Cover des Buches SternSplitter: Das Volk der Bo’othi (ISBN: B0756Z9R7H)
alice14072013s avatar
Rezension zu SternSplitter: Das Volk der Bo’othi von Mona Silver

Was lässt dich zweifeln, wenn dein Herz die Antwort in sich trägt?

von alice14072013 vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Emotional bewegend, aufwühlend und gleichzeitig berührend schön! Ich habe die Geschichte gelebt...

Rezension

alice14072013s avatar
alice14072013vor 7 Jahren

„>>Ich habe geglaubt, dass du mich liebst<<, flüsterte er tonlos. >>Ich war gekommen, um zu sehen, ob du mir verzeihen kannst, was ich dir angetan habe.<<“ ( Zitat S. 57 )


Es ist ein Jahr her, dass Mona Silver in ihrer Novelle „SternRegen“ die rührende Geschichte von Darius Jasnov, einem sehr alten Bo'othi und der Menschenfrau Antonia Sommer erzählte. Die Geschichte einer Liebe, die unmöglich schien und doch so sehr mein Herz berührte, dass ich ewig hätte weiterlesen können. Doch die Geschichte von Darius und Antonia ist noch nicht zu Ende erzählt. In „Sternsplitter“ zeigt uns Mona Silver sehr eindrücklich und bewegend emotional welche Zweifel und tiefe Schmerzen entstehen können, wenn trotz der Liebe, die einen verbindet, Unterschiede tiefe Gräben reißen können, die scheinbar unüberwindlich sind. Die Autorin hat es mit ihrer zweiten Novelle um das Seelenvolk der Bo'othi geschafft, mich in einen Strudel der Gefühle zu ziehen, den ich so nicht erwartet habe. Ich war wütend, verzweifelt und mein Herz ist in tausend Teile zerbrochen. Ich konnte nicht eher ruhen, bis ich nach einer fast schlaflosen Nacht am Ende angelangt war und das Gefühl hatte, meine gesamte mentale Kraft in dieser einen Geschichte zurückgelassen zu haben. Körperlich und emotional am Ende, aber glücklich? Das verrate ich vielleicht im Anschluss..


Klappentext:


„ Toni war kein Sternkind, sie würde niemals zum Volk gehören. Sie würde immer ein Mensch bleiben und er immer ein Bo’othi."


Toni und Darius sind seit über einem Jahr ein glückliches Paar. Die Bo’othi haben die junge Frau in ihrer Mitte aufgenommen, doch für den nahezu unsterblichen Darius bleibt sie ein verletzlicher Mensch, mit dem er behutsam umgehen muss. Toni sehnt sich danach, ihrem Partner endlich auf Augenhöhe zu begegnen. Als sie es wagt, ihn in einem unbedachten Moment aus der Reserve zu locken, reagiert er nicht wie erhofft. Ihre Pläne für eine gemeinsame Zukunft scheinen zerstört. Noch während beide um ihre Liebe kämpfen, werden die Bo’othi vor eine besondere Herausforderung gestellt, die alles verändert. Muss die Geschichte des Seelenvolkes neu geschrieben werden?


Meinung:


„Er hatte den Kopf weit in den Nacken gelegt und war völlig darin versunken, die Energie seiner Heimatsterne aufzunehmen. Toni konnte aus ihrer Position seine himmelwärts gerichteten Augen nicht sehen, aber sie wusste auch so, dass seine Pupillen jetzt groß und sternförmig waren und mit seinem Herzen im Takt pulsierten. Sie liebte es, ihn dabei zu beobachten, wie er von den Sternen trank. Es gab ihr das Gefühl, ein Teil von ihm zu sein, ihm ganz nah sein zu können, und sie fühlte sich stolz, dass sie als einer der wenigen Menschen in die geheime Existenz seines Volks eingeweiht worden war.“ ( Zitat S. 16)


