Cover des Buches Goodbye, Jehova! (ISBN: 9783499628917)
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Rezension zu Goodbye, Jehova! von Misha Anouk

Verschenktes Potential

von Lobpreisfreak vor 9 Jahren

Rezension

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Lobpreisfreakvor 9 Jahren
Ich habe mir viel Zeit mit der Rezension dieses Buches gelassen, weil ich es schwierig fand, es zu bewerten. Das liegt vor allem daran, dass nicht deutlich ist, was diese Monographie eigentlich sein möchte. Sie geht nicht stringent in eine Richtung. Dafür mit wackelnden Ansätzen in viele.
Zunächst einmal ist "Goodbye, Jehova!" ein Erfahrungsbericht mit der vielleicht größten Sekte der Welt. Mitunter ein sehr persönlicher. Das wird auch durch den Stil unterstrichen, der zweifelsohne dem eines persönlichen Gespräches nachempfunden ist. Die Folge sind nicht selten flapsige, sehr umgangssprachliche Formulierungen, die einige Rezensenten bereits dazu gebracht haben, das Buch als "sprachliches Desaster" zu bezeichnen. Dies ist sicherlich unfair. Es zieht nur das konsequent durch, was es sein will: ein persönliches Gespräch, was stets durch die Persönliche Anrede "Du" - was vielleicht wiederum einige Leser abschreckt - unterstrichen wird. Aber will es das.
Der Autor weist wiederholt darauf hin, dass seine Kritik den Zeugen Jehovas, ihrem Lehrgebäude und vor allem der Wachturm-Gesellschaft geht. Da kommt man um eine Kritik der Bibelauslegung der Zeugen nicht herum. So weit, so gut. Trotzdem hat man nicht selten das Gefühl, dass die Bibel und ihre Inhalte selbst - und damit auch alle auf ihr basierenden Glaubensgemeinschaften, wie Formen des Christen- und Judentums - angegriffen werden. Das ist an sich nicht unzulässig, geschieht aber in einer unqualifizierten Art und Weise weil es hier an Kenntnissen der theologischen Exegese mangelt. Das Problem hierbei ist,, dass Leser, die sich mit solchen Dingen sonst nicht beschäftigen, ein verzerrtes Bild nicht nur von den Zeugen, sondern von der Bibel selbst und dem auf ihr basierenden Glauben erhalten. "Das glauben die!?" Nein. Das glauben sie nicht. Das ist auch nicht mal zwingend Ansicht der Zeugen. Nur Ansicht des Autors. Diese ist jedoch nicht ausreichend als solche gekennzeichnet. Anuok verschafft seiner Monographie immer wieder einen pseudowissenschaftlichen Anstrich durch die Zitation mehrerer Quellen. Dadurch bekommt der Leser den Eindruck, "die Wahrheit" und nicht nur eine subjektive Darstellung vor sich zu haben. Viele seriöse Quellen, wie z.B. Max Weber sind dabei. Aber eben auch Dinge wie Christopher Hitchens´ "Der Herr ist kein Hierte" (engl.: "God is not great"), ein Buch, was sicherlich viele Leser gefunden hat, aber lediglich populärwissenschaftlich ist und in der wissenschaftlichen Philosophie kein hohes Ansehen genießt, weil es wissenschaftlichen Standards dieser Disziplin nicht gerecht wird. Auch hier ist wieder das Problem: Der durchschnittliche Leser wird dies nicht wissen. Wenn solche Quellen neben Max Weber auftauchen, hält man sie plötzlich auch für seriös. Und so pendelt Anuok immer zwischen Wissenschaft, Pseudo- und Populärwissenschaft und persönlicher Darstellung hin und her. Es ist nicht klar, was genau diese Monographie erfüllen will und dies birgt die Gefahr, dass der Leser - dank mangelnder Kennzeichnung- , Dinge für wissenschaftlich hält, die es nicht sind.
Ist man aber fähig und gewillt, die Dinge klar zu trennen und bei Bedarf entsprechende Recherche in die Leseerfahrung hineinzustecken und schreckt einen die persönliche Sprache nicht ab, dann ist Misha Anuoks "Goodbye, Jehova!" auf jeden Fall lesenswert.
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