Rezension zu Der Fundamentalist, der keiner sein wollte von Mohsin Hamid
Eine amerikanische Geschichte
von serendipity3012
Rezension
serendipity3012vor 8 Jahren
Eine amerikanische Geschichte
Mohsin Hamids kluge und sehr lesenswerte Essays, die in dem Band „Es war einmal in einem anderen Leben. Ein Leben zwischen Orient und Okzident“ veröffentlicht wurden, und die ich vor ein paar Monaten las, machten so neugierig auf den Autor, dass ich unbedingt etwas Fiktionales von ihm lesen wollte. Es lag nah, zu seinem vielleicht bekanntesten Roman zu greifen: „Der Fundamentalist, der keiner sein wollte“ erschien 2007 und war im gleichen Jahr für den Booker Prize nominiert. Zu Recht? Ganz klar: Ja.
In einem Café in Lahore trifft der Erzähler des Romans, Changez, ein Pakistani, auf einen Amerikaner, dem er an nur einem Abend aus seinem Leben, das heißt, von der Zeit erzählt, die dieser in den Vereinigen Staaten verbracht hat, die Jahre vor und nach dem 11. September 2001. Da der Roman seinen Reiz unter anderem dadurch erhält, dass der Leser nicht weiß, wohin die Geschichte sich entwickeln wird, möchte ich zur Handlung nicht viel verraten, nur so viel: Changez ist zurück in Pakistan, sein Leben in den USA eine abgeschlossene Sache, die sich wohl nicht wiederholen wird, dies wird schnell klar. Warum? Weil er in irgendeiner Form gescheitert ist, obwohl es zunächst nicht danach aussah, hatte er doch einen gutbezahlten, prestigereichen Job, kam zurecht und fühlte sich als einer von ihnen, dazugehörend, so weit möglich, jedenfalls in zufrieden stellendem Maß.
Als Leser weiß man nie, in welche Richtung sich die Geschichte Changez’ entwickelt, will dies aber schon nach wenigen Seiten unbedingt wissen, verliert sich einerseits immer wieder in seinen Schilderungen über ein Leben, das dem unserem sehr ähnlich ist, mit bekannten Problemen im Job und auch in Liebesdingen. Andererseits aber wird man immer wieder zurückgeholt, teils durch Changez selbst, der aus seiner eigenen Erzählung heraustritt und den Amerikaner direkt anspricht, teils auch dadurch, dass man spürt, vielleicht steuern wir auf ein unheilvolles Ende zu, sind uns dessen aber nie sicher. Diese sehr gekonnte Technik macht einen großen Reiz des schmalen Romans aus. Man taucht ab in die Erzählungen Changez’ und wird von ihm „geweckt“, daran erinnert, dass wir in einem Café in Lahore sitzen, wenn er das Verhalten des Amerikaners kommentiert, Fragen beantwortet, die dieser stellt, wobei, und dies ist der zweite Kniff des Autors, der Amerikaner nie selbst spricht. Changez hält einen einzigen, fast 200-seitigen Monolog und alles, was sein Gegenüber tut und sagt, sehen wir nur durch die Augen des Pakistaners. So bleibt der Amerikaner schwer fassbar, schemenhaft, ja, man mag sich sogar zuweilen fragen, ob er wirklich existiert. Wie Hamid seinen Leser zu fesseln weiß, ihn verwirrt, ihn hin- und herschickt zwischen Vergangenheit und Zukunft, ihn im Dunkeln darüber lässt, was das alles eigentlich soll, das ist beeindruckend gemacht und sehr lesenswert.
Da Changez’ Geschichte nur aus seiner Perspektive erzählt wird, wissen wir nicht, was er im Schilde führt – führt er etwas im Schilde? Wir kommen ihm nah, fiebern mit ihm, tatsächlich ist er eine sehr sympathische Figur, einfühlsam und klug, sodass uns eine neutrale, eine gleichberechtigte Sicht auf ihn und den Amerikaner verwehrt wird, wir sind parteiisch, wenn auch nie sicher, dass wir nicht doch irgendwo manipuliert wurden. „Der Fundamentalist, der keiner sein wollte“ zeigt uns, wie sich das Klima in den USA nach dem 11. September geändert hat, anhand einer einzelnen, persönlichen Geschichte. Auf klare Schuldzuweisungen, auf eindeutige Antworten wird verzichtet. Ist Changez das, was der Titel uns vorschlägt? Ein widerwilliger Fundamentalist? Einer, der in diese Rolle gedrängt wurde? Sie sich selbst aussuchte? Hamids Roman ist zwar von schmalem Umfang, aber dennoch komplex. Er verweigert eine Einteilung in Gut und Böse, die es nicht geben kann. Er stellt die richtigen Fragen. Und das soll gute Literatur ja schließlich tun.
