Wie ergeht es Mutter und Vater, wenn ihr Sohn einen Menschen erschossen hat? Dieser Frage geht die südafrikanische Schriftstellerin und Literatur-Nobelpreis-Trägerin Nadine Gordimer im Buch ‚Die Hauswaffe‘ nach, das 1998 entstand.
Es ist der Abend des 19. Januar 1996, als Duncan Lindgard (27J.) in seiner WG einen seiner Mitbewohner und ehemaligen Geliebten erschießt. Warum? Was war vorangegangen? War es die Rache für den Verrat, den Carl in der Nacht davor durch den Geschlechtsverkehr mit Natalie/Nastasja, Duncans Lebensgefährtin, verübt hatte?
Das weiße Ehepaar Harald (50 J. und Direktor einer Versicherungsgesellschaft) und Claudia (47 J. und selbständige Ärztin) werden total aus ihrem gewohnten Lebensrhythmus gerissen: sie grübeln, ob ihr Verhalten in der Vergangenheit dem Sohn gegenüber zur Gewaltbereitschaft beigetragen hatte, ihre Bekannten / Freunde ziehen sich zurück, Kollegen begrüßen Harald ‚mit einem wortlos vereinbarten Schweigen‘, beide lassen ihre eigene Ehe-Historie Revue passieren.
Auch dem Strafverteidiger Hamilton Motsamai, einem Schwarzen, stehen sie skeptisch gegenüber. Nein, rassistisch sind sie nicht, aber hat der Anwalt überhaupt die Befähigung und die Erfahrung, nachdem er erst wieder vier Jahre im Land ist - bedingt durch die politischen Gründe für seinen jahrelangen Aufenthalt im Ausland.
Mich begeisterte diese Figur! Ich fand es einfach äußerst professionell (und es berührte mich auch sehr), wie Motsamai es schaffte, langsam ihr Vertrauen zu erringen. Wunderschön auch die Beschreibung der Einladung in seine große Familie.
Nebenbei erfährt die Leserschaft von den Gepflogenheiten, eine Hauswaffe bereit liegen zu haben, damit Einbrüche und Überfälle abgewehrt werden können, von Grausamkeiten während der Apartheit, die im Namen des Staates begangen wurden und was Rassismus bedeutet.
Ich fieberte mit, welches Strafmaß Duncan das Gericht verhängt – mit 7 Jahren (im besten Fall) und 12 Jahren (im ungünstigsten) ist zu rechnen - die Abschaffung der Todesstrafe wird zu dieser Zeit gerade vor dem Verfassungsgericht verhandelt.
Mir gefiel die ruhige, sachliche und doch auch (mich) bewegende Art, mit der die Autorin diese Geschichte erzählte. 5 Sterne vergebe ich an diesen mich sehr beeindruckenden Roman mit seinen vielen psychologischen und auch philosophischen Momenten und wünsche ihm (auch nach über 20 Jahren) noch eine große Leserschar!