Klappentext:
Jeden Tag steigst du in denselben Bus ein und siehst unterschiedliche Menschen. Menschen verschiedener Herkunft, mit verschiedenen Persönlichkeiten und verschiedenen Problemen. Sie alle scheinen ihr Leben unter Kontrolle zu haben und glücklich zu sein, doch manchmal kann der Schein trügen. Hast du dich jemals gefragt, was für ein Leben diese Menschen wirklich führen?
🦋 𝙼𝚎𝚒𝚗𝚎 𝙼𝚎𝚒𝚗𝚞𝚗𝚐:
Ich wusste schon nach den ersten paar Seiten, dass ich es nicht bereuen werde, dieses Buch gelesen zu haben.
Das Buch ist eine Ansammlung an 15 Kurzgeschichten, die uns jeweils einen Ausschnitt aus dem Leben eines Charakters zeigen. Das Geniale daran ist die Tatsache, dass die Geschichten sich überschneiden, Charaktere aus einer Geschichte in anderen auftauchen und dort ein wenig in die Handlung eingreifen. So bekommt man mehr als nur eine Sicht auf den Stand der Dinge und das Verständnis dafür, dass die „schlechten Menschen“ der einen Geschichte eigentlich selbst nur Opfer ihrer eigenen Geschichte sind.
Die Charaktere haben mit Ängsten, Selbstzweifel, Verlust, Hass und Diskriminierung zu kämpfen und es werden viele kritische Themen angesprochen und von allen Seiten beleuchtet.
Und wenn man auch nur halb so sentimental ist wie ich, sind Tränen garantiert!
Da das Buch relativ ruhig und nachdenklich geschrieben ist, fühlen sich spannungsgeladene Szenen nur manchmal ein wenig fehl am Platz an. So ein Wechsel von Philosophieren auf Panik ist für mein langsames Gehirn nicht gemacht. Aber das war kein so großes Problem.
Wofür ich das Buch besonders liebe: Die unendlich vielen schönen Zitate!
Und dass all die Geschichten laut „Du bist mit deinen Problemen nicht allein!“ schreien. Ich habe mich selten von einem Buch so verstanden gefühlt und so sehr mit Charakteren mitgefühlt! 🦋
Vom Cover und dem Schreibstil war ich außerdem von Anfang an absolut überzeugt und ich kann »Der Passagier neben mir« nur weiterempfehlen! ♥️
Danke für das Rezensionsexemplar und dass ich Teil der Bloggertour sein durfte!
Nazligül Cayoglu
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Der Passagier neben mir
Neue Rezensionen zu Nazligül Cayoglu
Ebenso wie die Figuren in dem Buch, habe auch ich während des Lesens ein Auf- du Ab erlebt.
Jedes Kapitel in diesem Buch ist aus der Perspektive einer anderen Figur geschrieben, die jeweils ihre individuelle Lebenslage und Konflikte mit sich bringt. Was ich besonders schön daran fand, ist, dass sich die Wege der Figuren im Laufe des Buches kreuzen und es kleine Kontakte und Gespräche gibt, die das Leben der Einzelnen individuell beeinflussen.
Es werden viele Problemstellungen thematisiert, die bestimmt allen von euch (in gewissem Maße) schon einmal begegnet sind.
Ich persönlich hätte mir ein anderes Ende für das Buch gewünscht und hatte auch teilweise meine Schwierigkeiten mit dem recht umgangssprachlichen Schreibstil, weshalb es einen Abzug in meiner Sternebewertung gegeben hat. Auch haben sich leider noch ein paar Fehlerchen in diese Erstveröffentlichung eingeschlichen.
Dennoch zeigt dieses Buch sehr schön, wie die Menschen in unserer Gesellschaft alle ihre individuellen Konflikte im Leben haben und auf diese fokussiert sind. Ein Buch, dass definitiv zum Nachdenken anregt.
Nazligül Cayoglu ist mit »Der Passagier neben mir« eine berührende Kurzgeschichtensammlung über die Vielschichtigkeit des Lebens gelungen, die sich wichtige Tabuthemen vornimmt, zum Nachdenken anregt und den Leser emotional ergreift.
