Michiko Kakutani

 4,8 Sterne bei 4 Bewertungen
Autor*in von Der Tod der Wahrheit.

Lebenslauf

Michiko Kakutani, geboren 1955 in New Haven, CT, ist Literaturkritikerin und Autorin. Nach einem Literaturstudium an der Yale University begann sie 1976 ihre journalistische Karriere bei der »Washington Post«. Als Hauptrezensentin der »New York Times« erwarb sie sich zwischen 1983 und 2017 den Ruf als einflussreichste und gefürchtetste Kritikerin der USA. 1988 gewann sie den Pulitzerpreis in der Kategorie Kritik.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Michiko Kakutani

Cover des Buches Der Tod der Wahrheit (ISBN: 9783608964035)

Der Tod der Wahrheit

 (4)
Erschienen am 13.04.2019

Neue Rezensionen zu Michiko Kakutani

Cover des Buches Der Tod der Wahrheit (ISBN: 9783608115710)
lielo99s avatar

Rezension zu "Der Tod der Wahrheit" von Michiko Kakutani

Gegen die Fakes von Politikern und ihren Trollen
lielo99vor 4 Jahren

Michico Kakutani ist Literaturkritikerin und Autorin des Buches #DerTodDerWahrheit. Im Jahr 1988 gewann sie den Pulitzerpreis in der Kategorie Kritik und gilt als einflussreichster Opponent der USA.
Auf der ersten Seite des Buches #DerTodDerWahrheit ist ein Gemälde zu sehen, welches den Titel „Die Wahrheit ist gestorben“ trägt. Es stammt von Francisco de Goya und zeigt eine tote Frau, die von vielen Menschen umringt ist.
Das Buch beginnt mit der Feststellung, dass im 20. Jahrhundert zwei der ungeheuerlichsten Regimes aller Zeiten an die Macht kamen. Das konnte nur geschehen, weil die Menschen von Überdruss und Angst geprägt waren und ihnen die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Lüge egal war. Die Bedeutung der Wahrheit nahm zu dem Zeitpunkt bereits einen geringen Stellenwert ein.
Heute gibt es nicht nur Fake - News. Es gibt die Fake - Wissenschaft (Klimawandelleugner und Impfgegner sprechen davon) und die Fake - Geschichte (Revisionisten des Holocausts und Menschen, die die Überlegenheit der weißen „Rasse“ propagieren). Dann gibt es zudem Fake - Amerikaner auf FB, die von russischen Trollen erschaffen wurden. Und wohl nicht nur Amerikaner. Je nachdem, in welchem Land eine Wahl stattfindet auch Deutsche, Franzosen, Italiener usw.

Frau Kakutani schreibt in #DerTodDerWahrheit viel über Trump und die USA. Seine Lügen, die er über Twitter verbreitet und seinen Narzissmus. Sie beklagt auch, dass über „soziale“ Medien, wie etwa FB, Nachrichten an die User verbreitet werden, die genau auf sie zugeschnitten sind. Es sind maßgeschneiderte Nachrichtenfeeds, die den Leser in seiner Meinung bestärken. Es spielt keine Rolle, ob sie von seriösen Medien kommen oder Lügen sind.
Der Hinweis auf die Schriften von Stefan Zweig belegt, dass er genau wusste, wie der Aufstieg Hitlers zustande kam. Die Nazis damaliger Zeit gaben ihre Pläne nur Häppchenweise an ihre Befürworter. Nach einem Happen folgte stets eine Pause. Der deutsch-jüdische Sprachforscher Victor Klemperers drückte es noch anders aus. Er schrieb in seinen Tagebuchaufzeichnungen und dem Werk „Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten“, dass die Sprache des 3. Reiches als winzige Arsendosen anzusehen waren. Für Hitler war die Sprache eine sehr wichtige Argumentationsgrundlage für seine kruden Vorstellungen. Und mal ehrlich, sehen wir es heute nicht auch bei allen Rechten Parteifunktionären?
Am 01.07. 2017 schrieb John le Carré im Guardian: Ohne klare Sprache gibt es keinen Maßstab für die Wahrheit.
Das Buch #DerTodDerWahrheit  beschreibt zwar zumeist die Situation in den USA seit Trump. Dennoch zeigt es deutlich, wie auch in Europa der Ungeist der Nationalsozialisten um sich greift. Was die Gründe dafür sind und wie wir alle etwas dagegen tun können. Mir gefiel es sehr gut, da es Denkanstöße gab, die ich sonst nicht gehabt hätte. Sehr oft wird auf das Buch 1984 von Orwell hingewiesen. Einen Stern Abzug gebe ich, da sehr viele Fremdwörter nicht erklärt wurden.

