Josephine hat noch nicht einmal die dreißig erreicht, und schon ist sie Witwe. Ein Autounfall hat ihren Gatten Fred aus dem gemeinsamen Leben gerissen. Auf der Beerdigung sieht sie nach zehn Jahren zum ersten Mal ihre Eltern wieder. Kein leichter Schritt auf sie zu. Ihre Freundin Klara und Freds Eltern sind ihr in dieser schweren Zeit mehr Stütze als ihre zu wohl gesitteten Eltern. Während ihr Vater zaghaft versucht ihr nahe zu stehen, kann ihre Mutter nicht anders als standesgemäß die Nase zu rümpfen wegen der ihrer Meinung nach nicht würdigen Zeremonie.
Josephine hat dafür keinen Nerv. Der Krieg ist vorbei. Die Schweiz ist isoliert, selbsterwählt. Das Geschäft ihres Mannes steht vor dem Ende. Fred hatte mit viel Engagement eine Auskunftsstelle für vermisste Personen eröffnet. Nach dem Krieg eine lohnende Sache. Doch nun? Das Mobiliar wird sie sicher verkaufen, den Mietvertrag auflösen. Und dann? Als Frau? In einem Land, das erst 1971 formell Frauen zur Wahl zuließ. So schwarz ihr Trauerflor, so düster die Zukunft.
Es ist Freitagabend, fast alle Geschäfte haben schon geschlossen. Da klopft es an der Tür. Die Agentur ist eigentlich schon nicht mehr existent. Wer will um diese Zeit noch etwas von ihr, fragt sich Josephine. Jetzt in diesem ersten Moment des Gedankensortierens, des ersten Moments der Ruhe – wer stört um alles in der Welt diesen Moment?
Eine seltsame Gestalt steht erst vor, dann in der Tür. Turban, weitfließendes Gewand, stark parfümiert und geschminkt. Sie müsse unbedingt zu Fred Wyss. Nur er könne ihr helfen ihre seit einer Woche verschwundene Freundin zu finden. Josephine ist irritiert ob des Aufzugs. Reißt sich aber zusammen und gibt die traurige Kunde vom Tod ihres Mannes bekannt. Jetzt stehen sich zwei geschockte Frauen gegenüber. Hilflosigkeit auf beiden Seiten. Edda Kurz, so die abendliche Besucherin gibt Josephine ihre Nummer aus dem Cabaret Voltaire. Dort sei sie immer zu erreichen. Josephine hat vom dem ungewöhnlichen Ort gehört. Hier wird alles, was bisher in der Kunst Bestand hatte auf den Kopf gestellt. Auch der Stern des Cabarets schon wieder langsam zu sinken droht.
Von nun an wird auch Josephines Leben gehörig auf den Kopf gestellt. Der ziemlich barsche Besuch ihrer Mutter, Klaras Zuspruch und ein Besuch im Cabaret Voltaire lassen Josephines Lebensmut zurückkehren. Und sie nimmt den Auftrag Eddas Freundin zu finden an. Doch wer wird sie bezahlen? Denn Edda wird auf offener Bühne erschlagen…
Miriam Veya zeichnet einen ungewöhnlichen Lebensweg einer Frau nach, die in schwierigen Zeiten eine Wende nach der anderen vollziehen muss. Steine aus dem Weg zu räumen, das schafft sie. Aber dass ihr auch noch Menschen nach dem Leben trachten … damit hatte sie nicht rechnen können. Ein spannender Krimi, der den Leser mehr als hundert Jahre zurückführt, in eine Zeit, in der nichts mehr ist wie es mal war. Mehr davon!