»Der Passagier neben mir« enthält 12 Kurzgeschichten aus unterschiedlichen Perspektiven, die zum Teil ineinander verwoben sind. Einzelne Szenen tauchen daher mehrfach und aus einem anderen Blickwinkel im Buch auf, was für den Leser sehr spannend ist und neue emotionale Ebenen schafft. Die Kurzgeschichten selbst haben eine angenehme Länge, sodass man immer eine am Stück lesen kann, und sind symmetrisch zueinander aufgebaut. Nazligül Cayoglu hat einen schönen Schreibstil, der zu einem angenehmen Lesefluss führt. Mit ihrem Buch weist sie daraufhin, dass wir nicht der einzige Mensch auf diesem Planeten sind und die Welt sich nicht nur um einen selbst dreht, sondern dass jeder einzelne Mensch, dem wir vielleicht auch nur flüchtig begegnen, ein Individuum mit einem eigenen Leben hat. Mit Glück und Pech, Liebe und Schmerz. Die Themen, die die Autorin in »Der Passagier neben mir« anspricht, sind emotional und regen zum Nachdenken an. Sehr feinfühlig und reflektiert wird über Tabuthemen gesprochen, die dazu führen, dass man sein eigenes Leben überdenkt, denn auch die ein oder andere Lebensweisheit lässt sich in dem Buch finden. Meine Lieblingsgeschichten waren die von Amir, Jake und Elisa, wobei ich eigentlich alle sehr toll fand und bei jedem mitfühlen musste. Jede Geschichte war einzigartig und berührend und die jeweilige Thematik sehr gut umgesetzt. Den Klappentext beziehe ich normalerweise nicht in meine Bewertung mit ein, in diesem Fall muss ich aber ein großes Lob aussprechen: Er passt wirklich gut zum Buch!
Kritikpunkte: An »Der Passagier neben mir« habe ich kaum etwas zu meckern, wie an der Sternebewertung zu erkennen ist. Dennoch sind mir ein paar Kleinigkeiten aufgefallen: Zum einen gibt es viele Passagen mit wenig Dialog, wodurch es sich teilweise gezogen hat, und kleine Logikfehler (zum Beispiel, dass Manisha sich mit nur einem Klick bei einer der Kunstuniversität bewirbt, obwohl die Kunstuni-Bewerbung mit Mappe etc. durchaus oft ein Jahr oder sogar länger an Vorbereitung beansprucht). Außerdem sind mir ein paar Orthographiefehler aufgefallen, welche ich aber natürlich nicht der Autorin, sondern eher dem Lektorat anlaste. All diese Aspekte sind aber wirklich nur ein Meckern auf sehr hohem Niveau und insgesamt hat mir das Buch wirklich sehr gut gefallen. Als kleinen Anreiz: Eine Triggerwarnung wäre vielleicht empfehlenswert gewesen, da einige sehr sensible und triggernde Themen beschrieben werden.
Nun möchte ich ein wenig auf die einzelnen Geschichten eingehen. Ich bitte zu beachten, dass diese Rezension ab hier Spoiler erhält. Da die Geschichten an sich relativ kurz sind, komme ich da leider nicht drum herum.
! ACHTUNG SPOILERWARNUNG !
● Lucy hat Angst davor, sich zu outen. Als sie es bei ihrem Vater versucht, versteht dieser es als Witz und beginnt zu lachen. Da habe ich einen richtigen Stich im Herzen gefühlt. Im Kampf mit sich selbst und dem Wunsch, ihr wahres Ich kennenzulernen, zieht Lucy sich vor allen zurück, erfährt im Laufe der Geschichte jedoch noch ein Happyend. Besonders gut hat mir hier die zerbrechliche und nachdenkliche Atmosphäre gefallen.
