In dieser sogenannten Flugschrift legt die französische Journalistin Mona Chollet, Jahrgang 1973, eine Zusammenfassung feministischer Thesen und Zitate vor, lose verknüpft mit eigenen Stellungnahmen und mit Anekdoten aus Gesellschaft und Politik aufgepeppt.
Im ersten Kapitel erfolgt eine sehr interessante Einführung über die historisch ursprünglich positiv besetzte Figur der Hexe als unabhängige, erfahrene/gebildete/weise, zumeist ältere Frau, und über die Ursachen und Ausmaße der Hexenverfolgung, die noch immer nicht als das kommuniziert wird, was sie war: ein Femizid von gigantischem Ausmaß.
Danach widmet sie sich vier Aspekten der Widerspenstigen Zähmung:
- Der Unabhängigkeit unverheirateter Frauen, welche noch immer als egoistisch oder machtgierig gelten, ihre Verunglimpfung, anstatt ihr Durchsetzungsvermögen zu loben( Hilaryy Clinton, Margaret Thatcher werden gerne negativ Hexen genannt).
-Gewollte Kinderlosigkeit,die in der Gesellschaft immernoch auf Unverständnis, Skepsis, Ablehnung trifft.
-Die alternde Frau und ihre Diskriminierung. Der Verlust, der durch die Ignoranz weiblicher Erfahrung für die Gesellschaft entsteht wird thematisiert und die Frage, ob eben diese Weisheit zu gefährlich anderen Rückschlüssen/Reaktionen führen könnte, weshalb man alte Frauen häufig marginalisiert.
- Zuletzt stellt die Autorin natürlich die Frage nach den gesellschaftlich gewachsenen patriarchalen Strukturen, in Wissenschaft und Berufswelt und zeigt die Schwierigkeiten von Frauen, diese für sich zu nutzen.
Leider konnte mich das Buch nicht wirklich überzeugen.Es wird die Verunglimpfung der Frauenbewegung der Siebziger und Achtziger Jahre und viel Literatur dazu zitiert, aber nicht neu reflektiert. Veränderungen und neue Strömungen sowohl im Auftreten der Frauen (lesbische Ministerinnen, weißhaarige EZB-Präsidentin) und die zunehmende Forschung und Etablierung einer Gendermedizin werden nicht einmal im Ansatz thematisiert. Dass es mittlerweile zahlreiche Stimmen gibt, die eine weibliche Ambivalenz gegenüber Mutterschaft formulieren, bleibt ebenfalls unerwähnt.
Damit verharrt dieses Buch in der Larmoyanz einer überholten Anklageschrift und ist alles andere als die erwartete kraftvolle und fantasievolle Widerlegung alter Vorurteile oder eine feministische Motivation. Zudem ist der zwischen den zahlreichen Zitaten herrschende Ton für mich teilweise schwer erträglich:
„einen anderen Weg, sich dem Schicksal zu entziehen, in der Rolle der aufopfernden Dienerin verschlungen zu werden: keine Kinder aufzuziehen; sich selbst gebären, anstatt Leben zu schenken; eine weibliche Identität erfinden, die ohne Mutterschaft auskommt.“
Ich bin Feministin, aber leider war für mich der Erkenntnisgewinn dieses Buches gleich null. Neue Ideen? Fehlanzeige. Daher leider keine Empfehlung.