Morten Brask

 4,6 Sterne bei 17 Bewertungen

Lebenslauf

Morten Brask, 1970 geboren, wuchs in Kopenhagen auf. Er studierte  Filmwissenschaften und Geschichte an der Universität Kopenhagen und schrieb während seines Studiums immer wieder Artikel für verschiedene dänische und norwegische Zeitungen, Magazine und Zeitschriften. Nach Abschluss seines Studiums reiste er sieben Monate durch Indonesien und Australien. Er arbeitete unter anderem als Regisseur für Dokumentarfilme und ist Mitbegründer und Creative Director der Kommunikationsagentur Tabula Rasa. Das perfekte Leben des William Sidis ist sein erster Roman, der ins Deutsche übersetzt wurde.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Morten Brask

Cover des Buches Das perfekte Leben des William Sidis (ISBN: 9783312010134)

Das perfekte Leben des William Sidis

 (17)
Erschienen am 30.01.2017

Neue Rezensionen zu Morten Brask

Cover des Buches Das perfekte Leben des William Sidis (ISBN: 9783312010134)
Herbstroses avatar

Rezension zu "Das perfekte Leben des William Sidis" von Morten Brask

Wann ist ein Leben perfekt?
Herbstrosevor 2 Jahren

Mit einem geschätzten IQ von 250 bis 300 gilt er als einer der intelligentesten Menschen der Welt, William James Sidis, geb. 1898 in New York City als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine, gest. 1944 in Boston an einer Gehirnblutung. Der kleine Billy galt schon früh als Wunderkind, konnte im Alter von 6 Monaten sprechen, mit 18 Monaten las er bereits Zeitung, sprach mit 6 Jahren schon 10 Sprachen und entwickelte als 10jähriger seine Theorie der vierten Dimension, über die er im folgenden Jahr einen Vortrag an der Harvard-Universität hielt. Bis dahin hatte er schon vier Bücher geschrieben. Für die Schule benötigte er 7 Monate, die Highschool schaffte er in 3 Monaten und begann mit 11 Jahren das Studium der Mathematik, dem er nach Abschluss ein Jurastudium anhängte. Als Reaktion auf seine Erziehung (er wurde von seinen ebenfalls gebildeten Eltern schon sehr früh gefördert und gefordert) begann er als 16jähriger zu rebellieren, brach sein Studium ab und schloss sich einer Gruppe Sozialisten an. Bei einer Demonstration wurde er verhaftet und zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt …  

„Das perfekte Leben des William Sidis“ ist der erste Roman des 1970 geborenen und in Kopenhagen aufgewachsenen dänischen Autors Morten Brask. Es gelang ihm ausgezeichnet, das Leben dieses ungewöhnlichen Mannes in eine spannende Rahmenhandlung einzubinden und dessen vermutlichen Gedanken und Gefühle zu beschreiben. Wie zu lesen ist, bezieht sich der Autor dabei auf damalige Zeitungsberichte, Biografien anderer Autoren, sowie Bücher und Briefe von Sidis selbst. In kurzen Kapiteln, zeitlich hin und her springend, berichtet Brask über verschiedene Stadien und Begebenheiten aus Sidis Leben. Wir erfahren, wie Sidis vom viel beachteten Wunderkind immer mehr zum Sonderling und Eigenbrötler mutierte, zur tragischen Figur wurde, der seine Mitmenschen oft vor den Kopf stieß und vielfach Spott und Hohn erntete. Es entsteht das Bild eines zutiefst verstörten Menschen dem man nachfühlen kann, dass er sich ein perfekteres Leben gewünscht hätte.   

Heutzutage ist Sidis bei uns weitgehend unbekannt, umso lohnender ist es, dieses 2017 aus dem Dänischen übersetzte Buch zu lesen. Wer noch mehr über das einzigartige Genie William James Sidis erfahren möchte, dem empfehle ich gerne auch das ebenfalls 2017 erschienene Buch „Das Genie“ von dem deutschen Autor Klaus Cäsar Zehrer, in dem etwas ausführlicher auf die Eltern und Sidis früher Kindheit eingegangen wird.  