● Alex ist mit Sophie zusammen, dem beliebtesten und hübschesten Mädchen der ganzen Schule. Doch während ihrer Beziehung kommen Seiten an ihr zum Vorschein, die alles andere als schön sind: Sophia ist besitzergreifend und gewalttätig, wenn Alex nicht genau das tut, was sie sagt. Ganz nach dem Motto: ,,Das Gesicht eines Menschen erkennt man bei Licht, seinen Charakter im Dunkeln." So muss er zum Beispiel auch den Kontakt zu seinem besten Freund abbrechen und ist damit emotional von Sophia abhängig, weil er sonst niemanden mehr hat. Am liebsten möchte man zu Alex ins Buch steigen, ihn in den Arm nehmen und ihm sagen, dass er diese toxische Beziehung sofort abbrechen soll. Außerdem verdeutlicht diese Kurzgeschichte auch nochmal, dass jeder Mensch verborgene dunkle Facetten hat.
● In Elisas Geschichte geht es um die Thematik des Kinderwunsches gefolgt von der der Fehlgeburt. Darum, wie schnell das höchste Glück in das tiefste Leid stürzen, und wie sich so ein Ereignis auf eine Liebesbeziehung auswirken kann. Diese Kurzgeschichte fand ich persönlich emotional am stärksten, und sie war wirklich, wirklich gut und berührend geschrieben. Lustig fand ich, dass Elisas Mann, der so ein bisschen als Traumman dargestellt wird, James heißt. Denn - so als kleine Anekdote - in meiner Vorstellung heißt mein künftiger Traummann auch James. xD
● Nach unzähligen Absagen bekommt Amir endlich die Zusage für einen neuen Job, mit dessen Geld er seine Familie ernähren will. Nach einer Terrorattacke in der Stadt wird ihm jedoch der Job gekündigt, weil er dieselbe Religion hat, wie die Täter, und er wird sogar auf offener Straße attackiert. In dieser Kurzgeschichte dreht sich also alles um Diskriminierung und Vorurteilen aufgrund von einer Hautfarbe, Kulter und Religion, aus der Sicht des Opfers. Durch beklemmende Atmosphäre und das Mitleid aufgrund der Ungerechtigkeit habe ich einen richtigen Stein im Magen bekommen und wurde sogar richtig wütend. Aber wie Amir so schön sagt: ,,Die Welt [ist] einfach so, wie sie [ist]. Geteilt in zwei Hälften, die nicht unterschiedlicher sein könnten."
● Manisha ist eine Perfektionistin, was nicht zuletzt daher rührt, dass ihre Eltern sehr hohe Ansprüche an sie haben. Eigentlich soll sie Medizin studieren, hat aber die Liebe für die Kunst für sich entdeckt. Nachdem sie ihre Biologie-Abschlussprüfung nicht wie gewünscht abschließt, zerplatzt der Traum des Medizinstudiums, der in ihrem Inneren jedoch schon längst geplatzt ist. Doch vor ihren Eltern hat sie das nicht zugeben wollen. Ich finde es immer schlimm, wenn Eltern sich in die Berufswahl ihrer Kinder einmischen wollen und ihnen einen solchen Notendruck machen. Da ich ebenfalls Perfektionistin bin, konnte ich mich mit Manisha sehr gut identifizieren. Im Gegensatz zu ihr haben meine Eltern mich aber unterstützt, obwohl das Kunststudium lange Zeit ganz weit oben auf meiner Liste stand.
● Suji hat auf einer Party mit einem Jungen, in den sie verliebt ist, Sex. Eigentlich ja nichts schlimmes, nur ist ihre Mutter gegen Geschlechtsverkehr vor der Hochzeit und findet es fast schon abscheulich, wie spielerisch die Mädchen heutzutage mit ihrer Jungfräulichkeit umgehen. Deswegen wird Suji von Schuldgefühlen geplagt. Auch hier greifen die Eltern in einen Teil des Lebens ihres Kindes ein und ich fand es super, dass auch diese Thematik im Buch angesprochen wurde. Da ich selbst damit nicht so viele Berührungspunkte finden konnte, hat mich diese Kurzgeschichte nicht so sehr mitgerissen wie die anderen, obwohl sie auch schön und sensibel geschrieben war.