Mohsin Hamids kluge und sehr lesenswerte Essays, die in dem Band „Es war einmal in einem anderen Leben. Ein Leben zwischen Orient und Okzident“ veröffentlicht wurden, und die ich vor ein paar Monaten las, machten so neugierig auf den Autor, dass ich unbedingt etwas Fiktionales von ihm lesen wollte. Es lag nah, zu seinem vielleicht bekanntesten Roman zu greifen: „Der Fundamentalist, der keiner sein wollte“ erschien 2007 und war im gleichen Jahr für den Booker Prize nominiert. Zu Recht? Ganz klar: Ja.
In einem Café in Lahore trifft der Erzähler des Romans, Changez, ein Pakistani, auf einen Amerikaner, dem er an nur einem Abend aus seinem Leben, das heißt, von der Zeit erzählt, die dieser in den Vereinigen Staaten verbracht hat, die Jahre vor und nach dem 11. September 2001. Da der Roman seinen Reiz unter anderem dadurch erhält, dass der Leser nicht weiß, wohin die Geschichte sich entwickeln wird, möchte ich zur Handlung nicht viel verraten, nur so viel: Changez ist zurück in Pakistan, sein Leben in den USA eine abgeschlossene Sache, die sich wohl nicht wiederholen wird, dies wird schnell klar. Warum? Weil er in irgendeiner Form gescheitert ist, obwohl es zunächst nicht danach aussah, hatte er doch einen gutbezahlten, prestigereichen Job, kam zurecht und fühlte sich als einer von ihnen, dazugehörend, so weit möglich, jedenfalls in zufrieden stellendem Maß.
Als Leser weiß man nie, in welche Richtung sich die Geschichte Changez’ entwickelt, will dies aber schon nach wenigen Seiten unbedingt wissen, verliert sich einerseits immer wieder in seinen Schilderungen über ein Leben, das dem unserem sehr ähnlich ist, mit bekannten Problemen im Job und auch in Liebesdingen. Andererseits aber wird man immer wieder zurückgeholt, teils durch Changez selbst, der aus seiner eigenen Erzählung heraustritt und den Amerikaner direkt anspricht, teils auch dadurch, dass man spürt, vielleicht steuern wir auf ein unheilvolles Ende zu, sind uns dessen aber nie sicher. Diese sehr gekonnte Technik macht einen großen Reiz des schmalen Romans aus. Man taucht ab in die Erzählungen Changez’ und wird von ihm „geweckt“, daran erinnert, dass wir in einem Café in Lahore sitzen, wenn er das Verhalten des Amerikaners kommentiert, Fragen beantwortet, die dieser stellt, wobei, und dies ist der zweite Kniff des Autors, der Amerikaner nie selbst spricht. Changez hält einen einzigen, fast 200-seitigen Monolog und alles, was sein Gegenüber tut und sagt, sehen wir nur durch die Augen des Pakistaners. So bleibt der Amerikaner schwer fassbar, schemenhaft, ja, man mag sich sogar zuweilen fragen, ob er wirklich existiert. Wie Hamid seinen Leser zu fesseln weiß, ihn verwirrt, ihn hin- und herschickt zwischen Vergangenheit und Zukunft, ihn im Dunkeln darüber lässt, was das alles eigentlich soll, das ist beeindruckend gemacht und sehr lesenswert.
Da Changez’ Geschichte nur aus seiner Perspektive erzählt wird, wissen wir nicht, was er im Schilde führt – führt er etwas im Schilde? Wir kommen ihm nah, fiebern mit ihm, tatsächlich ist er eine sehr sympathische Figur, einfühlsam und klug, sodass uns eine neutrale, eine gleichberechtigte Sicht auf ihn und den Amerikaner verwehrt wird, wir sind parteiisch, wenn auch nie sicher, dass wir nicht doch irgendwo manipuliert wurden. „Der Fundamentalist, der keiner sein wollte“ zeigt uns, wie sich das Klima in den USA nach dem 11. September geändert hat, anhand einer einzelnen, persönlichen Geschichte. Auf klare Schuldzuweisungen, auf eindeutige Antworten wird verzichtet. Ist Changez das, was der Titel uns vorschlägt? Ein widerwilliger Fundamentalist? Einer, der in diese Rolle gedrängt wurde? Sie sich selbst aussuchte? Hamids Roman ist zwar von schmalem Umfang, aber dennoch komplex. Er verweigert eine Einteilung in Gut und Böse, die es nicht geben kann. Er stellt die richtigen Fragen. Und das soll gute Literatur ja schließlich tun.