Ein Buch, ohne das die Welt ärmer wäre
von annaweisser
Rezension
Mit dem Buch „Der Schrecken verliert sich vor Ort“ von Monika Held, das soeben erschienen ist, hält man eine unfassbare, zutiefst berührende Geschichte von zwei Menschen in Händen, die sich glücklicherweise auf jenem Gerichtsflur begegnen, in dem der Kommunist Heiner, der Auschwitz überlebt hat, seine Ohnmacht nicht aufhalten kann, hervorgerufen durch die Konfrontation mit den selbstgefälligen Peinigern des Konzentrationslagers.
Lena und Heiner verlieben sich ineinander. Selten wurde Liebe so eindringlich und aufrichtig beschrieben, so zart gefeiert, auch an den Grenzen ihrer Möglichkeiten, an denen Erleben nicht teilbar ist und die Einsamkeit einem Weltmeer gleicht.
Der Häftling mit der Nummer 63.387 hat überlebt. Wie Leben nach Auschwitz geht, diese Beschreibung scheint Heiner Rosseck in die Hände einer begnadeten Autorin gelegt zu haben, die ihm ein Andenken geschaffen hat und uns die Chance gibt, das Requiem auf einen Menschen und einen Ort zu lesen.
In diesem Buch lernen wir Heiner kennen, der Auschwitz überlebt hat, überleben durfte, überleben musste und sowohl eine übermenschliche Last als auch die Aufgabe mitgenommen hat, Zeuge zu sein. Er lebt mit dem Andenken an seine verstorbenen Weggefährten und ist verbunden mit seinen Überlebenden, dass man fast neidisch wird. In den Zeiten der Solidarnosc setzt er sich mit Lena in den roten LKW, bringt dringend benötigte Lebensmittel zu seinen Freunden nach Polen, lässt Lena und uns an seinen Begegnungen teilhaben und zeigt uns "sein Auschwitz" so eindringlich, dass man hinfahren muss, um das Ungeheuerliche selbst berühren zu können, sacht auf den Spuren zu wandeln und an den Wänden zu lauschen.
Dieses Buch möchte man sofort wieder lesen, wenn man die letzte Seite erreicht hat, man möchte es nicht mehr alleine lassen und sich selbst vergewissern, dass man auch bestimmt nichts Kostbares überlesen hat oder vergessen könnte.