● Mason, einst selbst "der Neue" an seiner Schule, rettet den neuen Schüler Lucas vor Mobbern, woraufhin sich eine Freundschaft zwischen den beiden aufbaut. Neben dem ersten Verliebtsein geht es in dieser Kurzgeschichte aber vor allem um Verlust: Bei dem Terroranschlag, von dem wir bereits in Amirs Geschichte gehört haben, stirbt Lucas. Masons Reaktion auf seinen Tod war so gut geschrieben, dass ich ganz vergessen habe, dass ich lese. Das war wirklich einer meiner Lieblingsmomente im Buch. Hier fand ich auch die Verbindung zu einer der anderen Geschichten am besten umgesetzt. Wo man zuvor einfach nur Unverständnis für den Jungen hat, der Amir auf der Straße attackiert, leidet man hier einfach total mit Mason mit und versteht die Zusammenhänge jetzt viel besser.
● Jake hat ein glückliches Leben: Er versteht sich mit allen gut und hat eine liebevolle Familie. Doch im Angesicht seiner Abschlussprüfungen, für die er ziemlich hohe Erwartungen an sich selbst hat, verliert Jake seine Motivation und seinen Sinn, geht nicht mehr raus und sagt zu allem Nein. ,,Es schien einfach alles dunkel und verloren zu sein." Obwohl seine Familie ihm beisteht, fällt er in ein tiefes Loch, bis er sich schließlich bereiterklärt, zu einer Gruppentherapie zu gehen. Diese Kurzgeschichte zu lesen, hat wehgetan. So richtig tief im Herzen. Wahrscheinlich ist es auch von allen 12 meine Lieblingsgeschichte.
● Die Geschichte von Nala beschreibt, wie schlimm es für ein Kind ist, wenn die Eltern sich scheiden lassen. Wenn das Bild der perfekten Liebesromanze zerbricht. Nala wird danach von Alkohol und Zigaretten und die Beziehung zu ihren Eltern verändert sich stark. Auch hier konnte ich sehr gut mitfühlen. Nala hat mir einfach leid getan, ihre Eltern aber mindestens genauso sehr.
● Marva möchte durch Sport und eine drastische Veränderung ihres Essverhaltens abnehmen, um ihrer Traumfigur, mit der sie in den sozialen Medien immer wieder konfrontiert wird, näherzukommen. Ihre Unzufriedenheit war durch die Zeilen hindurch spürbar und hat einen als Leser richtig mitgenommen.
● Carlos ist ein absoluter Mädchenschwarm und hat in der Schule die volle Kontrolle über seine Mitschüler, indem er sich durch Mobbing deren Respekt verschafft. Was jedoch niemand weiß, ist, dass Carlos und seine Mutter Opfer von Häuslicher Gewalt sind. Besonders gut hat mir in dieser Kurzgeschichte die Szene gefallen, in der Carlos sich gewehrt hat, aber auch die mit dem Gespräch mit Elisa, die man aus dieser neuen Perspektive dann nochmal ganz anders gefühlt hat.
● Finn haben wir bereits in Jakes Geschichte kennengelernt. Als dessen Bruder erleben die Leser nun Jakes Depressionen aus seiner Sicht und erfahren, welche Auswirkungen diese psychische Krankheit auf die ganze Familie hat. Die Hilflosigkeit der Familie zwischen Anschuldigungen und Selbstvorwürfen sowie der realistische Wandel innerhalb der Beziehungen, hat mir hier besonders gut gefallen. Und natürlich auch die Moral: Dass man jede noch so schwere Zeit durchstehen kann, wenn man zusammenhält und füreinander da ist.
Fazit:
»Der Passagier neben mir« von Nazligül Cayoglu umfasst 12 ineinander verwobene Kurzgeschichten, welche zum Nachdenken anregen und wichtige Botschaften vermitteln. Ich vergebe 4,8 von 5 ☆ und bedanke mich nochmal herzlichst für das Rezensionsexemplar!
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