Fazit: Ein solide geschriebenes Buch über einen genialen Menschen, dessen Handicap es war, dass er nie Kind sein durfte - berührt und stimmt sehr nachdenklich.

Cover des Buches Das perfekte Leben des William Sidis (ISBN: 9783312010134)
beccariss avatar

Rezension zu "Das perfekte Leben des William Sidis" von Morten Brask

Wahre Geschichte eines der klügsten Menschen aller Zeiten
beccarisvor 3 Jahren

Bislang nahezu unbekannt war William Sidis, geboren 1898 und gestorben 1944, mit einem IQ von weit über 200 einer der klügsten Menschen überhaupt. Das Buch gliedert sich in drei Erzählstränge: die frühkindlichen Erfahrungen, die Zeit des jungen Erwachsenenalters und die Monate kurz vor seinem Tod.

Kein Wort zu viel, kein Satz zu wenig, meisterhaft erzählt der Autor die überaus faszinierende Geschichte eines Menschen, der mit unglaublichen Fähigkeiten geboren, gezielt durch seine Eltern gefördert und gefordert wurde und dessen Intelligenz weit überdurchschnittlich ist. Die Eltern bestimmen das Leben von William auf tragische Weise. Er ist ein bescheidener, introvertierter, gescheiter Mensch, der sehr liebenswürdig mit seinen Mitmenschen umgeht und doch hat er fast keine aufrechten Freunde. Der Ehrgeiz seiner Eltern, insbesondere der Mutter, lässt keine kindlichen Spielgefährten für ihren Sohn zu. Und auch der Vater scheint davon besessen zu sein, seine psychologische Theorie und sein akademisches Wissen an William anzuwenden. Einzig sein Studienkamerad Billy, enfant terrible schlechthin, erweist sich später über mehrere Jahre hinweg bis hin zu William Sidis frühem Tod als echter Freund.

Mich hat dieser biographische Roman ausserordentlich angesprochen. Klar in der Sprache, philosophische und psychologische Gesichtspunkte, die einem zum Denken anregen, und eine sehr spannende Lebensgeschichte machen dieses Buch zu einer Perle der Literatur.

Cover des Buches Das perfekte Leben des William Sidis (ISBN: 9783312010264)
pardens avatar

Rezension zu "Das perfekte Leben des William Sidis" von Morten Brask

Eine große Begabung kann auch ein Fluch sein....
pardenvor 7 Jahren

EINE GROSSE BEGABUNG KANN AUCH EIN FLUCH SEIN...

Albert Einstein hatte einen geschätzten IQ-Wert von 160-180 und war unbestritten eines der größten Genies des vergangenen Jahrhunderts. William Sidis, der fast zeitgleich zu Einstein lebte, hatte einen geschätzten IQ-Wert von 250-300. Und niemand kennt heute noch seinen Namen. Aber weshalb? Morten Brask widmet sich dieser Frage in seiner einfühlsamen, sorgfältig komponierten und hochliterarischen Biografie dieses längst vergessenen Hochbegabten.

Nach jahrelanger Recherche und basierend auf Artikeln, Büchern, Tagebüchern, Briefen und Gerichtsprotokollen, erzählt Morten Brask sehr bildlich und szenisch die wahre Geschichte von William Sidis, einem Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine. 1898 in New York geboren, wird William gleich nach seiner Geburt zum Studienobjekt seines Vaters. Um seinen Sohn zu befähigen, statt der üblichen 10% des Gehirns auch die übrigen 90% zu nutzen, bemüht sich der Psychologe Boris Sedis, William von klein auf eine fördernde Umgebung zu bieten. Denken und Argumentieren statt Spiel und Sport.


