Vorab zur Information: Ich habe das Buch bei der Hälfte abgebrochen, weil es mich überhaupt nicht fesseln konnte. Wenn ich es später doch weiter lesen sollte, passe ich meine Rezension gern an. Aber bis dahin bezieht sich meine Einschätzung auf 50% des Buches.
Zum Inhalt:
Lotte wohnt in Hamburg und ist seit Jahren vergeben. Nun hofft sie an ihrem Geburtstag auf den lang ersehnten Heiratsantrag. Doch es kommt ganz anders: ihr Freund Johannes verlässt sie und räumt die gemeinsame Wohnung. Nach einer durchheulten Nacht und ziemlich gefrustet, läuft auch die nächste Radiomoderation nicht gut. Statt tolle Beziehungsratschläge zu geben, ruft sie die Frauen zur Trennung auf und sie sollen doch endlich leben. Ihrem Chef gefällt es nicht, die fristlose Kündigung kommt sofort geflattert.
Für einen Neustart kommt nur ein gänzlicher Tapetenwechsel in Frage. Lotte zieht kurzerhand zu ihrer besten Freundin nach Berlin. Dort hat sie auch gleich einen neuen Job als Talentscout für Autoren erotischer Geschichten. Für die Geschäftsführer des Verlages war der letzte Radioauftritt ein voller Erfolg.
Ziemlich zu Beginn lernt sie auch Tristan kennen, der ihr Leben bereichert. Hinzu kommt der tragische Verlust ihrer Tante Edita, die sie gar nicht richtig kennen lernen konnte. Die Tante war etwas zu unkonventionell für den Rest der Verwandtschaft und der Kontakt brach ab. Nun hat Lotte die Chance Editas Club in Berlin zu übernehmen und einen Einblick in ihr schillerndes Dasein vor ihrem Tod zu bekommen.
Zum Schreibstil:
Erzählt wird von einem neutralen Erzähler, der Lottes Sicht der Dinge widergibt. Die Art und Weise ist recht einfach gehalten, man kann relativ gut folgen und muss beim Lesen nicht allzu viel nachdenken. Die Bildhaftigkeit ist manchmal nicht so gegeben, einige Szenen kann ich mir also schwer vorstellen. Da fehlen ab und an ein paar Sätze und es geht von jetzt auf gleich viel zu schnell, sodass ich plötzlich in einem Geschehen stecke, das zu unerwartet kommt.
Meine Einschätzung:
Der Einstieg war wirklich problemlos, locker und witzig spritzig wurde man in das Geschehen geworfen. Die Radiosendung hat mich sofort mitgerissen und ich musste schmunzeln. Ich war erfreut ein tolles lockeres Buch erwischt zu haben...
Den Umzug nach Berlin konnte ich nachvollziehen. Die Autorin scheint mir Vollblut-Berlinerin zu sein, da die Hauptstadt in den höchsten Tönen gelobt wird. Ich persönlich hätte eher Hamburg gelobt und nie verlassen :-)
Dann kam bald die Ernüchterung, was das tolle Buch betraf:
Die Entwicklung mit Tristan ging mir viel zu unrealistisch schnell. Den ersten Abend in Berlin, das erste Mal dort unterwegs und schon einen Mann abgeschleppt mit dem sofort fast jeder Tag verbracht wird? Man hätte meinen können, dass Lotte schon noch etwas Zeit braucht nach der Pleite ihrer letzten Beziehung, schließlich hielt diese auch eine Weile. Es wäre realistischer gewesen, wenn die Liason mit Tristan mal für 1-2 Dates gewesen wäre, als Ablenkung. Aber gleich eine neue vielversprechende Beziehung?
Die wenigen erotischen Momente zwischen Tristan und Lotte wurden mal nur angedeutet – was mir gut gefiel, den Rest kann man sich ja denken – und dann wiederum versucht schön zu beschreiben, was aber voll in die Hose ging, meiner Meinung nach. Plötzlich derbe Beschreibungen haben auf einmal überhaupt nicht in den Text gepasst. Vielleicht will man mit Lottes Privatleben den neuen Job mit einfließen lassen?! Als Talentscout für Autoren erotischer Geschichten kann das eigene Leben ja auch inspirieren.
Der Job selbst konnte mich auch nicht packen. Der Beginn als Radiomoderatorin hat mich erst total mitgerissen, ich fand es witzig und sehr unterhaltsam. Leider leider hielt dieser Job ja nur 1 Kapitel. Als Talentscout mit massig Freiraum kann ich nichts mit Lotte anfangen. Was macht sie da eigentlich genau? Ich verstehe das nicht richtig… Ist das nun eine Chicklit-Story über Berlin oder eine versuchte Erotikstory?
Der familiäre Umgang mit Farin, den Nachbarmädels, Lou, usw. ist irgendwie schön, aber doch zu übertrieben dargestellt. Ich hatte das Gefühl, dass mit Zwang ein wunderschönes Umfeld geschaffen wird: Der wunderbare neue Freund, die mega tolerante Lotte, die übertrieben schillernden „Andersartigen“ (schwul, transsexuell, bisexuell, verkleidete Männer, bunte Menschen…) einer Großstadt, die Lesben mit Beziehungsproblemen, der türkische Bäcker, der allen zuhört und den Papa spielt, die Erotik-Autorin, die sich in sexuell aufgeschlossenen Clubs herumtreibt, ein Papagei … So kann man endlos weiter beschreiben, man findet JEDEN Charakter, den man in einem Statement-Buch zum toleranten Berlin nur finden könnte.
Mit all diesen Charakteren hätte ich an sich im einzelnem gar keine Probleme, aber diese Darstellung und Überfüllung hat mir einfach nicht gefallen. An der Stelle, an der Lotte mal eben mit dem jungen Gespielen eines alten schwulen Mannes, sowie ihrem bisexuellen Freund nach 5 Minuten Gespräch und bunten Pillen rumknutscht, war für mich der Höhepunkt erreicht und ich gebe das Buch auf.
Ich habe nebenbei noch ein anderes Buch gelesen (lese oft für abends 1 Buch auf dem Kindle und parallel 1 Printbuch) – ich habe mich selten so wenig für mein Kindle-Buch interessiert, vor allem jetzt im Herbst, in der mir das Leselicht abends viel angenehmer für die Augen ist, als das Printbuch mit Lampe…
Wenn ich mich aufraffen sollte, dieses Buch irgendwann nochmal in die Hand zu nehmen, wird meine Rezension nochmal aktualisiert.