich mich ein wenig gefürchtet, aber es ließ sich erstaunlich gut verstehen - wenn ich mal nicht mitkam, half es meistens, es laut zu lesen, dann wusste man auch, was mit "jest" ("just") oder "he ent done sth" (für "ain't", sprich: "has not") gemeint war.
Kurzum: Das werde ich sicher nicht zum letzten Mal gelesen haben. Eine schöne Atmosphäre, eine gute Geschichte und liebenswerte Charaktere. :-)
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