"Die Einschulung kommt viel zu spät, um anzufangen. Wenn die Kinder sechs sind, ist der kritische Punkt längst vorbei, die mentalen Funktionen des Kindes sind dann schlichtweg atrophiert und degeneriert. Und diesen Fehler dürfen wir nicht begehen. Ich finde, wir sollten Billy schon jetzt wie einen Erwachsenen behandeln, so als könnte er alles, was wir auch können."



Und die Erziehung greift: Mit 18 Monaten kann der kleine Billy Zeitung lesen. Mit vier liest er Caesar und Homer im Original. Nicht viel später spricht er fließend Russisch, Französisch, Deutsch, Hebräisch, Türkisch, Armenisch - sowie Vendergood, eine von ihm selbst erfundene Kunstsprache, komplett mit eigener Grammatik und Wörterbuch. Die Grundschule verlässt William nach gerade einmal sieben Monaten, die High School hat er nach drei Monaten hinter sich. Mit acht Jahren hat er Zugangsberechtigungen zum Massachusetts Institute of Technology sowie zum Medizinischen Institut in Harvard in der Tasche. Doch selbst die Eliteuniversitäten wissen nicht, wie sie mit dem Extrembegabten umgehen sollen. Erst nachdem Sidis mit 11 Jahren in Harvard einen Vortrag über seine Gedankengänge zur vierten Dimension hält, darf er dort mit dem Studium beginnen. 


"Minuten vergehen, ehe der Beifall nachlässt, aber dann kommt die Kakophonie der Stimmen jäh wieder, die Professoren diskutieren über den Vortrag und über William. Einer nach dem anderen kommt und schüttelt Williams Hand und redet und redet, sie seien überwältigt, sagen sie, sie hätten nie etwas Derartiges erlebt; 'ein Licht', 'ein Genie' sind die Worte, die sie in Sätze flechten."


Doch mit 11 Jahren studieren? Was macht das mit einem Kind? Intellektuell war William sicher bereit dazu - er, der nicht nur mathematische und sprachliche Begabungen hatte (er sprach letztlich über 40 Sprachen fließend), sondern über ebenso gründliche Kenntnisse der Anatomie, Wirtschaft, Philologie, Jura, Geschichte, Politik und Astronomie verfügte. Aber emotional? Als Kind unter erwachsenen Studenten, ohne seine Eltern oder einen anderen Menschen, der ihn unter seine Fittiche nahm? Und dafür immer im Fokus der Presse, die William als Wunderkind präsentierte und auf immer neue Höchstleistungen wartete?

Morten Brask schildert eindrücklich diese Diskrepanz zwischen dem hohen Intellekt einerseits und dem Mangel an emotionaler Zuwendung andererseits. Als Projekt seiner Eltern hatte William Sidis niemals die Möglichkeit, einfach nur Kind zu sein - Sport wurde als unnütze Zeitverschwendung angesehen, ein gemeinsames Spielen mit anderen Kindern gab es nicht. Durch den stetigen Wechsel der Zeitebenen in der Erzählung zwischen der Kindheit und Jugend, dem Leben als jungem Erwachsenen und schließlich seinem letzten Lebensjahr, erhält der Leser hier einen zunehmenden Einblick in das Werden und Leben des William Sidis. Und Morten Brask schafft es, einem diesen hochintelligenten Menschen nahe zu bringen.


"Die Welt steht dir offen, William.Es kommt nur darauf an, dass du kluge Entscheidungen triffst."


