Rezension zu "HeXXen 1733: Das Buch der Regeln" von Mirko Bader
Ich habe eine kurze Runde HeXXen 1733 auf der RPC 2018 gespielt und war begeistert. Also habe ich es direkt gekauft, als es endlich veröffentlicht war. Jetzt habe ich es auch durchgelesen und eine Runde bereits gespielt.
Allgemeines:
Das ist eines der schönsten Grundregelwerke, die ich bisher in den Händen halten durfte. Der glänzende Aufdruck auf dem grünen Umschlag macht Einiges her. Die Seiten sind auf gutem Papier farbig bedruckt und die Schrift lässt sich gut lesen.
Leider nicht immer, da für Anekdoten aus der realen (unseren) Geschichte in kleinen Textkästen eine sehr verschnörkelte und dadurch schwer zu lesende Schrift gewählt wurde. Auch kurze Regelergänzungen, die an der Seite in rot zu finden sind, sitzen manchmal am vollkommen falschen Platz. Oft wurde die zugehörige Regel auf der vorigen Seite behandelt.
Sehr nervig finde ich auch die vielen Rechtschreib- und Zeichenfehler. Bereits im Inhaltsverzeichnis findet man einen. Gefühlt bin ich etwa alle 5 Seiten über solche Fehler gestolpert. Ich hatte bei diesem Preis deutlich mehr erwartet.
Die Welt:
HeXXen 1733 entwirft ein Alternativ-Szenario der Geschichte, in dem 1640 das Tor zur Hölle geöffnet wurde. Seitdem hausen erneut widernatürliche Kreaturen unter uns: Hexen, Vampire, Werwölfe, Dämonen, ...
Die Idee finde ich sehr cool, der informative Teil zur Welt liest sich auch wirklich gut. Ich hatte auf jeden Fall meinen Spaß, diese neue Welt in mich einzusaugen.
Das System:
Man würfelt mit sechsseitigen Würfeln. Es gibt zwar spezielle HeXXen-Würfel mit den passenden Symbolen darauf, normale W6 reichen aber auch. Es funktioniert mit Erfolgen, je mehr man davon hat, desto besser. Es gibt auch sogenannte Espritsternsymbole, die entweder 1/2 Erfolg sind oder zur Nutzung spezieller Kräfte genutzt werden. Ist man einmal hinter das System gestiegen (ich hatte bisher nur Erfahrung mit Cthulhu und ein wenig DSA), macht es wirklich großen Spaß, vor allem, wenn man mal wirklich 10 oder 15 Würfel rollen lässt. Ein bisschen mühsam ist das Erfolge zählen, das hat meine Gruppe häufig etwas herausgerissen. Bei der Testrunde auf der RPC hatte ich das ebenfalls schon gemerkt.
HeXXen 1733 ist stark kampflastig. Das merkt man schon an den Fertigkeiten und auch an den Kräften der "Jäger". Fertigkeiten sind ausgeglichen, was kämpferische und nichtkämpferische angeht, und die Kräfte dienen hauptsächlich zur Verbesserung seiner Kampffertigkeiten. Die Kämpfe sind sehr zackig und machen ziemlich Laune, allerdings muss man aufpassen, dass man es nicht zu sehr überstrapaziert. Ich hatte in 4 Stunden 2 Kämpfe und vor allem am Ende des 2. Kampfes merkte man Ermüdungserscheinungen, sowohl bei Spieler als auch bei Spielleiter
Aufbau des Regelwerks:
Und hier fangen meine Probleme mit diesem Regelwerk erst richtig an. Der Aufbau ist leicht verwirrend. Man wird zwar gut durchdacht zuerst durch Grund-, dann durch Kampf- und Zusatzregeln geführt, aber oft fallen schon früh Begriffe, die erst sehr viel später gut erklärt werden. Häufig musste ich viel hin und her blättern, um alles zu verstehen.
Der Regelteil ist dafür nicht allzu groß. Man meint zwar, dass es viele Regeln sind, aber später im Spiel werden Vorgänge, die lange und ermüdend erscheinen, innerhalb von Sekunden abgehandelt. HeXXen 1733 möchte mehr auf cineastische Beschreibungen setzen als auf zu viele Regeln.
