Rezension zu "Where the Wild Things Bite (Half-Moon Hollow Series)" von Molly Harper
Anna, eine von Ängsten gesteuerte Bibliographin, hat ein wertvolles altes Buch in ihrer Obhut das sie der Eigentümerin persönlich zurückbringen möchte. Sie steigt deshalb in ein winziges Flugzeug das sie in eine entlegene Kleinstadt bringen soll. Außer dem Piloten Ernie gibt es nur noch einen weiteren Passagier, ein nerviger Schönling namens Finn. Dann geschieht das Unfassbare, der Pilot versucht, das Buch zu rauben, und als ihm dies nicht gelingt, verlässt er per Fallschirm den Flieger. Finn gibt sich als Vampir zu erkennen und rettet sich und Anna durch einen beherzten Sprung aus dem Flugzeug, Sekunden bevor dieses am Boden zerschellt. Da stehen sie nun, inmitten eines riesigen Naturschutzgebietes in Kentucky, viele hundert Meilen entfernt von jeglicher Zivilisation. Ohne Essen, Trinken und in Ballerina Schuhen muss Anna wohl oder übel dem Vampir vertrauen, den sie nicht ausstehen kann.
Annas Charakter und ängstliche Wesenszüge sind sehr gut und glaubwürdig ausgearbeitet. Durch ihre überbehütete Kindheit konnte sie kaum Selbstvertrauen entwickeln, dafür umso mehr Neurosen. Im Kampf ums Überleben verändern sich langsam die Sichtweisen und Ängste von Anna, zum Teil erzwungen durch die Umstände, die Wildnis in der es keine Medikamente oder antibakterielle Feuchttücher gibt. Doch vorallem durch Finn, der ein gutes Gespür dafür besitzt, wie weit er sie herausfordern kann. Mit viel Geduld schafft er es, dass Anna sich öffnet, ihm gegenüber und auch dem Leben an sich. Anfangs kann Anna ihn nicht ausstehen, doch sie lernt schnell, dass sie aufeinander angewiesen sind, und dass sie ihn unterschätzt hat. Es entsteht eine Vertrautheit zwischen beiden die sich in gegenseitige Anziehung wandelt.
Es gibt allerdings auch eine andere Seite, die des nicht unbegründeten Misstrauens, denn Finn ist nicht nur ein Vampir, also ein gefährliches Raubtier, sondern vermutlich auch im Bunde mit Annas Angreifer Ernie. Auch über Finns Hintergrund erfährt man mehr, und auch er macht eine glaubwürdige Entwicklung durch. Finn ist nicht der übliche tolle Vampirheld, er hat eigene innere Dämonen zu bekämpfen.
Mit Situationskomik und ihrem gewohnten Wortwitz, aber auch mit Tiefgang schildert die Autorin zwei Schicksale, denen nichts Besseres hätte passieren können, als dieser Flugzeugabsturz. 5 Sterne für ein weiteres tolles Buch aus der liebenswerten Half Moon Hollow Reihe.