Noel muss fort. Seine Mutter ist im Krankenhaus, wohl noch eine ganze Weile, und er soll mit dem Mann mit dem Bart mitgehen. In Neuerkerode ist alles anders und doch kommt Noel dort irgendwann auch seelisch an. Ab sofort begleitet der/die Leser*in den Jungen in seiner Weltanschauung.
Noel ist ein hervorragend sympathischer und genialer Protagonist der gerade durch seine menschlichkeit und Authenzität überzeugt. Ich würde ja behaupten man merkt, dass der Autor/Zeichner des Novels sich jahrelang in Recherchearbeiten gestürzt hat um der Seele des Dorfes (Neuerkerode ist ein Ortsteil mit dem Sitz einer evangelische Stiftung für Menschen mit geistigen Behinderungen) 1:1 auf dem Papier einzufangen.
Neben der ungewöhnlichen Perspektive Noels hat mich der Graphic Novel von Mikael Ross noch aus zwei weiteren Gründen fasziniert: Die Zeichnungen. Schon in "der verkehrte Himmel" begeisterten mich die lebhaften und ausdrucksstarken Bilder des Künstlers, hier wirken sie nochmal ganz anders und genauso stark. Die Buntstiftzeichnungen sind außerdem so detailreich wie ich es selten erlebt habe & ebenso heftig habe ich die Macht der Farben gespürt wie hier.
Zweiter Grund ist der Humor oder der Charme. Auch wenn die Grundthematik irgendwo tieftraurig ist, schafft Mikael Ross es stets etwas humorvolles mit einzubauen, ein kleines Lächeln zu hinterlassen das auch bei dunklen Thematiken durchscheint.
"Der Umfall" ist eien mutmachende Geschichte von starken Menschen mit einzigartigen Geschichten. Ich bin so froh, den Band gelesen zu haben.
Mikael Ross
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Der Umfall
Der verkehrte Himmel
Goldjunge
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An einem Sommer in Berlin inmitten Schrebergärten und Plattenbauten kommen die Geschwister Tâm und Dennis einer seltsamen Sache auf der Spur. Eine Sache, die mit einem abgetrenntem Finger in einer Fast Food Tüte zusammenhängt und dem Mädchen das ihnen auf dem Polenmarkt ein Hackebeil für 50 Zloty abgekauft hat. Klingt skurril genug? Dann willkommen bei "Der verkehrte Himmel", denn schon nach den ersten Seite wusste ich, dass der Graphic Novel meinen Vibe absolut trifft. (Berliner) Humor mit super lebensnahen und sympathischen Charakteren, einer spannenden Perspektive (denn Tâm und Dennis sind die Kinder von Vietnamesen, die in der DDR nach Berlin gezogen sind) und Kulturen, die nichtsdestotrotz ähnlich und doch so fern sind.
Der Zeichenstil von Mikael Ross passt hervorragend zu dem Humor den er anschlägt und in emotionalen Momenten ist er herrlich einfühlsam und still, fast schon als wollte er Raum für all die Gefühle lassen die sich auf den Seiten entwickeln.
"Der verkehrte Himmel" ist mehr als nur ein Kriminalfall oder eine seltsame Begebenheit, es ist ein Spurensuchen und ein Identitätsfinden. Neben einigen bekannten Schauplätzen in Lichtenberg (wer kennt nicht das ständig abbrennende Dong Xuang Center) habe ich mich besonders in die herzlichen Figuren verliebt von denen fast JEDE einzelne so authentisch und nah war, dass es fast schon wehtat sie am Ende loszulassen.
Mein 2. Jahreshighlight und ein Comic der mich sowohl zum Lachen als auch zum Weinen brachte - egal wie kitschig das jetzt klingen mag. Achja, Klischees gibt es in diesem Novel tatsächlich wenige, stattdessen urige Gestalten und Leute wie man sie auch wirklich in Lichtenberg treffen würde wenn man in die Tram Linie 21 steigt.
Meine Meinung
Im Dezember 2020 hatte das Musikgenie Ludwig van Beethoven 250-jähriges Jubiläum, zu diesem Anlass wurde bereits im März 2020 eine Comic-Biographie unter dem Titel »Beethoven: Unsterbliches Genie« im Carlsen Verlag veröffentlicht, in der sich Peer Meter & Rem Broo auf skurrile Weise der Persönlichkeit Beethoven annehmen, und zwar an seinem Totenbett.
Auf einem ganz anderen Blatt steht Mikael Ross mit »Goldjunge«, einer weiteren Beethoven-Comic-Biographie, die Ende 2020 im avant Verlag veröffentlicht wurde und sich ausschließlich mit dem Weg des jungen Wunderknaben befasst.
Begonnen mit einer Prügelei in Beethovens Geburtsstadt Bonn, bei der er von Nachbarburschen ganz schön zugesetzt bekommt, zeichnet Mikael Ross das Zuhause des jungen Beethoven in düsteren Farben. Der junge Musikus verlor bereits früh seine Mutter und litt unter der Alkoholsucht seines Vaters, der in Ludwig vor allen Dingen eine leichte Möglichkeit, an Geld zu kommen sah – einen echten »Goldjungen« eben. Auch der Umgang mit den »Hirnfressern«, wie er seine Brüder gerne ruft, ist von Zankereien gespickt.
Die einzige Farbe kommt mit Ludwigs bezaubernder Musik in den Comic, die in überbordenden Linien und Schnörkeln aus den Instrumenten fließt. Sein Traum, einmal vom großen Mozart zu lernen, ist zum Greifen nahe als Ludwig 1786 dank eines Stipendiums nach Wien reist, doch sein zukünftiger Lehrmeister will nichts von ihm wissen und so schlägt sich Beethoven als 15-jähriger Spross alleine durch.
Mikael Ross verleiht seiner Biographie mit allerhand unterhaltsamen Szenen einen witzigen und leichtfüßigen Touch. Natürlich sind nicht alle Begebenheiten wirklich so geschehen, aber diese Ausschmückungen unterfüttern die Geschichte und tun dem Comic unheimlich gut. Besonders angetan hat es mir die kurze Episode von dem Buttenweib mit ihren Eimern, die damals so eine Art öffentliche Toilette war und dem durchfallkranken Beethoven in aller Not zur Verfügung stand.
Zwar konnte Beethoven nicht wie erhofft bei Mozart studieren, dafür nahm sich Haydn seiner an, den Ludwig mit seiner unkonventionellen Musik an den Rand der Verzweiflung brachte. Schließlich gipfelt Mikael Ross sein eindrucksvolles Werk mit Beethovens erstem öffentlichen Konzert 1795. Die Zeichnungen von Ross sind voller Schwung, sodass man förmlich die besondere Musik Beethovens erspüren kann und durch die farblichen Akzente entfaltet sich eine tolle Gesamtwirkung.
Fazit.
In diesem biographischen Comic fängt Mikael Ross die Jugendjahre des berühmten Komponisten Ludwig van Beethoven ein. Besonders gut gefallen hat mir die unterhaltsame Note des Werkes und nicht zuletzt die Verwendung des Wiener Dialekts.
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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 02.03.2021
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