Rezension zu "Bel Veder" von Mirko Beetschen
Seit Goethes Werther wissen wir: Wenn ein Herausgeber ein Buch einleitet, dann nimmt es mit den erzählenden Figuren kein gutes Ende. So auch hier. Bereits im Vorwort wird erwähnt, dass es am Ende mindestens fünf Tote gibt: Eine - die Besitzerin des Hotels Bel Veder - kommt 1970 beim Brand des Gasthaues ums Leben, bei Aufräumarbeiten findet man vier weitere Leichen, die offenbar schon einige Jahrzehnte länger tot sind. Dieses Wissen im Hinterkopf folgte ich den Erbstreitigkeiten, die den Kern der Romanhandlung bilden, mit größtem Interesse, nicht zuletzt, weil die Erzählung von Beginn an zu fesseln weiß und Beetschen die bedrohliche, düstere Atmosphäre dauerhaft im Schwelen zu halten versteht. Fünf Personen, die ein Anrecht auf das Erbe des Anwesens haben, finden sich Ende der 1940er Jahre in dem verlassenen Hotel im Berner Oberland ein, einem Gebäude, für das Stephen Kings Hotel aus Shining Pate gestanden haben könnte, nicht nur wegen der abgeschiedenen Lage, sondern auch wegen der unheimlichen Vorkommnisse, die so unerwartet eintreffen, dass ich beim ersten Mal, völlig in die Handlung versunken, vor Schreck richtiggehend zusammengezuckt bin. Während sich die beängstigenden Begebenheiten häufen, stellt sich zunehmend die Frage, ob wirklich eine_r der Anwesenden die Nerven der anderen strapaziert oder ob es sich nicht vielleicht doch um paranormale Aktivitäten handelt, deren Auslöser in der Geschichte des Erblassers zu suchen sind, der als Afrikareisender mit Vodoozauber in Berührung kam. Bel Veder ist ein spannender Thriller in kammerspielartigem Szenarium, bei dem hinter jeder Tür eine unheimliche Wendung lauert. Und hinter der letzten, die geöffnet wird, die unheimlichste.