Cover des Buches Der Rote Krieger (ISBN: 9783453314412)
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Rezension zu Der Rote Krieger von Miles Cameron

Ein endloses Kriegsgemetzel

von horrorbiene vor 11 Jahren

Rezension

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horrorbienevor 11 Jahren
Da hat mich mal ein Klappentext überzeugt, aber aufgrund der Seitenzahl habe ich ernsthaft überlegt, ob das Buch an mir vorbei gehen soll. Doch immer wieder habe ich auf Verlags- und Autorenseite geschielt und das Buch machte einen so guten Eindruck, dass ich trotz bald zum Mond reichendem SUB zugeschlagen habe. Nun halte ich es in den Händen und gebe es nie wieder her! Allein schon das Cover fühlt sich so herrlich rau an, das Papier ist sehr dünn und daher die Bindung so schön geschmeidig – hach, das war Liebe auf den ersten Blick.
Doch die Ernüchertung folgte ziemlich schnell, zog sich die Geschichte beim Lesen wie Kaugummi. Dabei habe ich zu Anfang noch gedacht, dieses Büch könnte einem Vergleich mit dem Lied von Eis und Feuer von George R. R. Martin standhalten, ähneln sich doch Umfang und Komplexität. Denn auch bei Der rote Krieger spielen Politik und Intrigen eine große Rolle und es treten sehr viele verschiedene Personen auf, bei denen ich ehrlich gesagt am Anfang keinen Überblick gewinnen konnte. Auch die Orte, an denen die einzelnen Episoden handeln haben sich mir trotz Karte manchmal nicht erschlossen. Was vielleicht auch daran liegen mag, dass die Himmelsrichtungen im Fließtext eindeutig vertauscht waren. Da liegt der Vorteil eindeutig bei Martin: Er lässt alle wichtigen Fitguren (außer einer) einmal an einem zentralen Ort zusammentreffen, von wo aus sich die Geschichte weiterentwickelt. Außerdem schafft er es durch die verschiedenen einer Perspektive zugeordneten Kapitel die Charaktere plastisch und glaubhaft werden zu lassen. Ich konnte mir die Figur beim Lesen stets prima vorstellen und deren Handlungen nachvollziehen. Bei diesem Buch hier sind die Charaktere viel zu blass gezeichnet, so dass ich Nebencharaktere häufig verwechselte, deren Ambitionen nicht nachvollziehen konnte und auch keinen Zugang zu ihnen fand. Und dass, obwohl Cameron ähnlich wie Martin innerhalb eines Kapitels einzelne Episoden aus der Sicht einer Figur schildert. Auch der große Zusammenhang war nach knapp 400 Seiten nicht zu erkennen: Überall wird gegen die Wildniss gekämpft, doch das war es auch schon. Dies ist für ein über 1000 Seiten starkes Buch viel zu wenig! Vielleicht ist auch Camerons Schreibstil (oder die Übersetzung?) zu dröge, jedenfalls hatte ich sehr oft mit mir zu kämpfen, ob ich weiterlesen wollte. Meist waren andere Dinge interessanter oder meine Gedanken schweiften ab. Das passiert mir in der Form eigentlich eher selten. Auf diese Weise können 1160 Seiten sehr, sehr lang werden. Dabei favorisiere ich eigentlich stets ein langes, ausführliches und dabei atmosphärisches Buch.
Ab ca. 400 Seiten gelang es mir das Buch schneller zu lesen, da die Figuren endlich hinreichend bekannt waren. Doch Lesefreude mochte noch nicht aufkommen, blieben die Intention und Hintergründe über eine sehr lange Zeit noch sehr vage. Außerdem ist der gesamte Inhalt des Buches extrem kriegslastig. Ich habe kein Problem mit Kriegsschauplätzen und einer gut geplanten Schlacht als Finale, doch hier wird pausenlos gekämpft und dies verliert bei einer solch hohen Seitenzahl schnell seinen Reiz vor allem weil ein einzelner spektakulärer Kriegszug oder Niederringen eines Gegners in dieser ungeheuren Masse einfach unbedeutend werden und die zunächst angedeutete Politik und Intrige dann doch nicht zum Zuge kam. Dies hatte dann auch zum Ergebnis, dass das Buch kein wirkliches Finale hatte: Da vorher bereits stest gekämpft wurde, gingen die entscheidenden Kämpfe völlig in der Masse unter und schwupps war der Krieg vorbei. In dessen Anschluss gab es noch ein etwas 100 Seiten langes Gepläkel, dass das nächste Buch vorbereiten soll und mit diesem im Grunde nichts mehr zu tun hatte.
Dennoch kann ich dem Buch nicht abstreiten, dass die Idee dahinter zwar nicht außergewöhnlich, aber gut war. Auch die Umsetzung wird sicher seine Anhänger in der Leserschaft finden, für mich jedoch hätten gut und gern 600 Seiten Krieg und Kampf gekürzt werden können und dann wäre in diesem Buch immer noch nichts außer Krieg und Kampf passiert…
Außerdem hätte das Buch besser Der rote Ritter heißen sollen, denn im Buch gibt es nur einen solchen und keinen roten Krieger. Zudem wäre dies auch die korrekte Übersetzung des Originaltitels.

Fazit: Möchte man eine tiefgründige, vielschichtige Geschichte lesen, bei denen Krieg, Politik und Intrige eine Rolle spielen und dazu gut geschrieben ist und einem die Charaktere ans Herz wachsen, so empfehle ich besser Das Lied von Eis und Feuer von George R. R. Martin zu lesen als dieses hier. Möchte man ein Geschichte über eine eingeschworene Söldnertruppe lesen, die man durch so manche Schlacht begleitet und man hofft und bangt, dass alle durchkommen und nebenbei die Welt rettet, so empfehle ich lieber Die Chroniken des Raben von James Barclay zu lesen als dieses hier. Denn hier ist weder die Geschichte spannend und athmosphärisch, noch sind die Charaktere greifbar und mit einer Seele behaftet, so dass man wissen möchte, wie es mit ihnen weitergeht.
Ich würde eigentlich immer ein langes, atmosphärisches Buch einem kurzen und daher vielleicht spannenderem Buch vorziehen, doch dieses hier war definitiv nichts für mich – trotz des anfänglich genialen äußeren Eindrucks des Buches. Es ist langweilig, belanglos und zum Glück in sich abgeschlossen, so dass ich mich nicht genötigt fühlen muss, die Fortsetzung(en) zu lesen! Denn das Lesen von Der rote Krieger war im Grunde genommen eine Qual und ich hätte besser auf mein anfängliches Bauchgefühl hören sollen!
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