Rezension zu "De bello phallico" von Miriam Pobitzer
*Erst durch die Betrachtung der Geschichte auch mit weiblichen Augen wird klar, dass die gesellschaftlichen Unterscheidungen zwischen Frau und Mann und die unterschiedliche Geschlechterbewertung nicht von ungefähr kommen, sondern eine lange dynamische Entwicklung haben.*
Die kulturelle Entwicklung der Sexualität im Spiegel der Gesellschaft wird hier mit Fokus auf die weibliche Sexualität betrachtet. Von der „Lust“ der Frühgeschichte über die „Last“ und den „Frust“ der patriarchalisch geprägten mitunter von asexuellen Frauen denkenden Phasen hin zum „Leben“ und der wünschenswerten „Lebenslust“ ziehen die Kapitel einen Faden durch die Geschichte.
Aufbauend auf gute Argumente erschien mir das erste Kapitel „Lust“ - das frühe Kulturen bis hin zu den alten Griechen betrachtet – sehr enthusiastisch beschrieben was die Auslebung weiblicher Sexualität betrifft. Mir waren die Interpretationen der Kultgegenstände (von denen einige abgebildet sind) jedenfalls zu einseitig und positiv, auch wenn ich viele der zugrunde liegenden Argumente nachvollziehen konnte. Dadurch bildete diese Einleitung einen großen Kontrast zu den nachfolgenden Kapiteln „Last“ und „Frust“ die einen Ausschnitt der Entwicklung der Sexualität betrachten. Hier werden Moralvorstellungen, Gesetze und Einstellungen in Verbindung mit neuen Gesellschaftsstrukturen gestellt. Besonders interessant fand ich die Beschreibungen und Behandlungsmethoden der Frauenkrankheit Hysterie. Die positiver eingestellten Kapitel, die das Umdenken kritisch betrachten schließen das Buch ab.
Ich hatte mir einen umfassenderen Einblick in die Kulturgeschichte der Sexualität erwartet, hier aber den reinen Blickwinkel der weiblichen Sexualität gefunden. Dabei wurde viel auf Interpretationen gesetzt, die ich nicht immer so annehmen konnte, wie sie vorgestellt wurden. Besonders auch die Einstellung zur heutigen Gesellschaft und weiblichen Sexualität hat sich doch von meiner Meinung unterschieden und ich fand sie nicht immer der Realität einer Gleichstellung zwischen Männern und Frauen entsprechend.
Fazit: Einige Informationen fand ich interessant – als Ganzes waren aber sehr viel Interpretationen und wenige Fakten in die Arbeit eingebaut. Manchen davon konnte ich nicht zustimmen. Wobei mich der Gedanke jahrhundertealte Tabus anzugehen angesprochen hat.