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Cover des Buches Der Tod der Wahrheit (ISBN: 9783608964035)
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Rezension zu "Der Tod der Wahrheit" von Michiko Kakutani

Die Dinge beim Namen nennen
HansDurrervor 4 Jahren

Die 1955 in New Haven, Connecticut, geborene Michiko Kakutani war lange Jahre die von nicht wenigen gefürchtete Literaturkritikerin der New York Times, die speziell die Machos Philip Roth und Norman Mailer nicht ertrug. Wobei: Sie zitiert Philip Roth einige Male und durchaus zustimmend im vorliegenden Buch, das im amerikanischen Untertitel etwas anders als auf Deutsch heisst: „Notes on Falsehood in the Age of Trump“ – das ist nicht unwesentlich, denn vieles, was sie aufführt, nimmt Bezug auf den notorischen Lügner Trump.
 
Zuallererst: Es ist sehr gut geschrieben (und sehr gut übersetzt, von Sebastian Vogel) und es macht deutlich, dass der „Niedergang des rationalen Diskurses“ und der Abnahme der Wertschätzung des gesunden Menschenverstandes sowie der Fakten keineswegs mit Donald Trump begonnen hat (es ist nicht anzunehmen, dass dieser diese Einschätzung teilt). Und es zeigt auf, dass Chaos säen und das Bemühen um die Zerstörung des Staates auf Lenin (man erfährt übrigens auch Einiges über die heutige russische Propaganda) und die Nazis zurückgehen.
 
„Wir fahren schnell, und die Menschen wollen nicht sehen, was auf sie zukommt. Wir Wissenschaftler – wir sind die Scheinwerfer“, zitiert sie einen Doktoranden für Gletscherforschung, der in Grönland mit eigenen Augen gesehen hat, was der Klimawandel anrichtet. „Mundus vult decipi“, sagten die alten Römer, der Mensch will betrogen werden. Das ist nach wie vor so, denn wir ertragen die Wahrheit nicht. Offensichtlicher als heute war das nie, weshalb denn auch dieses Buch im Titel (Der Tod der Wahrheit) wie auch im Untertitel (Gedanken zur Kultur der Lüge) klar benennt, worum es heute geht. Nicht um Meinungsverschiedenheiten, sondern um die Weigerung, die Realität und unser Wissen über diese Realität zu akzeptieren.
 
Getrieben werden die Wahrheitslügner von Ignoranz und Egoismus. Zu behaupten, eine objektive Wahrheit gebe es nicht, ist leicht, den Gegenbeweis anzutreten ebenso – wäre alles nur Ansichtssache, gäbe es weder das Gravitationsgesetz noch den Tod. Und auch, dass Donald Trump ein ignoranter Egomane ist, gehört nicht zu den „fake news“, sondern ist eine objektive Wahrheit.
 
Michiko Kakutani verweist auf den Postmodernismus, den Narzissmus und den Aufstieg des Subjektivismus. „Mit dem Siegeszug der Subjektivität kam es zur Abwertung der objektiven Wahrheit: Meinung wurde gegenüber von Wissen bevorzugt, Gefühle gegenüber Tatsachen – eine Entwicklung, die sich im Aufstieg Trumps widerspiegelte und ihm Vorschub leistete.“ Diese Entwicklung begann Mitte des 20. Jahrhunderts, man denke an Norman Vincent Peales 'The Power of Positive Thinking' oder das kalifornische Esalen Institute – die Idee von Selbstverantwortung des Individuums für sein Schicksal hat da zum Teil groteske Züge angenommen.
 
