Rezension zu "Yona" von Nastasja Penzar
„Yona“ von Nastasja Penzar bei Matthes und Seitz, erzählt von Yona, die sich nach dem Tod ihres Vaters auf die Suche nach ihrer Herkunft macht. Ihr Vater hat ihr einen Namen hinterlassen der sie, in das Herkunftsland ihrer Mutter, nach Guatemala führt. Diese Reise zeigt ihr ein Land, in dem Gewalt sich in den Alltag eingeschrieben hat. Yona kann sich diesem Strudel nicht entziehen und muss überlegen, wie viel sie davon als ihre eigene Herkunftsgeschichte zulassen möchte. Nastasja Penzar erzählt dies in sprachlich sinnlichen und dichten Bildern. Ein Debüt, dass uns als Leserschaft ein fremdes Land präsentiert, dessen Alltag sehr weit entfernt von unserem westlich geprägten ist.
Nastasja Penzar lässt Yona in ihrem Debüt nach fehlenden Teilen ihrer eigenen Identität suchen. Immer wieder verweisen Rückblenden auf das gemeinsame Leben mit dem verstorbenen Vater, wobei über diesem Roman vor allem die abwesende Mutter schwebt. Nie wird konkret über sie gesprochen, sondern sie scheint nur in Andeutungen auf. Ausgangssituation der Reise ist der Tod des Vaters und somit der erneute Verlust eines Elternteils. Nun ist Yona auch alleine in dem Land, in dem sie aufgewachsen ist. Sie möchte, die noch vorhandenen Teile, ihrer Familie aufspüren und reist zu ihrer Tante nach Guatemala. Dabei lernt sie ein Land kennen, in welchem sich Gewalt fest in den Alltag eingeschlichen hat. Bandenkriege und Korruption bestimmen die Gesellschaft. In Rückblenden wird zudem deutlich, dass die fehlende Mutter Yonas Aufwachsen belastet hat und sich auch zum Vater kein offenes Verhältnis aufbauen ließ. Der Fokus der Erzählperspektive liegt auf Yona, die in ihren Worten auch eine ansteigende Unsicherheit zeigt. Auf diese Weise verbinden sich psychologische Tiefe und die äußeren Gewalterfahrungen. Kombiniert wird letzteres noch durch die Naturgewalt eines Vulkans. Allerdings ist auch der Umgang mit dieser nicht ungefährlichen Natur ein ganz anderer, als ihn Yona aus Deutschland gewohnt war. Diese intensive Kombination wird ästhetisch in einer Sprache verarbeitet, die auf sinnliche Eindrücke setzt und auch Naturmetaphorik einarbeitet. Genannt seien hier vor allem die dominant präsenten Ameisen, die sich immer wieder als herannahende Bedrohung zeigen.
Die sprachliche Qualität dieses Debüts beeindruckt beim Lesen, ebenso der so nah vorgestellte Alltag in Guatemala. Allerdings werde ich mit der Hauptfigur über die Geschichte hinweg nie ganz vertraut. Durch ihre auftretende Unsicherheit ist sie schwer zu greifen und ich kann ihre Beziehung zu den Eltern für mich nie zufriedenstellend einordnen. Trotzdem ist die sprachliche Qualität dominierend und lässt nach diesem Debüt auf weitere Romane, die dann auch in ihrer Komposition noch besser beeindrucken, hoffen.