Es ist schon ein Weilchen her, dass ich Abenteuer Highlands – mein etwas anderes Leben im schottischen Hochland geschrieben und nach dem Rückzieher des Verlags wegen Einstellung der Reihe, in der das Buch erscheinen sollte, schließlich im Selbstverlag veröffentlicht habe. Seither habe ich zwei weitere Bücher geschrieben, eigentlich drei: Riding Towards Shadows, das 2018 erschienen ist und Schottland für stille Stunden, das 2020 veröffentlicht wurde. Das gibt es 2021 auch auf Englisch und wird Scotland for Quiet Moments heißen. Wer also gedacht hat, ich sitze in meiner wunderbaren Schreibhütte, schaue aufs Meer und tue nichts, der liegt völlig falsch. Allen Stromausfällen und Sturmschäden zum Trotz: Ich habe weitergeschrieben und hier ist er nun, der zweite Teil von Abenteuer Highlands: Abenteuer Highlands 2.0 – zwischen Schwarzwald und Schottland.
Inzwischen lebe ich seit zehn Jahren in meiner schottischen Fernbeziehung und habe nach dem anfänglichen Gefühl des entscheiden Müssens sehr bald gemerkt, dass eine Seele mehr als nur eine Heimat haben kann. Ich habe zwei zu Hause: eines im Schwarzwald, wo ich gerne lebe, gerne esse und meine Arbeit habe, und eines in den Highlands, wo ich schreibe und meine Zeit mit dem Mann an der großen Weite der Westküste Schottlands genieße. Das eine schließt das andere nicht aus, im Gegenteil, es lässt Dinge klarer werden und man macht sich bewusster, was man will und womit man seine Zeit verbringen möchte.
Der besondere Charme an diesem Lebensentwurf: Beide Leben sind gänzlich unterschiedlich. Das deutsche ist hektisch und aufregend, meine Arbeit beim Fernsehen abwechslungsreich, ich reise viel, nach Russland, China, Japan, Brasilien und genieße die Vorzüge des Stadtlebens. In den Highlands dagegen wird es still und ruhig, zurückgezogen. Ich lese viel, wandere und schreibe. Diese Seite meines Lebens gibt mir die Kraft, das Hochgeschwindigkeitsleben in Deutschland mit Freude und Energie anzupacken.
Die Zeit, in der wir getrennt sind, überbrücken wir durch Social Media und ein tägliches Skype-Gespräch von einer Stunde. Und mal ehrlich, in wie vielen Beziehungen spricht man täglich mindestens eine Stunde miteinander? Ein solch intensiver Austausch wird im Alltag oft vernachlässigt. Ich liebe dieses Leben, das ich führe, und was als Abenteuer in der Fremde begann, ist nun ein Leben in zwei Welten geworden. Aber auch das kann abenteuerlich sein. Ihr werdet schon sehen!
In Abenteuer Highlands habe ich euch durch ein Jahr in Schottland geführt. Dies sind die wahren Geschichten, die ich in den Jahren seither in meiner Fernbeziehung mit einem Schotten erlebt habe. Nicht in der zeitlichen Reihenfolge, in der sie passiert sind, die bekäme ich gar nicht mehr richtig auf die Reihe, der Mann und ich sind schon so lange ein Paar. Die Struktur ist nicht die Zeit, sondern das Wort, von A – Z: A wie Aberglaube, B wie Banff, C wie Corona usw.
Amüsiert euch über buchende Baroninnen und denkwürdige Dudelsackspieler, lernt Poeten und tapfere Schneiderlein kennen, gruselt euch über Moorleichen, Hexen und Geister, lacht über Extrawürste und gefährliche Frühstücke und findet heraus, wie man trotz Corona und Brexit ein glückliches Leben in der Fernbeziehung hinbekommt.
Kleines Beispiel gefällig? Bitteschön!
Ein Pub finde ich lange Zeit nicht, doch dann steht es vor mir, das Ship Inn. Drinnen ist es genauso wie man sich ein Pub der Fischer vorstellt, etwas heruntergekommen, sehr klein mit sehr niedriger Decke, wie gut, dass ich in Schottland so gut wie nie hohe Schuhe trage, und in Anbetracht der Tatsache, dass es Januar und damit so gut wie kein Fischer unterwegs ist, auch ziemlich leer. Dafür brennt ein kleines Kaminfeuer. An einem Tisch sitzen zwei Frauen, die gleichzeitig aufstehen, als ich hereinkomme.
„Heute Frauenabend?“ frage ich und die beiden lachen.
„Sieht so aus“, sagt die Blonde und tritt hinter den Tresen. Sie ist offensichtlich die Barfrau und sieht auch genauso aus, wie man es sich vorstellt, schlank, blond und ein Raucherinnengesicht wie frisch aus Coronation Street.
„Mir wird heute einfach nicht warm“, stöhnt die andere, die einen pinkfarbenen Plüschbademantel über ihren normalen Klamotten trägt. Ich schaue sie wohl etwas verwundert an. Das Outfit passt nun nicht gerade in meine Vorstellung vom Pub der Fischer.
Die Blonde hinter dem Tresen hat meinen Blick wohl bemerkt und fügt mit einem Blick auf den Morgenmantel an: „Sie darf das, sie ist die Chefin.“
Ich nicke verständnisvoll, stelle mir meinen Chef in diesem Outfit vor und muss grinsen, während ich mich auf den Barhocker am Tresen setze. Ich bin also allein im Pub der Fischer mit einer Chefin im Morgenmantel und einer Soap Opera-Blondine, die mir mein Bier zapft. Die Unterhaltung kreist um Donald Trump, australische Buschfeuer und Enkelkinder. Wenig später geht die Tür auf und ein Mann kommt rein. Auch kein Fischer wie sich herausstellt. Das ist nun der Chef. Als letztes trottet ein zutraulicher Collie herein. Der Haushund.