Es gab wohl lange keine Leseerfahrung bei einem Buch für mich, welche mich so lange mit ambivalenten Eindrücken schlicht überwältigt und manchmal gar verzweifelt hat. Immer wieder verliert man sich doch in den ausufernden Traumsequenzen des namenlosen Ich-Erzählers und düster, phantastischen geschilderten Bukarests während des Ceaucescu Regimes im Sozialismus. Wenn die Wirklichkeit zu niederschmetternd trist erscheint und kaum auszuhalten ist, bleibt oft nur die Flucht in den Traum, die Wirklichkeit mit Hilfe aller Sinne ganz anders wahrzunehmen und sich eine eigene magische Welt zu konstruieren, in dem man mit seinem individuellen Bewusstsein seine wirkliche Befriedigung und Sinnsuche erstrebt.
Manchmal kommt einen die Reise durch das wahnhaft phantastische Gedankenkonstrukt des Erzählers doch sehr ermüdend vor. Zu oft wiederholen sich die neurotischen, schmerzhaften Reflexionen des Erzählers, auch wenn es eine unglaubliche Ausgestaltung sprachlicher Vielfalt beinhaltet. Mysteriöse Magnetfelder durchziehen das alte Bukarest und die an elektromagnetische Teslaspulen erinnernde Solenoids erschaffen die unsichtbar, und trotzdem spürbaren geheimnisvollen Energien, mit dem der Protagonist in Verbindung tritt und versucht mittels Synästhesie zu verschmelzen und deren Geheimnis und sich selbst zu durchleuchten.
Die mäandernden parataktischen Sätze sind reich an Metaphorik und einem poetisch ästhetischen Stil, oft sehr pathetisch, in dem man versinken oder herausfallen kann. Schon früh ahnt man, das es keine zielführende Handlung im eigentlichen Sinne geben soll und die Orientierung durch den Dschungel der Beschreibungen und paralysierenden Beschreibungen schwer fallen muss. Obwohl viele der Motive, wie die Verknüpfungen der ersten Leseerfahrungen des Protagonisten zum geheimnisvollen Voynich-Manuskripts und Entdeckung des unterirdischen Magnetfeldes wunderbar ausgearbeitet sind.
Äußerst raffiniert und unfassbar detailreich geschildert, ist auch der organische Bezug zum Mikrokosmos der parasitären Kreaturen, der Insekten und Milben. Wer immer mal wissen wollte, wie es sich anfühlen könnte, "in der Haut"eines der kleinsten und für uns wohl absonderlichsten Lebewesen zu Stecken, kann dies hier wirklich beinahe wahrhaftig zu spüren bekommen.