Es scheint ein unausgesprochenes Gesetz aller verliebten Paare zu sein: Irgendwann holt einen die Realität ein. Auch wenn wir noch so glücklich und uns sicher sind, dass die Liebe stark genug ist, sind es doch die unausgesprochenen Wünsche oder verdrängten alten Ängste, die mit einem Mal in unserem Bewusstsein wieder auftauchen. Erst dann wird sich zeigen, ob die Liebe allen Unterschieden und inneren Zweifeln standhält. Das ist auch der Punkt an dem sich unsere Protagonisten nach einem Jahr voller Glück befinden. Manchmal ist es nur ein Fehler, den man unbedacht begeht, der einen aus dem Himmel voller Geigen in ein Meer aus Schmerz und Selbstzweifeln stürzt, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint. Hier setzt Mona Silver ihre Handlung an und ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass der Spannungsbogen sich konstant auf höchstem Niveau hält. Ein Atemholen ist nahezu unmöglich und die schmerzvollen Erlebnisse der Protagonisten lassen den Leser mit dem Gefühl gerade einen Marathonlauf zu bestreiten an den Seiten kleben und dennoch nicht aufgeben. Mich würde es wundern, wenn es auch nur ein Leser schafft, die Novelle in mehr als nur einem Tag und einer Nacht zu lesen. Ich konnte mich nicht lösen. Ich wollte Gewissheit.


Es war die eine Frage, die mich beim Lesen immer wieder beschäftigt hat. Warum nur können wir Menschen uns nie mit dem zufrieden geben, was wir haben? Warum müssen wir alles noch perfekter haben, als es ohnehin schon ist und uns damit alles zerstören, was wir uns so schwer aufgebaut haben?

Für diese Frage steht Antonia (Toni), die obwohl Darius ihr liebevoll und rücksichtsvoll begegnet, doch den Wunsch hat, er würde sich nur einmal fallen lassen und die Grenzen seiner Vorsicht sprengen. Dieser Wunsch lässt sie nicht mehr los und sie begeht aus Neugier und vielleicht auch Naivität den entscheidenden Fehler, ihn in dem einen falschen Moment aus seiner Reserve zu locken. Damit tritt sie eine Lawine aus Schmerz, Zweifel und Ängsten los und scheint damit alles zerstört zu haben, was sie verbunden hat. Ich hätte schreien können! Als Leser wird man hier sehr schnell aus dem wunderbaren Moment des unglaublichen Glücksgefühls in einen dunklen, gewaltigen Abgrund gerissen und scheint an dem folgenden Handeln der Protagonisten zu verzweifeln. Ich weiß im Nachhinein nicht mehr, wie oft ich mir die Haare gerauft habe und meinen Kopf am liebsten vor die Wand geschlagen hätte. Denn Darius und Toni machen es uns nicht leicht.


„Er hatte von Anfang an Recht gehabt. Er war nicht der Richtige für sie. Seine Alte Seele machte ihn zu einem Monster für das sie viel zu jung und naiv war, um sicher bei ihm zu sein“ ( Zitat S. 21)


„Toni war kein Sternkind, sie würde niemals zum Volk gehören. Sie würde immer ein Mensch bleiben und er immer ein Bo’othi.“ ( Zitat S. 22)


Mona Silver schafft es, ihren beiden Protagonisten eine unglaubliche Gefühlstiefe in ihrer doch relativ kurzen Geschichte zu geben, indem sie deren Gedanken und emotionales Erleben sehr fokussiert und detailliert schildert. Beide machen eine sehr eindrückliche Entwicklung durch und konfrontieren uns ungeschminkt mit all ihren positiven und auch negativen Veränderungen.

Ich habe gelitten! Sowohl mit ihnen, als auch wegen so manchen verletzenden Wegen, die sie gegangen sind.

Ich bin verzweifelt an Tonis Naivität zu Beginn der Geschichte. Sie ist eine wirklich loyale und treue Frau, die sehr viel Liebe im Herzen trägt und dennoch manchmal ein wenig blauäugig und stur nach Lösungen sucht, statt die Dinge sensibler in die Hand zu nehmen. Doch ließ ihr Leid und ihr Schmerz mich nicht kalt. Sie war längst in mein Herz vorgedrungen mit ihrer aufrichtigen Liebe. Ich habe so sehr für sie gehofft und bin innerlich mit ihr zerbrochen. Es hat mich sehr beeindruckt, wie sie sich im Laufe des Geschehens zu einer sehr starken Persönlichkeit entwickelt, die es schafft nach vorne zu sehen und ihren Weg zu gehen. Denn nach einer unerwarteten Wendung muss sie eine schwerwiegende Entscheidung treffen und Verantwortung übernehmen für sich und andere. Das meistert sie hervorragend und mit viel Mut.