Sidis kognitive Leistung ist sicher ein wesentlicher Teil dieser Geschichte und unstrittig faszinierend. Man bekommt als Leser tatsächlich ein Gefühl dafür, wie es ist, derart schlau zu sein. Diese Art, alles sofort zu berechnen, alles auf Anhieb zu verstehen, Verbindungen zu erkennen, auf die sonst kaum jemand kommt. Bei der Schilderung eines möglichen Zusammenhangs von Sonnenflecken und Revolutionen beispielsweise habe ich zunächst nur kopfschüttelnd gegrinst, bevor ich immer aufmerksamer gelesen und gestaunt habe. Doch manches habe ich auch nicht wirklich verstanden, wie z.B. in William Sidis Unterhaltung mit seinem Freund Scharfman, bei der es um Astronomie und um die Möglichkeit ging, die Kräfte der Natur umzukehren sowie um die mögliche Präsenz schwarzer Löcher im Universum. Mein IQ scheint sich einfach nicht in diese schwindelerregenden Bereiche zu erheben...

Ein ebenso wesentlicher Teil der Erzählung ist aber auch der übrige William Sidis, seine Gefühle, Interessen, Freunde, Liebe, Einsamkeit. Seine Hypersensibilität, die ihn sämtliche Gerüche, Geräusche, Wahrnehmungen um ein vielfaches stärker und intensiver empfinden lässt als andere. Das ständige Präsentiertwerden als Wunderkind schon in jungem Alter. Seine große und einzige Liebe, die so kurz währt, ihn jedoch ein Leben lang nicht loslässt. Seine erste Stelle als Mathematikdozent, die er aufgibt, weil er von seinen durchweg älteren Studenten ohne Unterlass gehänselt wird, obwohl er für sie eigens ein Lehrbuch verfasst hat (auf Altgriechisch). Auch eine andere Stelle kündigt er, weil er erst später erfährt, dass diese militärischen Zwecken dient - und Sidis ist glühender Pazifist. Seine Verhaftung und seine Anklage vor Gericht aufgrund der Teilnahme an einer ungenehmigten Demonstration der kommunistischen Bewegung. Die darauf folgenden Umerziehungsversuche seiner Eltern durch das Wegsperren in eine Psychiatrie, einschließlich des Verhinderns der Kontaktaufnahme zu Williams Freunden...


"Ich möchte ein perfektes Leben führen. Das perfekte Leben lässt sich nur in Abgeschiedenheit führen. Menschenmengen habe ich immer gehasst."



Auch wenn Morten Brask hier nicht angklagend schreibt, sondern in wohlgesetzten Formulierungen, eher nüchtern und emotionsarm, wird die wachsende Not Williams beim Lesen zunehmend spürbar. Und doch lässt der Autor die aufsteigende Traurigkeit des Lesers kaum einmal wirklich zu. Denn obschon William schlussendlich ein Leben in Einsamkeit verbringt - er kehrt seinen Eltern, sämtlichen ehrgeizigen Ambitionen und nicht zuletzt auch der hartnäckigen Presse rigoros den Rücken und lebt vollkommen anonym von häufig wechselnden Jobs als einfacher Büroangestellter, schreibt nur noch in seiner Freizeit Artikel und Bücher und widmet sich seiner Fahrkartensammlung - lebt er letztlich das Leben, zu dem er sich bewusst entschieden hat. In Sidis Augen: ein perfektes Leben.


"Es gibt wohl kein Leben, das richtiger ist als ein anderes. Man soll danach streben, das Leben zu wählen, das man selber für richtig hält, und wenn man das getan hat, ist das sicher eine Art Lebensperfektion."


Im Alter von 46 Jahren stirbt William Sidis an einer Hirnblutung - so einsam, wie er gelebt hat. Ich muss gestehen, dass ich das Buch mit einem Kloß im Hals schloss, nicht jedoch verbittert. Sondern mit dem Gedanken: Was wohl ist ein perfektes Leben? Ist es das Ausschöpfen aller Fähigkeiten, über die man verfügt? Nun, William Sidis hat sich für ein anderes perfektes Leben entschieden. Und dem zolle ich definitiv Respekt.

Eine beeindruckende Biografie über ein längst vergessenes Genie, die noch lange nachhallt...


© Parden

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