Cover des Buches Die letzte Stunde (ISBN: 9783453271685)
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Rezension zu Die letzte Stunde von Minette Walters

Eine starke Frau inmitten von Pest und Mord – historischer Roman mit Höhen und Tiefen

von Seehase1977 vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Starke Protagonisten, sprachgewandt und tiefgründig geschrieben. Das Ende und die Worte Fortsetzung folgt...überraschen negativ. schade

Rezension

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Seehase1977vor 6 Jahren
Im 14. Jahrhundert erreicht der schwarze Tod Südengland und löscht innerhalb kürzester Zeit ganze Dörfer und Landstriche aus. Angst und Panik beherrschen das Land und die Menschen. Nur in dem herrschaftlichen Anwesen Develish werden die Menschen von der Pest verschont, weil Lady Ann, die Herrin von Develish mutig und entschlossen für das Leben ihrer Schutzbefohlenen kämpft, fern von gesellschaftlichen Konventionen. Sie lässt die Zugbrücke des Anwesens verbrennen und befielt sämtliche Hygienemaßnahmen die möglich sind einzuhalten. Obwohl die Pest die Bewohner von Develish allem Anschein nach nicht erreicht, erschüttert ein merkwürdiger Todesfall die Gemeinschaft. Kann Lady Ann allen Widrigkeiten die Stirn bieten und alles zusammenhalten oder werden sich die Menschen von Develish gegen sie auflehnen?...

Meine Meinung:
Ich liebe die Krimis von Minette Walters, ihren Stil und ihre Art zu schreiben. Mit ihrem historischen Roman „Die letzte Stunde“ begibt sich Walters auf ganz neue Terrain und hat selbstverständlich meine Neugier geweckt. Trotz Höhen und Tiefen ein wunderbar geschriebener und hervorragend erzählter Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.

Lady Ann ist die Frau des selbstgefälligen und hartherzigen Sir Richards, die Mutter einer verwöhnten und einfältigen Tochter und heimliche Herrin und Verwalterin des Anwesens Develish in Dorseteshire, Südengland.

Während der Abwesenheit Sir Richards bricht im Land die Pest aus und rafft ganze Dörfer und ihre Bewohner dahin. Lady Ann beschließt, Develish und die Menschen die dort leben zu retten und lässt kurzer Hand die Zugbrücke verbrennen. Develish ist von nun an von der Außenwelt abgeschnitten und auf sich gestellt. Sie ernennt den Bastard und Leibeigenen Thaddeus Thurkell zum Verwalter und steigt dadurch noch weiter im Ansehen unter ihren Schutzbefohlenen. Doch als wäre die Sorge um die Essensvorräte und die Angst vor der Pest nicht genug, erschüttert bald ein schrecklicher Todesfall die Bewohner von Develish.

Derweil Lady Ann mit all ihrer Macht versucht, die Gemeinschaft zusammenzuhalten, ahnt Thaddeus, dass es sich hier nicht um einen tragischen Unfall, sondern um kaltblütigen Mord handeln muss. Der junge Verwalter versucht nun auf seine Weise und auf eigene Faust die Menschen des Anwesens zu retten.

Minette Walters erzählt weitschweifig, ausführlich und sprachgewandt und zeichnet so ein fesselndes und beeindruckendes Portrait einer Epoche, in der eine grausame und Tod bringende Krankheit die Menschen in Angst und Schrecken versetzt hat. Bilder aus dieser Zeit entstehen vor dem geistigen Auge des Lesers, das harte Leben und das Leid der Menschen, der Kampf ums Überleben, der Gestank verwesender Leichen, diese Eindrücke und Bilder sind beinah allgegenwärtig und machen die Geschichte lebendig und authentisch.

Klar ist, dass die Story erst durch ihre Protagonisten so richtig mit Leben erfüllt wird. Vor allem beindruckt hat mich die selbstbewusste und für die Zeit schon sehr emanzipierte Lady Ann, die mit viel Sanftmut und Menschenverstand weise und richtige Entscheidungen trifft. Eine Frau, die sich nicht in den Vordergrund stellt, sondern der das Leben der Menschen am Herzen liegt, unabhängig von ihrem Stand und Rang in der Gesellschaft. Jeder einzelne Charakter in diesem historischen Roman spielt seine ganz eigene und wichtige Rolle, jede Figur hat seinen Platz und wie bei einem Puzzle fügt sich alles zu einem großen Ganzen zusammen.

Trotz einiger Längen und langatmigen Passagen konnte mich das Buch absolut fesseln, ich wollte nichts mehr als den Ausgang der Geschichte erfahren. Umso enttäuschter war ich dann vom Ende. „Fortsetzung folgt…“, was für bittere Worte, wenn man sich nichts mehr herbeisehnt als ein zufriedenstellendes und großes Finale! Schade…

Mein Fazit:
„Die letzte Stunde“ von Minette Walters ist ein grandioser und bildhafter historischer Roman. Sprachgewandt und atmosphärisch erzählt Walters von einer unheilvollen Zeit, einer Zeit in der einen tödlichen Krankheit Leid und Trauer über die Menschen bringt. Es ist die Geschichte einer starken Frau mit viel Persönlichkeit und Ausstrahlung, die mit durch ihr Handeln dem Schrecken die Stirn bietet. Über die gelegentlichen Längen lässt sich durchaus hinwegsehen, die Tatsache hingegen, dass nicht von vorne herein klar war, dass es sich um den ersten Teil einer Reihe handelt, war allem Anschein nach nicht nur für mich, sondern auch für viele andere Leser sehr enttäuschend! Hier hätte ich mir von vorne herein Klarheit gewünscht, ansonsten ist „Die letzte Stunde“ ein wirklich gelungener und lesenswerter historischer Roman.
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