Darius hingegen hat mich gefühlsmäßig fast an meine Grenzen gebracht. Ich wusste nicht, ob ich ihn schütteln wollte, ihn verfluchen sollte oder in den Arm nehmen wollte. Was ist aus dem liebevollen, durchdachten Mann geworden? Darius entwickelt sich aus der Angst die Frau, die er liebt zu verletzen zu einem äußerlich sturen, harten Mann, der durchaus auch zu Kurzschlusshandlungen und verbohrtem, kindischem Verhalten neigt. Weglaufen und ignorieren als Lösung? Ich wollte ihn hassen. Aber ich konnte es nicht. Denn Darius zeigte uns auch seine andere Seite. Sein zerbrochenes, leidendes Inneres und das war letztlich der Grund, dass ich um ihn geweint habe. Wäre doch nur eine Sternschnuppe am Himmel gewesen. Ich hätte mir für ihn gewünscht, doch endlich aufzuwachen.


„Seine Brust schmerzte. Dort, wo ihre Hand gelegen hatte, brannte seine Haut wie Feuer. Noch nie im Leben hatte er körperliche Schmerzen empfunden, wenn es eigentlich sein Herz war, das die Höllenqualen litt. Er rieb sich über die Brust in dem vergeblichen Versuch, den Schmerz fortzuwischen. Allein, umgeben nur von Bäumen und dem Heulen des Windes, ließ er es zu, dass die Tränen, die in seinen Augen brannten, flossen. >> Ich liebe dich, Toni<<, flüsterte er leise in den Wald hinein. >>Und darum muss ich dich gehen lassen. Ich muss stark für uns beide bleiben. Ich tue das nur für dich.<<“ (Zitat S. 53)


Doch kann ein Mann, der seit 400 Jahren gelernt hat, dass Mensch und Bo'othi nicht zusammen leben können überhaupt seinen Erfahrungshorizont überwinden und an das „Unmögliche“ glauben? Ob Darius mich am Ende wieder versöhnt hat? Vielleicht.... Nein definitiv... Es war die eine selbstlose Tat, die ihm mein Herz auf dem Silbertablett serviert hat, doch das sollte jeder für sich lesen.


„Toni war in Lebensgefahr und das sprengte die Mauer, die er um sein Herz herum aufgebaut hatte. Egal, was passiert war, er hatte einmal geglaubt, sie sei die Liebe seines Lebens. Und sein Herz glaubte es wohl immer noch, denn die Angst um sie schnürte ihm die Kehle zu.“ ( Zitat S. 86)


Mona Silver schafft es auf unglaubliche bewegende Weise tiefe Emotionen ihrer Charakteren zu beschreiben und diese auf den Leser zu transportieren. Sie hat nicht nur Toni und Darius alles abverlangt, sondern auch mich auf eine Berg und Talfahrt der Gefühle geschickt, die mich fast zerrissen hat, die mein Herz in tausend Teile sprengte und es doch irgendwie wieder zusammengeflickt hat. Hut ab vor so viel authentischem Fühlen. Ich habe an manchen Stellen gedacht, mein eigenes Erleben und mein eigener Schmerz aus längst vergessenem Leid, verlorener Beziehungen kommt wieder hoch und ich habe verzweifelt nach Lösungen gesucht, diesen zu lindern. Himmel! Wie viel Selbstzweifel und Angst haben mich verfolgt. Wie viele Gerüchte und Missverständnisse haben mich vor Wut kochen lassen und wie viele unausgesprochene Worte mich an den Rand des Erträglichen gebracht. Wir lernen hier sehr schmerzhaft, was es mit uns macht, wenn wir nicht miteinander reden und nur die Dinge glauben wollen, die unser Verstand uns vorgaukelt. Ja, manchmal sollten wir vielleicht einfach nur miteinander sprechen, statt nach anderen Lösungen zu suchen. Und vielleicht sollten wir auch einfach an denjenigen glauben, dem unser Herz gehört und der uns eigentlich schon bewiesen hat, dass er uneingeschränkt auf unserer Seite steht...


