TW: Kindsverlust, Adoption, psychisch labile Protagonistin
Inhalt:
In seinem preisgekrönten Debütroman „Die Zurückgekehrten“ nimmt Néhémy Pierre-Dahomey die Lesenden mit in eines der ärmsten Länder der Welt. Belliqueuse, kurz Belli, lebt in Haiti und wünscht sich nichts sehnlicher, als aus der Armut zu fliehen und sich in den USA ein besseres Leben aufzubauen. So begibt sie sich mit 40 Haitianern auf die stürmische Überfahrt, bei der sie ihren zweijährigen Sohn dem Meer übergibt, um selbst zu überleben. Doch in Florida angekommen werden sie direkt wieder zurückgeschickt. Zurück nach Haiti, zurück in die Armut – ohne ihren Sohn. Etwa zehn Jahre nach dem gescheiterten, traumatischen Auswanderungsversuch beginnt die Geschichte. Belli und andere Boatpeople leben nun in Repatriés (Rückkehrer), einem abgelegenen Slum-Randviertel, in dem die Zurückgekehrten unterkommen. Hier baut sie sich mit ihrem Ehemann Néné, ein neues Zuhause auf und bekommt drei Kinder mit ihm. Néné stellt sich jedoch als schlechter, zum Alkohol greifender Vater heraus und verlässt sie kurz nach der Geburt der jüngsten Tochter. Eines Tages und mit nur zehn Jahren, stirbt ihre älteste Tochter an Tuberkulose. Damit verliert sie bereits ihr zweites Kind. Alleingelassen von Mann und Staat gibt sie ihre beiden jüngsten Töchter in eine Kinderkrippe, ohne zu wissen, dass diese haitianische Kinder an westliche Ehepaare verkauft. Bis auf einen Sohn, der aus Zeiten vor der Überfahrt stammt, hat sie niemanden mehr, doch auch dieser entgleitet ihr und schließt sich einer gewalttätigen Gang an. In ihrer Trauer und ihrem Leiden wirft sie – wie zu Beginn ihren Sohn – alle Träume über Board und wird schließlich verrückt.
Meine Meinung:
Néhémy Pierre-Dahomey, selbst in Haiti geboren, macht in „Die Zurückgekehrten“ auf diejenigen aufmerksam, die es nicht in ein neues Leben geschafft haben. Er zeigt ein düsteres Haiti und lehrt dem Lesenden Haitis jüngste Geschichte. Er übt Kritik an der protestantischen Kirche sowie an den „Wohlwollenden“ aus dem Westen. Sein Schreibstil kommt dabei ohne aufzwingende Gefühle aus. Traumatisierende Erlebnisse, wie der Verlust ihres ersten Kindes, werden beinahe nebenbei erzählt. Pierre-Dahomey benutzt teils sehr verschachtelte Sätze, sodass es schwierig ist, ihm zu folgen. Außerdem kann ich nicht beurteilen, ob diese Geschichte überzogen ist, ob das Leben einer (durchschnittlich) Zurückgekehrten zu negativ dargestellt ist. Zumindest bleibt es dem Lesenden so im Gedächtnis. Alles in allem habe ich einiges über Haiti lernen können und empfehle dieses Buch, unter Berücksichtigung des TWs, Interessierten weiter.