Ich habe keinerlei Sprach- oder Literaturwissenschaften studiert, liebe es aber, mich mit Sprache(n) und Texten auf verschiedenste Arten zu beschäftigen, in aktiver und passiver Form.
Das Buch habe ich aus diesem Grund geschenkt bekommen.
Ich gebe zu, dass ich - trotz zahlreicher Fussnoten - mich an manchen Stellen alleine terminologisch überfordert bzw. zum Googeln gezwungen fühlte. Dies, obwohl ich den größten Teil der behandelten Bücher gelesen habe, also durchaus wusste, wovon die Rede ist.
Gefallen hat mir, dass Moritz Bassler mit fundiertem Fachwissen und stellenweise gehörigem Sarkasmus keine Angst davor hat, auch sogenannte "Bestsellerautoren" kritisch zu beleuchten und deren Strukturen zu analysieren.
Deren Gesichter beim Lesen hätte ich gerne gesehen- falls sie ein solches Buch überhaupt lesen würden.
Empfehlenswerte Lektüre für Menschen mit wissenschaftlichen Basiskenntnissen zu Literatur.
Moritz Baßler
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Moritz Baßler
Der deutsche Pop-Roman
Literarische Moderne
Populärer Realismus
Gegenwartsästhetik
Neue Rezensionen zu Moritz Baßler
Moritz Baßler lehrt Neue Deutsche Literatur in Münster und hat mit »Populärer Realismus. Vom Internationalen Style gegenwärtigen Erzählens« in die Debatte über Qualitätskriterien von Gegenwartsliteratur eingegriffen. Was gute Gegenwartsliteratur nicht ist, aber zu sein scheint, fasst er mit dem Stil des Midcults und des populären Realismus zusammen, der leicht lesbar ist, konventionelle Plots verfolgt und mit einer Ahnung von Bedeutsamkeit spielt, die der Autor im Grunde genommen für trivialen Kitsch hält. Es liest sich unterhaltsam, wie er u.A. Fitzek, Kehlmann und Herrndorf anführt. Baßler räumt ein, dass es auch eine elitäre Seite hat, à la Adorno jegliche Eingängigkeit und Konsumierbarkeit kulturpessimistisch abzutun, doch letztlich las ich Baßler verhaftet in dieser kulturpessimistischen Perspektive, die auf die "dummen Massen der Konsument:innen" schaut, die nichts anderes wünschen, als durch Literatur unterhalten und bestätigt zu werden.
Leider lief »Populärer Realismus« auf eine Streitschrift zu, die recht absolutistisch literarische Mehrdeutigkeit und Irritation von vermeintlichen Wahrheiten soweit über alle anderen Literaturen stellt, dass nur der Geruch von Benennung politischer Ungleichheiten, insbesondere der Provinienz, die Rassismus, Klassismus, Heteronormativität thematisiert, zu einer autoritären Abcancelung führt, die jeglichen Dialog beendet. Und ja, auch ich spitze hier zu, denn Baßler stellt schon (widerwillig?) einige Beispiele dieser Spielart vor, die dann doch Qualität aufweisen würden. Würde er es nicht tun, würde seine Argumentation aber auch allzuleicht angreifbar sein. Auch dachte ich darüber nach, dass in letzter Konsequenz gegenwartsliterarische Science Fiction die Literatur der Literaturen für Baßler sein müsste, hmmm.
Sagt mir »Populärer Realismus« etwas über die Qualität von Literatur? Bedingt, ein wenig, zu wenig. »Bei Regen in einem Teich schwimmen« von George Saunders hatte zu diesem Thema mehr zu bieten.
Sagt es mir etwas über die Qualität und die Gegenstände der aktuellen Debatte über Literatur? Das eher. Wie schwierig es doch zu sein scheint, in Debatten offen nach Erkenntnis zu suchen, ohne andere Positionen abzuqualifizieren und genau diese Debatten damit zu schließen.
Mir hat der Schreibstil an und für sich sehr gut gefallen. Ich mag es, wenn dieser etwas umschreibend ist und man ein tolles Bild der Handlung und des Handlungsortes suggeriert bekommt. Allerdings nahm die oben bereits angesprochene Reizüberflutung zu drastische Ausmaße an, sodass ich das Buch nicht mehr genießen konnte. Man erlebt zwar hautnah die Erlebnisse einer Großstadt, aber Spannung kommt in der Geschichte gar nicht auf. Das Potential wird durch die ständige Erwähnung von banalen Nebensächlichkeiten komplett unterdrückt. Insofern war die Geschichte zäh und anstrengend zu lesen. Da stellt sich dann aber für jeden die Frage, ob man für den wohl beispiellosesten deutschen Großstadtroman und Döblins wunderbaren Schreibstil absolute Langeweile in Kauf nehmen will.
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