Wenn alles nur noch Meinung ist, verschwindet die objektive Realität. Und wenn Loyalität und Gruppenzugehörigkeit als wichtiger bewertet werden als Fakten, heisst das letztlich, dass man nicht bereit ist, das Leben zu akzeptieren wie es ist (unsicher und sich stetig wandelnd). Wunderbar, wie Michiko Kakutani, den postmodernen Theoretiker Jacques Derrida auf den Punkt bringt: „Indem er sich auf die möglichen Widersprüche und Mehrdeutigkeiten eines Textes konzentrierte (und seine Argumentation absichtlich in verworrener, hochtrabender Prosa formulierte), leistete er einem extremen Relativismus Vorschub, der in seinen Auswirkungen letztlich nihilistisch war: Alles konnte alles bedeuten; die Absicht eines Autors spielte keine Rolle, ja, man konnte sie eigentlich nicht einmal erkennen; so etwas wie eine offensichtliche oder dem gesunden Menschenverstand entsprechende Lesart konnte nicht existieren, weil alles eine unendliche Zahl von Bedeutungen hatte. Kurz gesagt, so etwas wie Wahrheit gab es nicht.“
 
Natürlich gibt es die Wahrheit, die Wahrheit der Geburt und des Todes, der Freude und der Schmerzen. Es ist das grosse Verdienst dieses Buches, sich an Fakten zu orientieren, den grösseren Zusammenhang zu liefern, vom gesunden Menschenverstand Gebrauch zu machen und die Dinge beim Namen zu nennen. Scharfsinnig und informativ!

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Cover des Buches Der Tod der Wahrheit (ISBN: 9783608964035)
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Rezension zu "Der Tod der Wahrheit" von Michiko Kakutani

Ohne Wahrheit ist die Demokratie verstümmelt
yellowdogvor 4 Jahren

Der politische und Gesellschaftliche Zustand der westlichen Welt ist in einem Zustand, den man noch vor 10 Jahren nicht erwartet hätte. Lügen und Fake-News dominieren und werden allgemein von einer Mehrheit akzeptiert.

Aufschlussreich der Untertitel dieses Buches: Notes on Falsehood in the Age of Trump


Bemerkenswert, dass die Pulitzerpreisträgerin und ehemals gefürchtete New-York-Times-Literaturkritikerin Michiko Kakutani inzwischen politische Texte schreibt. Sie scheut auch keine Polemik. Es wundert auch nicht, dass es immer wieder auch literarische Verweise und treffsichere Zitate im Text gibt. Man kann sogar sagen, dass Literatur die Wurzeln für Michiko Kakutanis Denken in diesem Buch gab. Es gibt sogar einmal einen ausführlichen Ausflug in die Philosophie, z.B. Hanna Arendt, dem Dekonstruktivismus von Derrida und dem Vorfall um Paul de Man. Den kritischen Ansatz, den Folgen des Dekonstruktivismus mitverantwortlich zu machen, folge ich aber nicht.

Viele andere Zusammenhänge stellt die Autorin aber souverän zusammen. Immer wieder wird sich auf Georg Orwell bezogen, auf Huxley, Philip Roth, Stefan Zweig, Klemperer, Thomas Pynchon, David Foster Wallace und viele andere.

Es ist ein sehr amerikanisches Buch, in dem Donald Trumps Methode des Lügens in den Vordergrund gestellt und analysiert wird.


Ein Fazit sehe ich in dem Satz:

„Einfache Gegenmittel gibt es nicht, entscheidend ist aber, dass die Bürger sich gegen den Zynismus und die Resignation wehren, auf die Autokraten und machthungrige Politiker angewiesen sind, um den Widerstand zu untergraben.“


Ein lesenswertes Buch!

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