Sicherlich ist dies auch die Aussage, die Mona Silver mit ihrer Novelle im Hinterkopf gehabt hat.

Wir können vor unseren Gefühlen nicht davonlaufen. Sie holen uns immer und überall wieder ein, egal wie viel Mühe wir uns geben.

Aber wenn man so sehr in seinen schlechten Gedanken gefangen ist und gelernte Verhaltensmuster nicht überwinden kann, dann ist es manchmal das eine unverhoffte Ereignis, das uns dazu bringen kann, alle Grenzen zu überwinden. Dann, wenn wir gar nicht mehr damit rechnen. Vielleicht sollten wir die Hoffnung nur nie aufgeben, so wie Toni.


Denn dieses eine Ereignis ist es, das mit einer Wendung in ihr Leben tritt und schließlich alles verändert, an das die Bo'othi jemals geglaubt haben. Eine wirklich berührende Lösung, die am Ende noch einmal für wunderschöne, versöhnende Szenen sorgt und sicher sehr viel Stoff für weitere Geschichten um das Seelenvolk der Bo'othi liefert, auf die ich mich jetzt schon freue.


All das beschreibt die Autorin in einem unglaublich schönen Schreibstil, der zugleich flüssig ist und nicht nur schmerzhafte, sondern auch wunderschöne Bilder in unsere Köpfe transportiert. Man ist jederzeit im Laufe der Geschichte dabei, erlebt wie in einem Film das Geschehen vor Augen und findet immer auch die wunderbaren Momente, die einen träumen lassen. Das macht ihre Geschichten so wundervoll, dass man sie wieder und wieder lesen möchte. Am Ende bin ich schon fast traurig und wehmütig, dass es vorbei ist und ich weiß, ich werde den Bo'othi noch lange folgen. Solange sie uns ihre Geschichten erzählen.


„Kurz bevor er … erreichte, wurden seine Schritte schleppend, sein Atem schwerfällig. Er stützte sich an der Tischplatte ab und warf dabei einige der Instrumente zu Boden, die dort noch von der Behandlung … lagen. Sie fielen laut klirrend zu Boden. Die Deckenlampen begannen zu flackern, das Licht zuckte ein paar Mal durch den Raum ehe mit gewaltigem Getöse die Neonröhren gleichzeitig platzten. Der fensterlose Raum lag für kurze Zeit völlig im Dunkeln, nur Darius’ goldene Augen leuchteten wie zwei Sterne in der Nacht.“ ( Zitat S. 90)


„Als sie sich in die Mitte des Turmes stellten und gemeinsam zu den Sternen hochsahen, überfiel Darius ein stummes Sehnen....Er hatte keine Ahnung, welcher der kleinen Punkte am Himmel über ihnen der Heimatstern der Bo’othi war. Er war so fern wie alle anderen Himmelskörper, das unerreichbare Ziel einer stillen Sehnsucht.“ ( Zitat aus dem Buch )


Fazit:


Mir bleibt nichts mehr, als mich ergriffen für diese emotionale und wieder wunderschöne Reise zu bedanken. Diese Geschichte bewegt und fordert uns, und doch bleibt immer Raum zu träumen, zu hoffen und an die wunderbare Lösung zu glauben. Manchmal kann Liebe eben doch alles überwinden, wenn auch nicht immer auf dem einfachen Weg. Ich kann nur jedem ans Herz legen, die außergewöhnlichen Geschichten der Bo'othi zu verfolgen, die auf ihre Art einzigartig sind und doch so sehr aus dem Leben gegriffen scheinen. Irgendwo finden wir uns alle darin.


Grundlage dieser Rezension war ein Rezensionsexemplar, das mir von der Autorin kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, was meine persönliche Meinung allerdings in keinster Weise beeinflusst hat. Ich bedanke mich nochmals für das mir entgegengebrachte Vertrauen.

Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks