Moshe Kahn

 4 Sterne bei 505 Bewertungen

Lebenslauf

Moshe Kahn, 1942 geboren, übertrug u. a. Bücher von Roberto Calasso, Andrea Camillieri, Primo Levi und Pier Paolo Pasolini. Seine erste Übersetzung war eine Auswahl von Paul Celan-Gedichten, die er ins Italienische übertrug, was ihm den Ruf einbrachte, ein Übersetzer »unübersetzbarer« Bücher zu sein. Er lebt in Berlin. Vierzig Jahre nach dem Erscheinen von ›Horcynus Orca‹ ist es Moshe Kahn gelungen, den lange als unübersetzbar geltenden Roman zum ersten Mal in eine andere Sprache zu übertragen. Er hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, für das sizilianische Italienisch mit seinem wuchernden Dialekten und erdigen Phonemen eine deutsche Entsprechung zu finden, die den großen Wurf des Romans, seine sprachliche Finesse und seine weiten Anspielungsräume lebendig werden lässt. Eine Meisterleistung des Übersetzers.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Moshe Kahn

Cover des Buches Chronik aus einer dunklen Welt (ISBN: 9783446192911)

Chronik aus einer dunklen Welt

(1)
Erschienen am 16.02.1998

Neue Rezensionen zu Moshe Kahn

Cover des Buches Das graue Kleid (ISBN: 9783463405612)
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Rezension zu "Das graue Kleid" von Andrea Camilleri

Lilli33
Andrea Camilleri kann nicht nur Krimi

Gebundene Ausgabe: 192 Seiten

Verlag: Kindler Verlag (17. September 2010)

ISBN-13: 978-3463405612

Originaltitel: Il tailleur grigio

Übersetzung: Moshe Kahn


Andrea Camilleri kann nicht nur Krimi 


Inhalt:

Febo Germosino, Vizedirektor einer Bank, geht in den Ruhestand. Bereits am ersten Tag seines neuen Lebens fürchtet er sich vor der Langeweile. So beginnt er, in seinen Schubladen zu kramen. Dabei fällt ihm wieder ein anonymer Brief in die Hände, in dem seine fünfundzwanzig Jahre jüngere Frau Adele der Untreue bezichtigt wird. Da er sonst nichts zu tun hat, will er der Sache auf den Grund gehen und erlebt dabei so manche Überraschung.


Meine Meinung:

Ich liebe die Krimis mit Montalbano. „Das graue Kleid“ konnte mich mindestens genauso begeistern. Es ist eine relativ ruhige Erzählung, feinsinnig, spitzfindig und psychologisch ausgereift. Es ist einfach herrlich zu lesen, wie Febo und Adele umeinander herumtanzen, um ihre jeweiligen Absichten und Gefühle zu verschleiern. Immer wieder war ich mir unsicher, was ich von Adeles Verhalten halten soll. So war ich beim Lesen in einer ständigen Anspannung - genau wie bei einem guten Krimi.


★★★★★

Cover des Buches Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero (ISBN: 9783869712673)
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Rezension zu "Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero" von Andrea Giovene

Nicolai_Levin
Arkadien ist immer woanders

Der dritte Band der Autobiografie des Giuliano Sansevero fällt ein bisschen aus der Reihe, da er eine räumlich und zeitlich klar abgeschlossene Episode umschreibt.

1933. In Italien kein so großes Umbruchjahr wie bei uns. Giuliano hat völlig unverhofft von einem Onkel Ländereien in Kalabrien geerbt. Als er sie besichtigt, kommt er auch zu einem ausgedehnten Hain von Olivenbäumen in dem abgelegenen Dörfchen Licudo, das nur per Meer oder über einen schmalen Maultierpfad zu erreichen ist. Hier, weit ab von allem, beschließt er, sich niederzulassen und innerhalb von sechs Monaten das titelgebende 'Haus der Häuser' zu bauen. Doch in dem verschlafenen Fischer- und Bauerndorf ticken die Uhren anders: Steine sind knapp, Arbeitskräfte und Transportesel auch. Aus den sechs Monaten werden fünf Jahre, in denen Giuliano, den sie in ihrem kalabrischen Dialekt "Don Giulì" nennen, den Fortgang der Bauarbeiten beobachtet und in den Mikrokosmos des Dorfes eintaucht. 

Bald muss er erkennen, dass in dem Maße, in dem er von den Dorfbewohnern akzeptiert wird, er selbst Bestandteil dieser Dorfgesellschaft wird, die bei näherem Hinsehen natürlich von ihrer naiven Idylle verliert und die ganz normalen komplexen Konflikte und Probleme bereithält, die menschliches Zusammenleben eben so mit sich bringt.

Dazu trägt auch Giuliano selbst bei, der einige Leute unterstützt (andere nicht) und sich der Faszination eines sehr, sehr jungen Mädchens (zu Beginn ist sie elf) hingibt. Kannte Giovene eigentlich 'Lolita'? Bestimmt kannte er 'Lolita'! Zu sehr ist die gefährdete Unschuld des schönen Kindes hier symbolhaft und passend platziert.

Ebenso symbolhaft das Ende: Als endlich nach vielen Jahrzehnten kommunalpolitischen Zankes das Dorf eine richtige Zufahrtsstraße erhält, bricht das ökonomisch-soziale Gleichgewicht zusammen. Die Grundstückspreise spielen verrückt, das Dorfgefüge wird in den Grundfesten erschüttert, und als die deutschen Nazis noch eine KdF-Erholungssiedlung an den Ortsrand bauen, schwappt der Tourismus in einer brutalen Welle über das erschrockene Süditalien.

Giuliano hat es gut, der ist vergleichsweise reich und kann seiner Wege ziehen ...

Wie gesagt, dieser dritte Band ist besonders: Die persönliche Entwicklung des Helden steht hier weniger im Vordergrund als das Schaustück, die Zerstörung des Paradieses, das nie eines war. Ich war zu Beginn sehr skeptisch, ob ich mehrere hundert Seiten um den Bau eines Einfamilienhauses lesen wollte, aber diese Sorge hat sich als komplett unbegründet herausgestellt.

Cover des Buches Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero (ISBN: 9783869712666)
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Rezension zu "Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero" von Andrea Giovene

Nicolai_Levin
Gibt es einen Weg? Und wo führt er lang?

Im zweiten Band der "Autobiographie des Giuliano Sansevero" von Andrea Giovene beginnt sich die Lebensgeschichte des Helden von der seines Schöpfers (soweit ich die auf Wikipedia nachvollziehe) an einigen Stellen zu trennen. In "Die Jahre zwischen Gut und Böse" löst sich Giovene vom Korsett des Authentischen und nimmt sich die Freiheit, die Geschehnisse nach literarischen Notwendigkeiten und persönlichem Gusto zu schildern. Dem Buch bekommt das gut, nach den etwas zögerlichen Kindheits- und Jugendjahren schöpft Giovene hier aus dem Vollen.

Zunächst folgen wir Giuliano Sansevero nach Mailand. Er hat seine Familie ziemlich überraschend verlassen, sein Studium in Neapel war ohnehin reiner Schein. Nachdem er etwas ziellos herumirrt, versucht er, seinen Lebensunterhalt als Journalist zu bestreiten, ein vielversprechendes Zeitschriftenprojekt steht in den Startlöchern. Giuliano ist völlig mittellos und lebt von der Hand in den Mund. Allerdings blockieren politische Kabale den Erfolg, Giuliano Sansevero muss sich für einen Artikel mit einem Portrait des Städtchens Peschiera rechtfertigen, der den faschistischen Kulturbürokraten nicht heroisch genug ausfällt. In seiner kleinen Pension lebt er Tür an Tür und dicht an dicht mit Prostituierten und Kleinkriminellen. 

Als die Zeitschrift endgültig scheitert, empfiehlt ihm sein Onkel, endlich den Militärdienst abzuleisten und so begibt sich Giuliano nach Ferrara am Po, als Offiziersanwärter in einem elitären Kavallerieregiment. Er fügt sich in den Drill und die strenge Alltagsroutine, arrangiert sich mit unangenehmen Vorgesetzten und beginnt eine Affaire mit einer verheirateten Frau, mit deren gehörntem Ehemann er sich sogar standesgemäß duelliert. 

Alles wäre bereit für eine klassische Karriere in der Armee, doch Giuliano entscheidet sich dagegen und geht stattdessen nach Rom, wo er in seltsame Kreise gerät: Im dubiosen Palazzo Grilli bezieht er ein Zimmer, seine Mitbewohner sind bohèmehafte Aristokraten, Kunsthistoriker, Dichter. Giuliano wird in philosophische Diskussionen gezogen und findet sich in merkwürdigen Dreieckskonstellationen wieder - erotischer und intellektueller Natur. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er mit Übersetzungen und dem Ghostwriting für akademische Abschlussarbeiten der unterschiedlichsten Fachrichtungen. Er spürt, wie ihm die negativen Einflüsse seiner Umgebung zusetzen und ihn abarbeiten und flieht schließlich nach Paris. 

Hier findet er ein bequemes Auskommen als Cicerone für eine Gruppe peruanischer Millionärssöhne und verlebt sorglose Zeiten. Er hat eine Beziehung zu einer englischen Schauspielerin und genießt das pulsierende Paris der Zwischenkriegszeit. Als die Peruaner wieder nach Hause müssen und Giulianos Vater stirbt, reist er nach Neapel zurück.

Wer den zweiten Band von Giovenes "Autobiographie" liest, wird nicht mehr auf den Gedanken kommen, ihm mit Tomasis "Leoparden" zu vergleichen. Jedes der fünf Kapitel, jede Station ist eine Geschichte für sich, auch der Stil und selbst der Charakter des Giuliano scheint jedesmal ein anderer zu sein. Der aufstrebende Journalist aus Mailand, Kind seiner Zeit, wird zu dem jungen Offizier aus altem Hause, bei dem ich an Joseph Roths Familie Trotta denken muss oder an die armen Teufel bei Stefan Zweig und Arthur Schnitzler, seltsamerweise alles Gestalten aus Kakanien. Die schwüle Atmosphäre Roms im Palazzo Grilli lässt an Angelsächsisches denken: Henry James kommt in den Sinn oder E M Forster - grübelnde Gestalten in einer götterdämmerlichen Stimmung. Ganz anders Paris, das frisch lebt und lärmt, ein hedonistisches turbulentes Paradies. Und am Ende entkommt Giuliano doch nicht dem Familienschicksal und landet wieder im Neapel seiner Onkel, Tanten und Vorväter an.

Angelehnt an die Lebensstationen Giovenes finden wir hier unzweifelhaft eine ganze Menge an literarischer Formung und Gestaltung. Viel Reflexion, aber keine Thesen, das Thema ist die Suche nach dem geeigneten, nach dem richtigen, dem glückversprechenden Leben des Helden. Immer wieder erliegt er dem Idealbild einer Frau, das dann von der schnöden Wirklichkeit verwischt wird. Er hat kein Ziel, kein Ideal, er treibt von Station zu Station, schöpft aus den Facetten des Lebens und vielfältigen Begegnungen, die er reflektiert und verarbeitet. Giovene weigert sich, diesem Heldenleben ein Motto zu geben, ein Thema, ein erklärtes Ziel - und darin liegt eine eigene Methode, eine Philosophie der Demut, eine quasi augustinische Proklamation des eigenen Scheiterns und permanenten Neubeginns. Und das auf bemerkenswertem stilistischen Niveau.

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