Irgendwann in der nahen Zukunft hat Amerika das Criminal Action Penal Entertainment Programm ins Leben gerufen, kurz CAPE. Dabei können inhaftierte Menschen versuchen, ihre Freiheit zu erlangen, indem sie ihre Gegner in Todeskämpfen töten und das ganze wird zur Unterhaltung der Gesellschaft landesweit gestreamt. Wer den Gegner tötet, steigt in der Rangordnung auf und nähert sich von Staffel zu Staffel dem ultimativen Ziel der Freiheit. Die Kämpfer sind in Gruppen unterteilt, die Chains und jeder Kämpfer ist ein Link dieser Ketten. Dazu passt, dass sie auf ihrem Weg zu den Kämpfen aneinander gekettet und mit Schmerz-Sensoren in ihren Handgelenken zum Schweigen gezwungen werden.
Hauptfiguren der Geschichte sind Loretta Thurwar und Hurricane Staxxx, die beide zu Stars geworden sind und Thurwar ist die einzige weibliche Grand Colossal, der höchste Rang und somit nur noch wenige Spiele von ihrer Freiheit entfernt. Als Leser begleitet man die beiden auf ihrem Weg zu den Kämpfen und demm Alltag ihres grausamen Lebens.
Chain-Gang All-Stars ist ein brutaler Kommentar zum Gefängnissystem und der Sensationslust der Bevölkerung. Mit dem Schreibstil und der Geschichte an sich bin ich aber ehrlich gesagt nicht warm geworden. Zunächst bleibt Nana Kwame Adjei-Brenyah bei Loretta und Hurricane, lässt die Leser teilhaben an ihrer Beziehung und gibt Anhaltspunkte zu ihrer Vergangenheit. Doch dann führt er immer weiter neue Charaktere ein und gibt ihnen teilweise für ein Kapitel eine eigene Erzählstimme. Er springt von Charakter zu Charakter und bei einigen weiß ich selbst am Ende nicht, warum sie da waren. Das hat mich teilweise vom Wesentlichen abgelenkt und so blieben mir selbst die beiden Hauptpersonen ziemlich fremd.
Zurückzuführen ist der Titel und der Aufbau des CAPE-Systems auf die Chain Gangs, die in den Südstaaten Amerikas lange üblich waren und bei dem die Gefangenen aneinandergekettet schwerste körperliche Arbeiten verrichten sollten. Umschrieben als Chance der Wiedereingliederung handelte es sich dabei im Prinzip um Sklaverei und Ausbeutung. Als Kommentar zum Gefängnissystem und der Gesellschaft ist Chain-Gang All-Stars sehr gut, mir standen die Haare zu Berge bei einigen der Bemerkungen von Zuschauern und Veranstaltern und das Konzept des CAPE-Programms als Hard-Action-Sport (oder generell als Sport) zu bezeichnen ist wohl die absurdeste Beschönigung schlechthin. Untermalt wird der Text durch Fußnoten in denen die Opfer des Systems in sehr realistischer Form geschildert werden.
Am Ende lässt mich Chain-Gang All-Stars sehr zwigespalten zurück. Im Grunde ist das, was Nana Kwame Adjei-Brenyah beschreibt gar nicht so unvorstellbar und man schämt sich, zu einer Gesellschaft zu gehören in der dies so ist. Dennoch hat mich der Schreibstil so gut wie gar nicht erreicht. Das ging so weit, dass ich mehr und mehr das Interesse an der Geschichte und den Personen verlor und v.a. die Nebencharaktere oft nicht unterscheidbar waren. Daher ist Chain-Gang All-Stars ein Text, der darauf aufmerksam macht, auf was unsere Gesellschaft zusteuert, doch der leider literarisch nicht meinen Geschmack traf.