Nett finde ich auch die Zusammenfassungen bestimmter Regelabläufe, etwa des Stufenaufstiegs. Will man schnell nachsehen, wie genau dieser Teil funktioniert, muss man nicht gleich mehrere Seiten durchblättern, sondern kann kompakt auf einer Seite darauf zugreifen.
Es gibt insgesamt 10 Archetypen, die allesamt interessant gestaltet sind und mit denen man auch die erste Runde bestreiten sollte. Zu jedem Charakter gibt es eine Geschichte. Teile dieser werden in kurzen Kapiteln (meist nur eine Seite lang) wie aus einem Roman erzählt. Ich fand diese Geschichten immer wunderbar stimmig und haben den Charakter direkt mehr leben lassen.
Wirklich geärgert hat mich aber der Satz "Hier befinden sich nur XX Rollen/Motivationen/was auch immer. Dies wird sich in zukünftigen Publikationen ändern. / Die Auswahl wird in zukünftigen Publikationen steigen." Bitte, was? Und das kam nicht nur einmal vor, diesen Satz durfte ich vor allem ab der Jägererschaffung recht häufig lesen. Im Grunde können sie ja gerne manche Dinge erst in späteren Publikationen den Regeln hinzufügen, aber warum müsst ihr mir das so unter die Nase binden?
Am besten fand ich da die Meisterprofessionen. Eine Überschrift, kurze Erklärung und dann: "In diesem Buch sind keine Meisterprofessionen beschrieben. Dies wird sich in zukünftigen Publikationen ändern." Ich komme mir leicht verarscht vor. Ich meine, ihr habt die Meisterprofessionen offensichtlich bereits ins Regelsystem integriert, verwehrt sie mir aber trotzdem. So als hätte ich ein Spiel gekauft, in dem ein ganzes Gebiet zwar bereits enthalten ist, ich es aber erst nach dem Kauf des DLCs betreten kann. Von mir aus hätte nicht einmal etwas über Meisterprofessionen drin stehen müssen, dann hätte ich nämlich irgendwann das Buch "HeXXen 1733: Meisterprofessionen" (oder wie auch immer es dann heißen wird) entdeckt und gedacht: "Geil, coole Erweiterung, kaufe ich." Jetzt weiß ich aber, dass ich das niemals tun werde.
Für 40€ so an der Nase herumgeführt zu werden, finde ich doch sehr dreist.
Auch der Teil über die Kreaturen der Nacht ist wirklich sehr mager ausgefallen. Auf lachhaften 20 Seiten gerade einmal 7 verschiedene Arten von Monstern, darunter nur 8 verschiedene Bandengegner (die trifft man am häufigsten in den Abenteuern). Mir ist das deutlich zu wenig, immerhin geht es doch um den Kampf gegen das Böse, da sollte man auch eine große Menge dieser kennen und bekämpfen können.
Fazit:
Alles in allem ist das ein passables Regelwerk, dass sehr kampfbetont ist und vor allem durch die Idee der Welt besticht. Meine Gruppe möchte in Zukunft mehr in dieser spielen und lobt auch die zackigen Kampfhandlungen (wenn man den Kampfanteil nicht zu sehr überwiegen lässt). Für das System brauchte ich ein wenig Einarbeitungszeit, aber das stellt das kleinste Problem dar, da die Regeln sehr einfach gehalten sind.
Probleme habe ich allerdings mit der Aufmachung, den Fehlern und den fehlenden Inhalten, die mir wie eine Süßigkeit im Schaufenster gezeigt werden, für die ich aber noch einmal extra zahlen werde müssen.
Wenn ich den Vergleich mit Cthulhu ziehe, dann zahle ich bei Cthulhu nur die Hälfte und bekomme beinahe das Doppelte an Seiten und Material, plus zwei Abenteuer, mit denen ich direkt starten kann. Die fehlen im "Buch der Regeln" nämlich auch.
Ich habe und werde auch weiterhin meinen Spaß mit dem Regelwerk haben. Ich empfehle aber zuerst die Schnellstartregeln zu lesen, eine Runde zu spielen und sich dann eine Menge Gedanken zu machen, ehe man 40€ für dieses Produkt ausgibt.