Cover des Buches Amalthea (ISBN: 9783442547623)
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Rezension zu Amalthea von Neal Stephenson

Ein spannendes Thema, für mich zu technisch umgesetzt

von letusreadsomebooks vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Spannendes Thema, aber viel zu technisch und detailreich, ein schludriges letztes Drittel und das Ende war auch fragwürdig.

Rezension

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letusreadsomebooksvor 8 Jahren

05:03:12 Weltzeit, die Stunde Null. Nachdem der Mond explodiert ist, wütet über Jahrtausende ein Meteoritensturm, welcher die Oberfläche der Erde in eine Wüstenei verwandelt. Die Nationen der der Erde beschließen, eine Flotte von Archen in das All zu schicken, um die Menschheit vor der Auslöschung zu bewahren. Angedockt an die Raumstation ISS ist der Asteroid Amalthea, der als Schutzschild für die Kolonie dienen soll. Doch das Leben im Weltall fordert einen hohen Tribut von den Überlebenden.

Nachdem ich die letzte Seite von Neal Stephensons neuem Roman Amalthea beendet hatte, machte sich zunächst Erleichterung breit. Aber nicht weil das Buch so schlecht gewesen war, sondern weil es den Leser wirklich fordert und teilweise anstrengend zu lesen ist. Wer bereits Bekanntschaft mit dem Autor gemacht hat, der wird wissen, dass sich seine Bücher durch eine sehr hohe Detaildichte auszeichnen, ebenso wie seitenlange wissenschaftliche Beschreibungen und Erklärungen. Bis jetzt hatte ich von Stephenson nur die Barock-Trilogie gelesen, welche im europäischen Zeitalter der Aufklärung spielt und mir sehr gut gefallen hat. Amalthea dagegen ist in der Zukunft angesiedelt. Leider gelingt dieses Mal nicht der Spagat zwischen umfassenden technischen Ausführungen und einer spannend erzählten und interessanten Handlung. Die Handlung fand ich sofort sehr ansprechend, doch leider geht sie für mich zu oft unter zwischen den ganzen Beschreibungen. Hier fließen vor allem Theorien aus der Physik, Genetik und Astronomie ein. Und ich muss ehrlicherweise gestehen, dass ich die wissenschaftlichen Aspekte, die nun mal eine zentrale Rolle spielen, gelegentlich nicht im vollen Umfang verstanden habe und hier dem Autor nicht immer folgen konnte. Eine Beurteilung, inwiefern diese Ausführungen glaubhaft sind, kann ich daher in keinem Fall abgeben. Durch diese Verständnisprobleme war das Buch auch nicht durchweg spannend zu lesen, denn die gesamte Handlung kommt aufgrund der detailreichen Beschreibungen nur langsam voran.

Aber wie bereits angedeutet hat der Roman auch positive Aspekte. Die zugrundeliegende Idee, dass die Erde zerstört wird und die Menschheit versucht, sich ein neues Leben im Weltall aufzubauen, finde ich sehr interessant. Zudem sind die technischen Aspekte immer sehr anschaulich beschrieben. Generell gelingt es dem Autor auch gut, den Umgang der Menschen mit dieser bevorstehenden Katastrophe zu beschreiben, auch wenn es nur schwer vorstellbar ist, dass alles so verhältnismäßig ruhig vonstattengeht. Grundsätzlich hätte ich mir gewünscht, dass der Autor sich neben den vielen technischen Erklärungen stärker auf soziologische Aspekte konzentriert, die so eher untergehen. Da hier eindeutig die Geschichte im Vordergrund steht, sind die Charaktere nicht unbedingt detailliert ausgearbeitet, was aber eben aufgrund der spannenden Thematik nicht weiter gestört hat. Denn es geht eben nicht um die Lebensgeschichte von einzelnen Personen und ihre Entwicklung, sondern darum, wie sie in dieser konkreten Situation, dem bevorstehenden Untergang der Erde, handeln. Das Buch ist in drei Teile geteilt, wobei der dritte Teil 5000 Jahre in der Zukunft angesiedelt ist. Und so viel Detailliebe der Autor in die Erklärungen der ersten beiden Drittel gesteckt hat, fehlt sie hier. Die Informationen zu den Geschehnissen der vergangenen fünf Jahrtausenden (!) wirken sehr lieblos und langweilig. Und am Schluss konnte ich ehrlicherweise gar nicht mehr folgen. Ich möchte das Ende natürlich nicht verraten, aber hier fehlten mir doch einige Erklärungen, wie das möglich sein soll. Gerade der Kontrast zwischen der Ausführlichkeit der ersten Teile und den Geschehnissen am Ende ist sehr stark.

Die Überlegungen von Stephenson und seine Grundidee finde ich nach wie vor sehr spannend. Wie er das allerdings umsetzt, gefällt mir weniger. Für mich ist der Roman einfach zu technisch. Meine Hoffnung, dass er neben den wissenschaftlichen Details auch auf die kulturellen Entwicklungen und Umstände eingeht (Religionen spielen zum Beispiel fast gar keine Rolle) wurde leider enttäuscht. So ist das Buch eher für Leser, die sich für Weltraumtechnik, Umlaufbahnberechnungen und Methoden zum Antrieb von Raumschiffen begeistern können, bestens geeignet.

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