Cover des Buches Geister (ISBN: 9783492057370)
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Rezension zu Geister von Nathan Hill

Ein großer amerikanischer Roman

von anushka vor 7 Jahren

Rezension

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anushkavor 7 Jahren
Samuel Anderson ist Literaturprofessor und bestreitet sein Leben mehr schlecht als recht. Nach einer erfolgreichen und vielversprechenden Kurzgeschichte hat er einen Vertrag und einen Vorschuss von einem Verlag für ein Buch bekommen, das er immer noch schreiben muss. Seine Studenten unterrichtet er leidlich motiviert. Und dann verändert der Anruf eines Anwalts plötzlich alles: nach über 20 Jahren hört Samuel wieder von seiner Mutter. Die, die ihn in seiner Kindheit verlassen hat, braucht jetzt eine Bürgschaft von ihm, die ihren guten Charakter herausstellen soll. Denn seine Mutter hat einen Präsidentschaftskandidaten angegriffen. Samuel sieht seine Chance gekommen ...

Dieses Buch ist schwer in Worte zu fassen. Es ist fast schon episch, auf verschiedenen Ebenen. Am augenfälligsten von seinem Umfang her, denn es ist in etwas so handlich wie ein Ziegelstein. Zum Glück bietet der Verlag dieses Buch auch in seiner App "Papego" für mobiles Weiterlesen an. Aber auch die Themen spannen sehr weit. Zum einen geht es um Samuels Familiengeschichte, dann um die Familiengeschichte seiner Mutter. Eingestreut werden norwegische Sagen. Und, wenn man so will, auch eine moderne Sagenwelt, indem auch ein Internet-PC-Rollenspiel namens Elfscape in etlichen Kapiteln eine Rolle spielt. Hinzu kommen die Studentenproteste der 68er, die sich auch in der Erwähnung der Occupy-Bewegung wiederspiegeln. Dazu noch die ein oder andere Randfigur, hier ein wenig Kritik daran, wie wir heute unser soziales Leben gestalten, dort ein wenig Kritik an dem Leistungs- und Lernverhalten in heutigen BIldungseinrichtungen und hochaktuell auch ein ultrakonservativer Präsidentschaftskandidat. All das mag erscheinen, als hätte es miteinander wenig zu tun, aber trotzdem gelingt es Hill, ein stimmiges Gesamtwerk zu erschaffen, dass für mich endlich die Beschreibung "großer amerikanischer Roman" ausfüllt. Die Familiengeschichte ist immer eingebettet in den gesellschaftlichen Kontext, sodass sie nie trivial erscheint. Der Spannungsbogen war immer vorhanden und am Ende hat man gar nicht gemerkt, wie viele Seiten man eigentlich gelesen hat. Für mich fügte sich am Ende alles stimmig zusammen, auch wenn es hier und dort ein paar lose Enden gab, die aber perfekt zu diesem Buch passen. Das Ende ist vielleicht ein wenig weichgezeichnet, passt aber auch darin für mich sehr gut zum Gesamteindruck.

Insgesamt ist "Geister" ein Buch, das mich rundum begeistern konnte und bei dem optischer und inhaltlicher Eindruck ein tolles Gesamtergebnis liefern. Einige Worte muss ich noch zur wundervollen Sprache des Autors verlieren. Sie trifft die Dinge sehr pointiert, ist aber niemals vulgär, sondern bleibt immer noch nahezu poetisch, auch in etwas heftigeren Szenen. Sie ist dabei nicht abgehoben, aber auch nicht zu einfach, und liest sich flüssig. Vor allem ist die Sprache bildhaft und lässt die Handlung vor dem inneren Auge entstehen, fast wie ein innerer Kinofilm. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für das Buch.
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