Eye-Candy:
Das deutsche Cover finde ich sehr gelungen. Es ist unaufdringlich und passt zur Handlung mit seinen Farben und seinem Motiv (achtet mal auf die Augen der Charaktere). Was die Farben bedeuten, das erfährt man in der Geschichte.
Die Kapitelüberschriften sind übrigens auch in Brailleschrift geschrieben.
Inhalt:
Nachdem Maud, das wildeste und hübscheste Mädchen der Schule, aufgrund eines selbst verschuldeten Unfalls ihr Augenlicht verliert, zieht sie sich immer mehr in sich zurück. Während für ihre alten Freunde das Leben weitergeht, kann einer Maud nicht vergessen. Leander ist ein Klassenkamerad von ihr und wird von allen nur Knirps oder Baby genannt. Mit seiner direkten ehrlichen Art zerrt er Maud ins Leben zurück, ihr Protest wird dabei geflissentlich ignoriert.
Meine Meinung:
Das Buch wird aus der persönlichen Sicht und im Präsens von Leander erzählt, dennoch ist man als Leser sehr nah an seinen Gefühlen und Gedanken. Anders als anfangs gedacht mochte ich Leander nicht. Er nervt, ist manchmal viel zu selbstüberzeugt und kindisch. Ohne Rücksicht auf Maud und ohne eine Einsicht schubst er sie von einer Situation in die andere, wenn sie sich dabei an ihn als Halt klammert, ist er glücklich. Allerdings ist Maud weder auf den Mund gefallen, noch von ihrer Situation gehandicapt, wie man meinen sollte. In jeder Situation ist sie fähig sich selber zu helfen und eigenständig zu sein, sehr zu Leanders Bedauern, der ihr Ritter in strahlender Rüstung sein möchte.
Obwohl Maud sehr kratzbürstig ist und gemein ist, kann man nicht anders, als sie zu mögen. Denn gleichzeitig ist sie auch ehrlich, tolerant und eigensinnig. Sie lässt sich weder von ihrer Mutter noch von Leander oder ihren Narben und ihrem Handicap aufhalten. Ihre Handlungen und Psyche schwanken immer zwischen zwei Extremen, das allerdings ist sehr gut und nachvollziehbar umgesetzt.
Es gibt noch einige kleine Nebencharaktere, die nur am Rande auftauchen und schnell wieder abtauchen. Wie der Titel schon vermuten lässt, es geht hauptsächlich um Leander und Maud, hier liegt der Fokus von Anfang bis zum Schluss. Sehr geschickt werden Nebenhandlungen in das Hauptgeschehen eingebunden, aber ohne, dass sie jemals in den Vordergrund rücken.
Sowohl Leander als auch Maud entwickeln sich durch das gesamte Buch hindurch. Diese Entwicklung findet langsam statt, ab und zu gibt es auch Rückfälle der beiden, aber gegen Ende hin, sind beide reifer und erwachsener. Gerade bei Leander ist diese Entwicklung sehr gut zu beobachten.
Wenn Leander seine Gefühle Maud gegenüber beschreibt oder wenn er an sie denkt, ist er sehr süß. Man merkt, dass er sie wirklich gern hat und nicht nur auf ihr gutes Aussehen Wert legt. Dann allerdings hat er seine "Phasen". In diesen Phasen denkt er nur noch daran mit ihr zu schlafen und wie toll er es findet, wenn sie abhängig von ihm ist. Sie leidet gerade wegen was auch immer und er stellt sich vor, wie es wäre, wenn sie ihn endlich an sich ranließe, das konnte ich einfach nicht nachvollziehen. Auch in besonders emotionalen Dialogszenen bringt Leander irgendwelche sexuelle Anspielungen, die die ganze romantische Atmosphäre zerstören.
Obwohl ich denke, dass die Autorin das absichtlich so dargestellt hat, damit Leander unbeholfen und kindisch wirkt hat es mich doch arg gestört, bis er sich endlich gebessert hat.
Die Schreibweise der Autorin ist sehr schlicht und flüssig. Dennoch schafft sie es mit wenigen Seiten eine gefühlvolle Geschichte zu erzählen, ohne dabei kitschig und klischeelastig zu werden.
Besonders gelungen sind die Dialoge zwischen Maud und Leander, die sich nicht gestelzt anhören und die immer sehr humorvoll sind.
In der Kürze liegt die Würze:
Ein ungewöhnlich patziger Protagonist; so gut wie keine Nebencharaktere; lustige Dialoge; schneller Lesespaß
Bewertung:
Was etwas zu kurz gekommen ist, ist der Umgang mit dem Handicap des Blindseins. Klar wird immer wieder betont, dass Maud blind ist und dass sie damit nicht so schnell und gut zurechtkommt, jedoch war mir das zu oberflächlich. Da das Buch schon so kurz ist, hätte man etwas weniger Fokus auf Leanders Fantasien legen können, um stattdessen auf Maud einzugehen, um das Buch rundzumachen. Dennoch hat mir das Buch sehr gut gefallen und bekommt daher ♥♥♥♥ Herzchen.