Rezension
Von Milan Kundera habe ich bisher „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ gelesen sowie „Die Unsterblichkeit“. Beide Werke haben mich begeistert, denn Kundera schafft es, wie kaum ein anderer, zwischenmenschliche Beziehungen in ihrer Komplexität festzuhalten und verständlich zu machen.
„Das Buch der lächerlichen Liebe“ hat sich für mich wie eine Sammlung zur „Leichtigkeit des Seins“ gelesen. Es wäre eine perfekte Ergänzung zu seinem großen Erfolg. Dabei geht es nicht um die Protagonisten dieses Romans, sondern um ganz andere Figuren, doch in der Beschaffenheit derer Beziehungen ist gleichsam eine Melancholie, Begierde und Verworrenheit zu finden.
In dem Werk werden sieben Kurzgeschichten erzählt, wobei zwei davon miteinander verbunden sind. Jede Erzählung hat für sich ein anderes Zusammenspiel an Beziehungskomplikationen. Vom Lüstling, dem die Jagd und nicht das Erlegen das Wichtigste ist, zum jungen Journalisten, der sich von einem Mentor in die Geheimnisse des Umwerbens einführen lässt...
Hoch einfühlsam und gerade zu erstickend eng wird man an die Geschehnisse herangeführt. In jeder Geschichte werden Liebe und Lust ad absurdum geführt, wobei Kundera es schafft, dem Leser ein Gefühl für das Figurenpersonal zu vermitteln, ohne die eigentliche Perspektive des Lesers klein zu machen.
Der Mensch durchschreitet die Gegenwart mit verbundenen Augen. Er darf nur ahnen und raten, was er eigentlich erlebt. Erst später wird ihm die Binde abgenommen, und wenn er dann auf die Vergangenheit zurückschaut, stellt er fest, was er wirklich erlebt und welche Bedeutung das Erlebte gehabt hat. - S. 9
Für mich kam das Buch zu rechten Zeit. Liebe ist nicht gleich Liebe. Sie wandelt sich, ist von vielen Dingen beeinflusst und nicht so einfach, wie sie gern von den Medien dargestellt wird. Ich bin Kundera immer wieder dankbar für den seinen scharfen Blick auf das Zusammenspiel zwischen Mann und Frau.
In diesem Punkt liegt jedoch auch meine einzige Kritik begraben. Ich muss gestehen, dass ich es sehr schade finde, dass Kundera nicht auch über homosexuelle Liebe schreibt. Erst dann wäre für mich das Werk komplett gewesen.
Die Sprachgewalt des Autors ist hinlänglich bekannt. Einzelne Sätze fahren einem unter die Haut und lassen nicht mehr los.
Eigentlich bin ich kein Freund von Kurzgeschichten, doch diese Erzählungen sind so intensiv, dass ich mich nicht verwehren konnte.